Europe & Hands

Ein Platz auf Augenhöhe - Städtediplomatie als wichtiges Zukunftsthema

Klimawandel, Krieg, Migration, antidemokratische Kräfte, soziale Ungleichheit …
Es gibt viele Herausforderungen, denen sich Kommunen weltweit stellen müssen.
Wo Staaten verhandeln, müssen Kommunen handeln und Probleme lösen.

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Foto Kirsten Witte
Dr. Kirsten Witte
Director

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Auf dem 14. Brussels-Urban-Summit trafen sich mehr als 1.000 Bürgermeister:innen, Politiker:innen und Expert:innen aus über 300 Städten weltweit, um ihre Rolle – und besondere Rolle von Städte-Netzwerken – im globalen Machtgefüge zu diskutieren und gemeinsame Lösungen für eine global nachhaltige Kommunalentwicklung zu finden. Über 200 Städtenetzwerke gibt es derzeit zu unterschiedlichen globalen Zielen, deren kollektives Wissen, deren Datensätze, deren stetiger Austausch dazu führen, dass transnationale Probleme – vom Klimawandel bis zur Pandemie- und Terrorismusbekämpfung – mit praktischen, umsetzbaren, skalierbaren Lösungen angegangen werden können. Angesichts der mannigfaltigen und gleichzeitigen Herausforderungen unserer Zeit – sind Städte zunehmend die Seismographen dieser Entwicklungen und entwickeln gerade in der interessen-geleiteten Arbeit miteinander funktionale Lösungen. Gerade da wo Städte systematisch die Zielscheibe von autokratischen Regierungen werden – ob das nun versuchte Investitionen z.B. Chinas in kritische Infrastruktur in Städten- und Kommunen ist, die zerstörerische Macht Russlands gegen Ukrainische Städte oder ein politisches Drangsalieren demokratischer Bürgermeister:innen in zunehmend illiberalen Ländern in Europa und anderswo – Städte helfen einander sich diesen Herausforderungen zu stellen und sie zurückzudrängen. 

Cathryn Clüver Ashbrook, Senior Advisor im Europaprogramm der Bertelsmann Stiftung, moderierte zwei Sessions zum Thema „City Diplomacy“. Ziel der von Eurocities und dem Global Parliament of Mayors unterstützten Formate war es, bessere Wege zu finden, um Städte ihrer Rolle entsprechend in die Weltpolitik einzubinden.

Teilnehmende waren unter anderem die Bürgermeister:innen von Bristol, Florenz, Genf, Gent, Mannheim, Skopje und Tirana.

Die Botschaft war klar: Je weniger Nationalstaaten in der Lage sind, Probleme zu lösen, desto wichtiger werden Kommunen.

  • Wenn wie im Krieg Russlands gegen die Ukraine Bürgermeister:innen entführt und Städte bombardiert werden, um eine Gesellschaft zu zerstören und zu demoralisieren, finden Kommunen pragmatische Wege, nötigste Hilfe schnell zu leisten und bei der Planung des Wiederaufbaus zu helfen
  • Als die Trump-Regierung aus dem Pariser Klimaabkommen ausstieg und Städte, die sich nicht neuen Einwanderungsbeschränkungen beugten und somit zur Zielscheibe der eigenen Regierung wurden, in denen ihnen systematisch Staatshilfen während der COVID-Krise versagt wurden, schlossen sich einerseits Städte, Staaten und Unternehmen in „America’s Pledge“ zusammen, um die USA weiter auf Pariser Kurs zu halten und halfen sich untereinander – und international – bei der Beschaffung nötigen Geräts.
  • Wenn türkische, ungarische und polnische Regierungen liberale Bürgermeister unter Druck setzen und die Versorgung dieser Städte aus staatlichen Lieferketten ausschließen, können europäische Kommunen – untereinander vernetzt und organisiert – einspringen. Auch aus der Vernetzung der „Visegrad Vier“ – der Bürgermeister von Budapest, Bratislava, Warschau und Prague zur Aufrechterhaltung der direkten Demokratie in ihren Ländern ist ein Städte-Netzwerk entsprungen, der Pact of Free Cities, dem mittlerweile 100 Städte angehören, die sich dem Demokratieerhalt und der Vielfalt in ihren Städten und Kommunen widmen.  

Damit Kommunen solche wichtigen Aufgaben wahrnehmen können, benötigen Sie finanzielle Mittel und Führungspersönlichkeiten mit Mission und Rückgrat. Und sie benötigen „einen Platz am Tisch“ dort, wo Entscheidungen getroffen werden, deren Konsequenzen sie zu tragen haben. Sie müssen als Experten in eigener Sache von den eigenen Regierungen wie auch von supranationalen Organisationen wie EU, G7 oder OECD nicht nur ernst genommen, sondern auch aktiv in die Entscheidungsfindung zu transnationalen Fragen einbezogen werden – denn sie haben oft mögliche, skalierbare Lösungsansätze bereits antizipiert oder umgesetzt. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn die Nationalstaaten bzw. deren Regierungen selbst zum Problem für Frieden und Freiheit werden, wie in Staaten der Fall, in denen die Demokratie tendenziell rückläufig ist, z.B. in Ungarn und Polen.

„Ein wesentliches Kapital unserer Städte ist das Vertrauen der Bürger:innen.“ stellte Clüver Ashbrook fest: Das Edelman Trust Barometer ergab, dass im Jahr 2020 nur 65 % der Menschen ihren Regierungen vertrauten, 2022 war diese Zahl auf 52 % gesunken. In der Zwischenzeit steigt das Vertrauen in lokale Beamte – durch Krisen und Katastrophen hindurch – und liegt im globalen Durchschnitt bei über 70 %.

Am Ende der Veranstaltung stand ein gemeinsames Kommuniqué.

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