Drei von vier Patienten in Deutschland, die an einer schweren Depression erkrankt sind, erhalten keine angemessene Therapie. Mehr als die Hälfte der schwer Depressiven werden unzureichend, 18 Prozent sogar gar nicht behandelt. Wie hoch die Chance eines Patienten auf eine angemessene Therapie ist, hängt nicht zuletzt vom Wohnort ab.
So werden nur 13 Prozent der Menschen in Zwickau (Sachsen) angemessen versorgt. Mit 40 Prozent kommt Münster (NRW) auf eine dreimal höhere Rate. Im Bundesländervergleich erreichen Nordrhein-Westfalen (30 Prozent) und Hessen (29 Prozent) die besten Versorgungsquoten. Schlusslichter sind Sachsen-Anhalt (22 Prozent), Thüringen (20 Prozent) und das Saarland (20 Prozent).
Depressionen gehören zu den häufigsten und folgenreichsten Erkrankungen. Jeder fünfte Mensch erkrankt im Laufe seines Lebens an einer Depression. Derzeit leiden ca. neun Millionen Deutsche an einer behandlungsbedürftigen Depression, mindestens 15 Prozent von ihnen sind schwer krank.
Die angemessene Behandlung von schweren Depressionen besteht aus einer Kombination von Psychotherapie und der Einnahme von Antidepressiva. Doch nur ein Viertel der Betroffenen wird laut Faktencheck Gesundheit auf diese Weise behandelt. Viele Schwerkranke bekommen ausschließlich Medikamente. Der Großteil der Patienten erhält keine oder eine zu kurze Therapie.
Ursachen der Versorgungsunterschiede
Die Gründe für die Unterschiede in der Versorgung von schweren Depressionen sind vielschichtig. Eine Ursache ist das regional unterschiedliche Angebot an Psychotherapeuten sowie psychiatrischen und psychosomatischen Fachärzten. Während im Landkreis Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) nur neun Psychotherapeuten oder eben Fachärzte auf 100.000 Einwohner kommen, sind es in Heidelberg (Baden-Württemberg) 165. Berlin, Bremen und Hamburg haben eine bis zu viermal höhere Therapeutendichte als die ostdeutschen Bundesländer. Wartezeiten von durchschnittlich 17 Wochen auf einen Therapieplatz unterstreichen die Versorgungsproblematik.
Vor allem Bayern und Baden-Württemberg fallen im Ländervergleich durch hohe Diagnose-, aber niedrige Behandlungsraten auf. Der Faktencheck Depression weist erstmals die hohe Diskrepanz zwischen Behandlungsempfehlungen und der tatsächlichen Versorgung nach.
Über die Studie
Für die Studie wurden die anonymisierten Daten von rund sechs Millionen Versicherten der Betriebs- und Innungskrankenkassen ausgewertet. Sie sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung.
Die komplette Studie, Hintergrundinformationen und Entscheidungshilfen für Betroffene und Angehörige finden sich auf Faktencheck Depression. Zudem bilden interaktive Karten die unterschiedliche Versorgungssituation der 402 Kreise in Deutschland ab.