Zu Infrastrukturprojekten wie neuen Straßen, Kraftwerken oder Stromtrassen wünschen sich 89% der Bürger mehr Mitsprachemöglichkeiten. Nahezu zwei Drittel der Bürger sehen die Behörden in der Pflicht, eine deutlich aktivere Informationspolitik zu betreiben. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hervor. Jeder zweite Befragte ist demnach bereit, Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung während des Planungsprozesses aktiv zu nutzen und sich in seiner Freizeit zu engagieren. Dies gilt insbesondere für die eigene Region, zu deren Großvorhaben sich 90% der Bürger mehr Informationen wünschen, und für das eigene Bundesland (73%).
Auch wenn die örtliche Tageszeitung noch immer von 87% der Befragten als wichtigste Informationsquelle genannt wird, besteht laut Umfrage ein hoher Bedarf an zusätzlichen Angeboten, mit denen sich die Behörden direkt an die Bürger wenden sollen. Als besonders sinnvoll erachten zwei von drei Befragten eine bundesweite Informationsplattform im Internet. Dort sollte neben den Fakten zum jeweiligen Planungsverfahren auch zu erfahren sein, wie Bürger Einfluss nehmen können, welche Beteiligungsangebote es gibt und welche Bürgerinitiativen sich organisiert haben.
Die Bereitschaft der Bürger, sich während der Planungsphase eines Infrastrukturprojekts zu engagieren, ist hoch. Jeder zweite Bürger kann sich vorstellen, sich intensiv mit dem Projekt zu beschäftigen. Für ein Drittel der Befragten ist es sogar denkbar, sich über einen längeren Zeitraum zu engagieren. Online-Beteiligungsmöglichkeiten sprechen vor allem die Jüngeren an: Zwei Drittel der unter 40-Jährigen würden im Internet mit anderen Bürgern über Infrastrukturmaßnahmen diskutieren.
Über mögliche Wege, Bürger früher und ausführlicher an der Planung von Infrastrukturprojekten zu beteiligen, diskutierten Experten aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Unternehmen auf der Fachkonferenz der Bertelsmann Stiftung in Berlin. „Es ist dringend erforderlich, Bürger früher und besser zu beteiligen. Bürgerbeteiligung ist auch eine Bringschuld der Politik“, sagt Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Dass Politik zunehmend offener gegenüber der Beteiligung einer breiteren Öffentlichkeit ist, zeigen auch aktuelle Ankündigungen aus zwei Bundesministerien: Der neue Bundesverkehrswegeplan soll ebenso unter breiterer Beteiligung von Bürgern aufgestellt werden wie der Plan zum Bau neuer Stromtrassen.
Das Problem, breite Akzeptanz für Großprojekte zu finden, ist allerdings nicht einfach zu lösen. "Auch mit Bürgerbeteiligung ist bei Infrastrukturprojekten nicht mit allen Betroffenen Einvernehmen zu erzielen", sagt Jörg Dräger. Klar sei aber: