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Veit Mette

Rechtshilfefonds: Unterstützung für geflüchtete Kinder

Junge Flüchtlinge haben das Recht auf ein faires Asylverfahren. Ein Recht auf Familie. Ein Recht auf Bildung. Ein Recht auf eine Zukunft. Der spendenfinanzierte Rechtshilfefonds des Bundesfachverbands umF e.V.  hilft Ihnen dabei, diese Rechte durchzusetzen.

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Mit 17 floh Ahmat* alleine aus Pakistan nach Deutschland. In nur knapp zwei Jahren hat er hier einen Schulabschluss gemacht, Praktika absolviert und schließlich bei einem Bäcker eine Lehrstelle gefunden. Trotzdem steht der jetzt 19jährige ohne Zukunft da: Die Ausländerbehörde hat ihm ein Ausbildungsverbot erteilt. Das passiert jungen Geflüchteten immer wieder, dabei fehlen in vielen Branchen engagierte Azubis.

Ahmat will nichts geschenkt. Alles was er will, ist das Recht auf gleiche Chancen. Er kann gegen das Ausbildungsverbot klagen – und er hat gute Chancen, dass er vor Gericht Recht bekommt. Aber Ahmat kam als minderjähriger Flüchtling ohne seine Eltern nach Deutschland. Er verfügt nicht über genug Geld, um einen Anwalt oder eine Anwältin zu bezahlen. Der Rechtshilfefonds des Bundesfachverbands unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. beteiligt sich deshalb an der Finanzierung seines Klageverfahrens, um Ahmat dabei zu unterstützen, sein Recht auf Bildung durchzusetzen.

Über den Fonds werden junge Flüchtlinge dabei unterstützt, ihre Rechte vor Gericht durchzusetzen, wenn ihnen fundamentale Rechte verwehrt werden und sie sonst keinen Beistand erhalten können. Dabei werden vor allem Verfahren unterstützt, bei denen auch andere junge Flüchtlinge von einer positiven Rechtsprechung profitieren können.

Der bekannteste Fall ist der von Sabir*. Mit 15-Jahren kommt Sabir ohne Eltern in Deutschland an. Das Jugendamt nimmt ihn Inobhut. Im Asylverfahren erhält er einen eingeschränkten Schutzstatus. Doch Sabir geht es schlecht. Er leidet unter den traumatischen Erlebnissen in Syrien und auf der Flucht. Seine schulische und soziale Integration gestaltet sich ohne die Familie schwierig. Er leidet stark unter der Trennung und hat Angst um seine Familie. Sein größter Wunsch: Seine Eltern und seine Geschwister wiedersehen. Doch der Antrag auf Familiennachzug wird abgelehnt. Sabir ist jetzt 16 Jahre alt. Auf sich alleine gestellt weiß er nicht weiter.

Dann erhält er Hilfe: Die Organisation JUMEN e.V. hilft ihm zu klagen, sein Verfahren wird durch den Rechtshilfefonds des BumF e.V. bezuschusst. Ende des Jahres 2017 entscheidet das Verwaltungsgericht Berlin: Sabir hat ein Recht darauf, seine Familie nachzuholen, seine Eltern und Geschwister dürfen nach Deutschland kommen. Sabir wird über Nacht bekannt, sein Fall ist in allen Medien, die Tagesschau titelt „Urteil des Verwaltungsgerichts: Beim Familiennachzug zählt das Kindeswohl“. Die JUMEN-Geschäftsführerin Adriana Kessler erklärt danach: „Im Ergebnis ist das Urteil ein Erfolg. Erstmals wurden das Recht auf Familie und das Kindeswohl über eine verfassungs- und menschenrechtskonforme Auslegung des § 22 AufenthG gewahrt. Das Urteil ist damit auch für alle anderen geflüchteten Familien wichtig, die den langen und mühsamen Weg einer Klage oft nicht schaffen.“ Auch für uns ein großer Erfolg – mit Unterstützung durch den Rechtshilfefonds des Bundesfachverbands umF e.V. konnte ein wichtiger Präzedenzfall erstritten werden.

In 2017 konnten insgesamt 43 Verfahren unterstützt werden. Im Fokus stehen dabei das Recht auf Familie, die Sicherstellung des Kindeswohls, der Zugang zu Bildung und Arbeit und der Schutz bei Ablehnungen im Asylverfahren. Denn immer öfter erhalten junge Geflüchtete nicht den Schutz, der ihnen zusteht.

So wie im Fall von Aziz*. Als er zwei war, flohen seine Eltern mit ihm aus Afghanistan vor den Taliban in den Iran. Als Angehörige einer verfolgten Minderheit waren sie in Afghanistan nicht mehr sicher. Ein Onkel von Aziz wurde von den Taliban getötet.

Aber im Iran, wo Aziz, wie viele andere afghanische Flüchtlinge “illegal” lebte, rekrutieren heutzutage iranische Milizen Jugendliche aus Afghanistan für den Krieg in Syrien. In manchen Fällen drohen sie den Geflüchteten mit der Abschiebung nach Afghanistan, wenn sie nicht in Syrien kämpfen.

Um der Zwangsrekrutierung zu entgehen floh Aziz nach Deutschland. Aber sobald er volljährig wird, droht ihm auch hier die Abschiebung nach Afghanistan – in ein Bürgerkriegsland, in dem er seit Jahren nicht mehr gelebt hat, wo er niemanden kennt. Er muss daher dringend gegen die Ablehnung seines Asylgesuchs klagen.

Eine weitere Schwierigkeit für junge Flüchtlinge: Bei der Asylanhörung sollen Flüchtlinge ihre Fluchtgründe darlegen. Der Reihe nach, detailliert und exakt. Minderjährigen Geflüchteten fällt das häufig besonders schwer. Aaden*, 15 Jahre alt, brauchte ein Jahr, um über die Ermordung seines Vater sprechen zu können. Da war die Anhörung längst vorbei. Was in der Anhörung nicht zur Sprache kommt, wird in der Regel nicht berücksichtigt. Aadens Asylantrag wurde abgelehnt.

In seinem Heimatland Somalia herrscht seit langem Bürgerkrieg, die Terrormiliz Al Shabaab rekrutiert Kinder als Kämpfer. Wer sich dem Willen der Miliz widersetzt, riskiert sein Leben. Aaden braucht daher dringend Schutz. Er muss gegen seine Ablehnung klagen.

Aber Aziz, 17, und Aaden, 15, die sich ohne ihre Eltern auf die Flucht machen mussten, haben kein Geld für eine Anwältin oder einen Anwalt, kein Geld, um ihre substanziellen Rechte durchzusetzen. Deshalb springt unser Rechtshilfefonds ein: Für Aziz und Aaden bezuschussen wir die Kosten für eine Klage, so dass sie eine Chance darauf haben, ihre Rechte zu erlangen und Schutz zu erhalten.

Der Rechtshilfefonds ist auf Spenden angewiesen, um weiterhin junge Flüchtlinge wie Aaden, Aziz, Sabir und Ahmat unterstützen zu können. Wir bedanken uns daher herzlich bei der Bertelsmann Stiftung und allen anderen Spenderinnen und Spendern für die Unterstützung.    

Autor: Tobias Klaus, Bundesfachverband umF e.V.  

 Weitere Informationen zum Rechtshilfefonds finden Sie unter: www.umf-rechtshilfe.de

 *Alle Namen wurden geändert.

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