G20 - Fahnen

Bürger der G20-Staaten wünschen sich internationale Zusammenarbeit

Am 30. November treffen sich Staats- und Regierungschefs in Buenos Aires zum diesjährigen G20-Gipfel, um gemeinsame Lösungen für globale Probleme zu diskutieren. Doch die internationale Zusammenarbeit steht momentan unter keinem guten Stern. Von den Pariser Klimaverträgen bis zum UN-Migrationspakt höhlen nationale Alleingänge zunehmend globale Zusammenarbeit aus. Eine internationale Umfrage zeigt jedoch: Die Mehrzahl der Bürger fordert mehr Mut zum Multilateralismus. 

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Gemeinsam statt einsam – das fordert laut unserer Umfrage die Mehrzahl der Bürger in einigen der wichtigsten G20-Staaten. Die Ergebnisse für die fünf untersuchten Länder, Argentinien, Deutschland, Großbritannien, Russland, USA, zeigen insgesamt, dass die Menschen internationale Zusammenarbeit zur Lösung gemeinsamer globaler Probleme ausdrücklich befürworten. Am höchsten sind die Zustimmungswerte in Argentinien mit 91 Prozent. Am niedrigsten in den USA, wo immerhin noch knapp drei Viertel der Bürger grenzübergreifende Problemlösungen unterstützen. Viele bewerten das globale Gemeinwohl sogar höher als eigene nationale Interessen: 58 Prozent aller international Befragten stimmen der Aussage zu, dass sich die Zusammenarbeit auch dann lohne, wenn dafür kurzfristig nationale Interessen zurückstecken müssen. 

Die Begeisterung für internationale Kooperation überträgt sich aber nicht eins zu eins auf die G20. Insgesamt bewerten nur 45 Prozent der Befragten dieses Staatenforum positiv. Am kritischsten sind die Deutschen: 41 Prozent sagen hierzulande, dass der Club der 20 „(eher) nicht“ zu globalen Problemlösungen beitrage. Dieses eingetrübte Bild hängt womöglich auch damit zusammen, dass die G20 in der öffentlichen Debatte kaum vorkommt, und nur wenige wissen, was sich hinter dem Begriff G20 wirklich verbirgt. So geben insgesamt zwar fast drei Viertel der Befragten an, schon mal von der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer gehört zu haben. Doch anhand von vier Verständnisfragen wird deutlich, dass sich hinter diesen Aussagen einige Wissenslücken verstecken. Die Allerwenigsten können ganz exakt einordnen, wie dieses Forum wirkt und organisiert ist. Immerhin 27 Prozent aller Befragten haben ein gutes Grundwissen über die G20, sie können mindestens drei von vier der Fragen richtig beantworten.

Globalisierungsgewinner sind größte Befürworter internationaler Zusammenarbeit

Die Umfrage zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Unterstützung internationaler Kooperation und der Bewertung der Globalisierung:
„Je stärker Menschen von den positiven Effekten der Globalisierung für sie persönlich überzeugt sind, desto eher befürworten sie die internationale Zusammenarbeit.“ so Christina Tillmann, unsere Demokratieexpertin.

So sind „Globalisierungsgewinner“ insgesamt zu 71 Prozent der Meinung, dass kurzfristige Nachteile für das eigene Land hinnehmbar seien, wenn die Zusammenarbeit dem langfristigen Wohl aller Länder diene. Bei den „Globalisierungsverlierern“ stimmt dieser Aussage nur noch die Hälfte zu. Dieses Bild zeigt sich in vielen Einzelergebnissen der Umfrage, insbesondere konkret zur G20. Mehr als die Hälfte der „Globalisierungsverlierer“ steht der G20 eher negativ gegenüber. Bei den „Globalisierungsgewinnern“ sind es nur neun Prozent. „Wo Menschen überzeugt sind, dass sich Globalisierung nur für Kosmopoliten oder Digitalkonzerne auszahlt, bleibt auch die Akzeptanz internationaler Foren zur Gestaltung globaler Waren- und Handelsströme gering. Die G20-Mitglieder müssen beweisen, dass sie bestehende Ungleichheiten nicht zementieren, sondern die faire Gestaltung der Globalisierung vorantreiben.“, ergänzt Tillmann. 

Deutschland: Heimat der Multilateralisten und der größten G20-Skeptiker

Die Deutschen sind einerseits klare Befürworter der internationalen Zusammenarbeit, aber gleichzeitig die größten G20-Skeptiker. Mit 85 Prozent gehören sie zu den starken Befürwortern des Multilateralismus. Die Ablehnung internationaler Organisationen als ein Weg der Zusammenarbeit fällt mit elf Prozent hierzulande am niedrigsten aus. Gleichzeitig haben 33 Prozent der Deutschen ein negatives Bild von der G20 und 41 Prozent sagen, dieses Forum trage nicht zur Lösung globaler Probleme bei. Das sind jeweils die höchsten Werte im internationalen Ländervergleich. 

USA: Zaghafte Zustimmung zu Multilateralismus, G20 weitestgehend unbekannt

In den USA stechen zwei Beobachtungen heraus. Die Unterstützung für die internationale Zusammenarbeit ist im Vergleich am niedrigsten ausgeprägt, aber immer noch mehrheitsfähig und das sogar unter Trump-Wählern. Gleichzeitig können die US-Amerikaner am wenigsten mit dem Begriff G20 anfangen.

 Mit 73 Prozent sind immer noch über zwei Drittel der US-Bürger vom Sinn internationaler Zusammenarbeit überzeugt, auch wenn es der niedrigste Wert im Ländervergleich ist. Parallel sind in den USA im Vergleich die wenigsten Menschen bereit Nachteile für das eigene Land zum Wohle der internationalen Gemeinschaft in Kauf zu nehmen. Doch selbst unter Trump-Wählern ist der Leitspruch: „America first“ nicht flächendeckend akzeptiert. Immerhin eine relative Mehrheit  von 42 Prozent der Trump-Wähler ist bereit, nationale Nachteile zugunsten internationaler Zusammenarbeit zu schlucken. 36 Prozent von Ihnen können sich damit nicht anfreunden. Weiteres Merkmal der US-Bürger: Der Begriff G20 lässt bei den meisten nur Fragezeichen zurück. 58 Prozent von ihnen haben den Begriff noch nie gehört und zwei Drittel beantworten keine einzige Wissensfrage zur G20 korrekt. Das sind die jeweils höchsten Werte im Ländervergleich. 

Die Zahlen spiegeln deutlich, dass sich viele Amerikaner mit internationaler Zusammenarbeit und der G20 bisher kaum auseinandergesetzt haben. Darin steckt aber auch die Chance, eine breite öffentliche Debatte anzustoßen und das Feld nicht den Nationalisten zu überlassen.

Christina Tillmann, Demokratieexpertin der Bertelsmann Stiftung

Argentinien: Zu Gast bei Multilateralisten

Bei den Gastgebern des diesjährigen G20-Gipfels kennt die Zustimmung zu internationaler Zusammenarbeit kaum Grenzen: Mehr als neun von zehn Bürgern wünschen sich, dass Staaten gemeinsame, globale Probleme gemeinsam lösen. Zwei Drittel haben ein positives Bild von der G20. Ebenfalls eine deutliche Mehrheit von 67 Prozent ist einverstanden, kurzfristig Nachteile zu Gunsten des globalen Gemeinwohls in Kauf zu nehmen. Diese Aussagen spiegeln sich in den hohen Zustimmungswerten zur Globalisierung: 73 Prozent der Argentinier sind überzeugt, dass Globalisierung gut für sie persönlich ist. 

Zusatzinformationen

Die G20 ist ein Dialog-und Koordinationsforum der 19 führenden Industrie- und Schwellenländer sowie der EU. Im Vorfeld des G20-Gipfels in Argentinien hat das Institut YouGov im September 2018, im Auftrag unserer Stiftung, eine Online-Bevölkerungsumfrage in den fünf G20-Ländern Argentinien, Deutschland, Großbritannien, Russland und den USA durchgeführt. Sie ist repräsentativ für die Bevölkerung ab 18 Jahren und umfasst eine Gesamtfallzahl von 8.312 Befragten. Weitere Grundlage ist eine Medienresonanzanalyse, die Argus Media Insights® für das Jahr 2017 in 18 der 19 G20-Mitgliedsländern durchgeführt hat. Dabei wurden 3.973.699 Artikel aus 67 Print- und Online-Medien ausgewertet. Für die Türkei waren keine Daten verfügbar, so dass sie nicht berücksichtigt wurde.