Auch bei der Bundestagswahl 2017 war die Wahlbeteiligung in Deutschland sozial tief gespalten. Das zeigen unsere neuen Schätzungen zur Wahlbeteiligung der sozialen Milieus: Die Wahlbeteiligung lag in Teilen der sozialen Oberschicht erneut fast 40 Prozentpunkte höher als in den sozial benachteiligten Milieus. Die sozialen Unterschichten sind damit im Wahlergebnis um bis zu einem Drittel unterrepräsentiert.
Dennoch war die soziale Spaltung der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2017 leicht rückläufig. Aber nicht, weil die sozial prekären Nichtwahlmilieus zu den etablierten Parteien zurückgekehrt sind, von denen sie sich seit den 1980er Jahren zunehmend distanziert haben. Ihre überdurchschnittlich gestiegene Wahlbeteiligung war vor allem der Erfolg ihrer gezielten Mobilisierung durch die AfD, während die etablierten Parteien der demokratischen Mitte ihre Verankerung und Mobilisierungsfähigkeit in den sozial prekären Nichtwahlmilieus sehr weitgehend verloren haben.
Die 2017 leicht rückläufige Spaltung könnte sich deshalb bei der Bundestagswahl 2021 wieder vertiefen, wenn der populistische Einmaleffekt verpufft, weil die enttäuschten Protestwähler:innen aus den sozial prekären Milieus wieder in die Wahlverweigerung gehen. Genau das lassen die aktuellen Umfragedaten zur Wahlbereitschaft dieser Milieus vermuten. Und pandemiebedingt zeigen sich derzeit auch die anderen Milieus noch etwas wahlmüde. Das könnte sich zu einem „Corona-Effekt" verdichten, der die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2021 spürbar verringert und ihre soziale Spaltung wieder vertieft.