Während der vergangenen Legislaturperiode haben sich mehr als 150 Bundestagsabgeordnete freiwillig dazu entschieden, aus dem Parlament auszuscheiden. Mit ihnen verliert der Bundestag jahrelange Erfahrung in den parlamentarischen Strukturen. Um diesen Erfahrungsschatz für die Stärkung der Demokratie nutzbar zu machen, hat die Bertelsmann Stiftung für die Studie "Arbeitsplatz Bundestag. Reformbedarf im Maschinenraum der Demokratie" Tiefeninterviews mit 30 kürzlich ausgeschiedenen Abgeordneten geführt. Die Interviews eröffnen einen selten offenen Blick hinter die Kulissen des Parlaments und auf die Herausforderungen, mit denen sich Bundestagsabgeordnete konfrontiert sehen.
Die Ergebnisse zeigen: Auch wenn der Bundestag seinen zentralen Aufgaben der Repräsentation, Gesetzgebung und Regierungskontrolle nachkommt, geht dieser Funktionserhalt jedoch mit hohen individuellen Belastungen für viele Abgeordnete einher. Nach Aussagen der Abgeordneten ist der Bundestag bei Themen wie Digitalisierung, Work-Life-Balance, modernen Führungskompetenzen, Umgang mit sozialen Medien oder einer aggressiven Debattenkultur noch nicht adäquat aufgestellt.
Viele dieser Belastungen könnten jedoch durch bessere Unterstützung und gezielte Prozessanpassungen stark reduziert werden. "Die Leistungsfähigkeit unserer Demokratie hängt auch davon ab, wie gut die Rahmenbedingungen für politische Amtsträger:innen sind. Dies betrifft sowohl moderne Strukturen und Verfahren als auch eine wertschätzende politische Kultur im politischen Betrieb, der medialen Öffentlichkeit und der Gesellschaft als Ganzes", sagt unser Demokratie-Experte und Ko-Autor der Studie, Finn Heinrich.
Durch verbesserte Rahmenbedingungen würde nicht nur die Effektivität der parlamentarischen Arbeit und die Attraktivität des Berufs als Politiker:in gestärkt; sie hätten auch positive Auswirkungen auf die gesamte politische Kultur und das Verhältnis zwischen Bürger:innen und Politiker:innen.


