Große Städte sind Magneten für Einwanderer. Viele leben dort seit Jahrzehnten, andere erst seit wenigen Jahren: Hoch- und Niedrigqualifizierte, Pflegekräfte, Selbstständige, Familien, Studierende, kurzum Menschen aller Professionen mit unterschiedlichsten Vorgeschichten und Hintergründen. Das Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen mit und ohne Migrationshintergrund muss gestaltet werden. Wie ist das in den größten Städten Deutschlands bisher gelungen?
In den zehn größten Städten Deutschlands gibt es leichte Verbesserungen in der Bildung von Migranten, doch gleiche Teilhabechancen der ausländischen Bevölkerung bleiben ein noch nicht erreichtes Ziel.
Deutschlands Großstädte sind vielfältig
Häufig kommt jedes zweite Kind in Kindertageseinrichtungen einer Großstadt aus einer Einwandererfamilie. Jeder vierte bis achte Bürger Deutschlands größter Städte besitzt keine deutsche Staatsbürgerschaft. Die Vielfalt in Deutschlands größten Städten wächst. Mit 59,0 Prozent kommen in Frankfurt am Main die meisten Kita-Kinder aus einer Einwandererfamilie. In Berlin ist es dagegen mit immer noch 36,8 Prozent der niedrigste Anteil an Migrantenkindern in Kitas unter den größten Städten.
Bildungschancen verbessert - Benachteiligung bleibt bestehen
Der Anteil ausländischer Schulabbrecher sinkt. Doch sind ausländische Schülerinnen und Schüler in Deutschlands Großstädten nach wie vor benachteiligt. Der Anteil ausländischer Abiturienten nimmt zu. In Berlin macht jeder dritte ausländische Jugendliche Abitur: Das ist die höchste Quote unter den großen Städten. In München, das die niedrigste Quote hat, erreicht jeder neunte ausländische Jugendliche das Abitur oder die Fachhochschulreife. Allerdings weist die Abiturientenquote der ausländischen Bevölkerung in neun der zehn größten Städte langsamere Wachstumsraten auf als die der Gesamtbevölkerung. Verbesserungen zeichnen sich hingegen beim Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss ab: Denn dieser Anteil sinkt deutlich. In Berlin verlassen 13,4 Prozent der Schulabgänger die Schule ohne Abschluss. Dies ist der höchste Wert im Städtevergleich. Köln dagegen hat die geringste Quote von ausländischen Schulabbrechern mit 4,5 Prozent. In sieben von zehn Städten verlässt im Jahr 2012 ein geringerer Teil von ausländischen Schulabgängern ohne Abschluss die Schule als im Jahr 2007. Zugleich nähern sich in diesen Städten die Quoten der ausländischen Schulabgänger ohne Abschluss den Quoten der Gesamtbevölkerung an. In diesem Bereich gab es also einen offensichtlichen positiven Entwicklungstrend, denn der Abstand zwischen Jugendlichen aus Einwandererfamilien und Jugendlichen insgesamt verringert sich. Jedoch besteht nach wie vor Handlungsbedarf, die Bildungschancen von Migranten in Deutschlands Großstädten zu verbessern.
Bedrohung durch Armut
In Deutschlands Großstädten ist ein überdurchschnittlicher Anteil der ausländischen Bevölkerung von Armut bedroht, das gilt vor allem für Kinder, Jugendliche und Ältere. Nach wie vor beziehen deutlich mehr Ausländer Sozialgeld nach SGB II als dies bei der Gesamtbevölkerung der Fall ist. In Essen, mit der höchsten Quote, ist gar jeder dritte ausländische Bewohner auf soziale Unterstützung (SGB II) angewiesen. In München ist es dagegen nur jeder zehnte Ausländer. Das kann darauf zurückzuführen sein, dass der SGB II-Anspruch (umgangssprachlich „Hartz IV“) sowohl bei Langzeitarbeitslosen als auch bei „Aufstockern“ (im Niedriglohnsektor) besteht. Da Migranten häufiger im Niedriglohnsektor beschäftig sind als die Erwerbsbevölkerung ohne Migrationshintergrund, sind sie häufiger „Aufstocker“ und damit SGB II-Bezieher.
Kinderarmut
Ausländische Kinder und Jugendliche sind überdurchschnittlich von Kinderarmut bedroht. Während in Dortmund jedes zweite Kind bzw. Jugendlicher ohne deutschen Pass unter 15 Jahren auf soziale Unterstützung (nach SGB II) angewiesen ist (53,8 Prozent), liegt der vergleichbare Anteil in Stuttgart mit 27,1 Prozent deutlich niedriger, aber dennoch auf hohem Niveau. Während die Quote der Gesamtbevölkerung in allen Großstädten leicht abnahm, ist dies für Ausländer bei der Hälfte der Großstädte der Fall. Ausländer sind in den untersuchten Städten doppelt bis viermal häufiger von Altersarmut betroffen als die Gesamtbevölkerung. Während in Düsseldorf der Anteil der ausländischen Bevölkerung im SGB XII-Bezug am höchsten ist (28,0 Prozent), ist in Stuttgart „nur“ etwa jeder zehnte Ausländer von Altersarmut bedroht (9,5 Prozent). Hinsichtlich der sozialen Lage der in Deutschlands Großstädten lebenden ausländischen Bevölkerung gibt es also noch keine Entwarnung.
Herausforderungen
Die Kommunen stehen vor einer Reihe von Herausforderungen: Neue Themen wie die Willkommens- und Anerkennungskultur für Neuzuwanderer, gestiegene Anforderungen an Flüchtlingsunterbringung und –beschulung müssen mit den bisherigen integrationspolitischen Strategien und Maßnahmen verbunden werden. Vielfalt ist in Kommunen Normalität. Die steigenden Abiturientenquote bei ausländischen Schülern und der sinkende Anteil Schulabbrecher sind deutliche Fortschritte im Bildungsbereich, die zeigen, dass sich die Anstrengungen der letzten Jahre gelohnt haben. Dennoch sind weiterhin Anstrengungen aller Beteiligten nötig, um die Schere zwischen ausländischer Bevölkerung und Gesamtbevölkerung im Bildungsbereich und sozialem Bereich zu reduzieren und bessere Teilhabechancen zu schaffen.
Die Auswertung
Die vorliegende Auswertung kann als Download rechts auf dieser Seite herunter geladen werden. Sie basiert auf Daten des Wegweisers Kommune der Bertelsmann Stiftung. Dieser ist ein Informations- und Frühwarnsystem für Kommunen und beinhaltet Daten, Prognosen und Handlungskonzepte für alle Städte und Gemeinden Deutschlands mit mehr als 5.000 Einwohnern. Die Daten stehen der Öffentlichkeit im Internet zur Verfügung unter www.wegweiser-kommune.de.