Wer das große Ziel der Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts erreichen will, darf die Etappenziele nicht aus dem Blick verlieren. In der Stromversorgung muss die Energiewende beispielsweise schon 2035 vollzogen sein. "Umso wichtiger ist es, sich nicht allein auf Indikatoren wie Emissionsdaten zu verlassen. Wir brauchen Frühwarnindikatoren, die Rückschlüsse darauf erlauben, ob sich etwa die Infrastruktur passgenau entwickelt und politische Vorgaben und Maßnahmen eine Beschleunigung unterstützen", sagt unser Governance-Experte und Leiter der Sustainable Governance Indicators (SGI), Christof Schiller.
Eine internationale Untersuchung des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS) in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung liefert einen solchen umfassenden Evaluationsansatz für die Sektoren Elektrizität, Individualverkehr und Gebäudewärme. Mit dem Ansatz ist es erstmals möglich, zu vergleichen, wie nah Staaten dem Ziel der Klimaneutralität gekommen sind, wo sie ausgebremst werden und welche Möglichkeiten sie haben, mehr Tempo aufzunehmen. "Der Blick auf Barrieren und Katalysatoren ist eine Chance für den Klimaschutz. Das müssen wir uns bewusst machen und künftig noch genauer hinschauen", sagt Schiller.
"In den meisten Ländern muss ein systematischer Wandel zu Nullemissionen noch vor Mitte des Jahrhunderts stattfinden", sagt Germán Bersalli vom RIFS, "die Beispiele von Pionierländern in verschiedenen Sektoren zeigen jedoch, dass eine Beschleunigung der Energiewende noch möglich ist." Der Ländervergleich zeigt, dass es in jedem Sektor mindestens ein Land gibt, das große Fortschritte auf dem Weg zu einer emissionsfreien Versorgung erzielt hat. Dänemark und Norwegen schreiten schnell bei der Strom- und Wärmewende voran. Norwegen schickt sich an, in Kürze die Umstellung zur individuellen E-Mobilität abzuschließen. Deutschland und UK haben bei der Wärme-, Verkehrs- und Stromwende noch Einiges aufzuholen.