Nach Untersuchungen der OECD werden sich über die Hälfte aller Arbeitsplätze in Deutschland durch die Digitalisierung und die Auswirkungen weiterer Megatrends stark verändern. Beschäftigte sind mehr denn je gefordert, ihre Kompetenzen stetig weiterzuentwickeln. Teilweise müssen sie andere – ähnliche oder teilweise völlig neue – Tätigkeitsbereiche finden. An das Weiterbildungssystem in Deutschland stellt sich damit die Anforderung, diesen Wandel zu antizipieren und Menschen dabei zu unterstützen, beschäftigungssichernde Kompetenzen zu erwerben.
Die Verantwortung dafür, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten, verteilt sich in der Sozialen Marktwirtschaft auf mehrere Schultern. Über die individuelle Eigenverantwortung des Beschäftigten hinaus tragen Arbeitgeber Verantwortung für die Kompetenzentwicklung ihrer Belegschaften. Doch besonders Arbeitskräfte im unteren und mittleren Qualifikationsbereich nehmen nicht in ausreichendem Maß an Weiterbildung teil. Zudem ist das Interesse der Arbeitgeber eher darauf konzentriert, Kompetenzen für die betrieblichen Bedarfe zu vermitteln. Besonders dann, wenn Arbeitsplätze ggf. entfallen und Bildungsangebote erforderlich sind, die den Übergang in gänzlich neue Tätigkeitsfelder ermöglichen, wächst überbetrieblichen Akteuren wie den Sozialpartnern und auch der Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspolitik eine wichtige Rolle zu.
Sozialpartnerschaftliche und tarifvertragliche Regelungen bieten bislang nur wenig genutzte Potenziale, um einen förderlichen Rahmen für mehr betriebliche Weiterbildung zu schaffen. Im Rahmen des Projekts suchen wir darum die Zusammenarbeit mit Sozialpartnern und Unternehmen, um Impulse für die Gestaltung und Nutzung dieser Potenziale zu geben.
Schließlich ist es angesichts der kritischen Analyse, wie sie beispielsweise von der OECD für das deutsche Weiterbildungssystem vorgelegt wurde, angezeigt, dessen Elemente kritisch auf den Prüfstand zu stellen. Das gilt für die rechtlichen Grundlagen, die Finanzierungs- und Anreizstrukturen, die Qualifizierungspfade, die individuelle Beratung und nicht zuletzt die Anerkennung vorhandener Kompetenzen. Ableitungen aus der Analyse verdichten wir in einem Vorschlag für eine Fortentwicklung des deutschen Weiterbildungssystems, das den sich ändernden Anforderungen am Arbeitsmarkt Rechnung trägt.