Eine Gruppe von Menschen diskutiert über Innovation. Ein Ziel zu erreichen, eine Idee zu schaffen.

Innovatives Gründen durch Menschen mit Migrationsbezug

Im Rahmen des Bertelsmann-Projekts “Gründungspotenziale stärken” entstand in Zusammenarbeit mit dem Forschungsbereich „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ des ZEW - Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung diese Analyse der Entwicklung von innovativen Gründungen mit Migrationsbezug während der letzten 20 Jahre im Vergleich zum deutschen Gründungsgeschehens insgesamt.

Ansprechpartner:innen

Foto Jennifer Eschweiler
Dr. Jennifer Eschweiler
Project Manager
Foto Julia Scheerer
Julia Scheerer
Senior Project Manager

Vorwort

Die deutsche Gründungslandschaft steht vor tiefgreifenden strukturellen Herausforderungen: Die Gründungszahlen stagnieren, viele Menschen scheuen den Schritt in die Selbstständigkeit, und zugleich bleibt ein beträchtliches Innovationspotenzial ungenutzt. In dieser Situation rückt eine Gruppe zunehmend ins Zentrum des Interesses – Menschen mit Migrationsbezug, die unternehmerisch tätig werden. Ihre Rolle als Treiber:innen von Innovation, Resilienz und wirtschaftlicher Dynamik wurde in der öffentlichen Debatte lange unterschätzt. Diese Studie möchte einen Beitrag dazu leisten, dass sich das ändert.

Mit der vorliegenden Analyse legen wir eine umfassende empirische Untersuchung zum innovativen Gründungsgeschehen durch Menschen mit Migrationsbezug in Deutschland vor – basierend auf dem IAB/ZEW-Gründungspanel, einem der bedeutendsten Datensätze zur Gründungsdynamik im Land. Im Fokus stehen dabei nicht nur statistische Unterschiede, sondern auch strukturelle Barrieren, Zugangsmöglichkeiten zu Finanzierungen und die tatsächliche Innovationsleistung der Gründungen.

Die Ergebnisse zeigen eindrücklich: Gründer:innen mit Migrationsbezug sind überdurchschnittlich innovationsorientiert und wachstumsambitioniert. Ihre Gründungen bringen häufiger neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt als der Durchschnitt – und das, obwohl sie strukturell benachteiligt sind. Gerade beim Zugang zu Finanzierung und staatlicher Förderung bestehen Hürden, die nicht selten auf impliziten Ausschlüssen und mangelnder Sichtbarkeit beruhen.

Für die Bertelsmann Stiftung ist es ein zentrales Anliegen, diese Potenziale sichtbar zu machen und Handlungsempfehlungen für eine gerechtere und zukunftsfähige Gründungsförderung zu entwickeln. Die Erkenntnisse dieser Studie sollen nicht nur das Verständnis für migrantisches Unternehmertum vertiefen, sondern auch dazu beitragen, politische, institutionelle und gesellschaftliche Rahmenbedingungen neu zu denken.

Wir danken dem Forschungsteam des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) für die exzellente wissenschaftliche Zusammenarbeit. Besonderer Dank gilt auch den Gründer:innen und dem MigrantAccelerator, die durch ihre Offenheit und ihren Mut diese Studie mit Leben gefüllt und diese Arbeit mit Zitaten aus dem Leben Gründender mit Migrationsbezug angereichert haben.

Dr. Daniel Schraad-Tischler
Director, Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft, Bertelsmann Stiftung

Kernaussagen 

1. Migrantische Gründer:innen sind Innovator:innen unserer Volkswirtschaft – und das System erkennt ihr Potenzial kaum. 
Gründungen mit Migrationsbezug zeigen sowohl mehr Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen als auch eine signifikant höhere Innovationsleistung. Dies umfasst auch weltweite Produktneuheiten, für die die Wahrscheinlichkeit 14 Prozent höher ist als bei vergleichbaren Gründungen.      

2. Innovativ und wachstumsorientiert trotz größerer Hürden 
Migrantische Gründer:innen leisten zu vielen Branchen einen Beitrag und können trotz Hürden eine ebenso gute Unternehmensentwicklung erfahren wie andere junge Unternehmen. Durch einen Abbau von Finanzierungshürden könnte das Innovationspotential besser gehoben werden. So berichtet ca. jede:r fünfte Gründende mit Migrationsbezug von Finanzierungsschwierigkeiten.    

3. Gründungen mit Migrationsbezug entstehen oft aus der Möglichkeit ein besseres Einkommen zu erzielen und haben ein großes Entwicklungspotential
Anders als häufig unterstellt basieren migrantische Gründungen nicht allein auf prekären Überlebensstrategien, sondern sind strategisch und wachstumsorientiert. Sie sind in vielen Fällen Ausdruck unternehmerischer Resilienz und hoher Anpassungsfähigkeit.    

4. Der Staat fördert – aber nicht alle. Förderprogramme könnten Finanzierungslücken migrantischer Startups schließen
Gründungen mit Migrationsbezug sind häufiger auf Inhaberfinanzierung und Familie und Freund:innen angewiesen. Die größte Lücke zeigt sich bei der Bankenfinanzierung. Selbst bei vergleichbarer Qualifikation, Branche und Erfahrung haben Gründer:innen mit Migrationshintergrund weniger externe Finanzierung. Dies wird auch nicht durch eine höhere Förderquote kompensiert.  Daraus lässt sich ableiten: Es existieren implizite Barrieren in der Gründungsfinanzierung, die strukturelle Diskriminierung begünstigen – auch wenn sie nicht intendiert sind. Wer Innovationschancen durch Gründungsförderung realisieren will, muss diese blinden Flecken adressieren. 

 

Portrait von Shamila Borchers

Shamila Borchers

Programmleitung The Migrant Accelerator

Portrait von Komali Valishetti

Komali Valishetti

Gründerin von BioBeacon

Portrait Mustafa Cakir

Mustafa Çakir

Co-Founder Patentiv

Shamila Borchers

Programmleitung The Migrant Accelerator

Portrait von Shamila Borchers

„Als Programmleitung von The Migrant Accelerator sehe ich täglich, wie viel Potenzial, Mut und Innovationskraft in migrantischen Gründer*innen steckt – und gleichzeitig, wie viele Türen ihnen strukturell verschlossen bleiben. Diese Studie bestätigt das auf beeindruckende Weise. Jetzt ist es an der Zeit, die richtigen Schlüsse zu ziehen: Wir brauchen Förderlandschaften, die sichtbar, zugänglich und gerecht sind.“ 

Shamila Borchers, Programmleitung The Migrant Accelerator 

Komali Valishetti

Gründerin von BioBeacon

Portrait von Komali Valishetti

„Den Hardware-Prototypen konnte ich mit Hilfe von Forschungsgeldern und finanzieller Unterstützung aus dem Freundeskreis entwickeln. Die Finanzierung der KI-Komponente gestaltet sich jedoch ziemlich schwierig. Ich habe ein Bankdarlehen in Betracht gezogen, aber die Regeln waren für mich als Nicht-Muttersprachlerin schwer nachzuvollziehen. Für die EXIST-Startup-Finanzierung an brauche ich einen deutschen Mitgründer. Nicht zu unterschätzen sind auch die kulturellen Unterschiede. Ich habe einige Zeit gebraucht, um zu verstehen, wie Dinge in Deutschland anders laufen. Das ist aber eine wichtige Voraussetzung, um das nötige Vertrauen aufzubauen.”

 

Komali Valishetti, Gründerin von BioBeacon

Mustafa Çakir

Co-Founder Patentiv

Portrait Mustafa Cakir

“Als Gründer mit Migrationserfahrung habe ich gelernt, internationale Sichtbarkeit ist nicht nur ein Vorteil – sie ist ein Katalysator. Mein tiefes Engagement in globalen Patent- und Technologietransfernetzwerken hat Türen geöffnet, besonders in Zeiten, in denen der Zugang zu lokaler Finanzierung eingeschränkt war. Eine Herausforderung besteht darin, sich in öffentlichen Förderprogrammen zurechtzufinden, deren Bewertungskriterien oft veraltet sind und wenig Verständnis für neue, softwarebasierte Geschäftsmodelle wie unseres zeigen. Vertrauenswürdige deutsche Mitgründer oder Partner sowie die Teilnahme an lokalen Startup-Programmen The Migrant Accelerator, SIBB oder Vali Berlin waren dabei ebenso entscheidend — sie halfen uns, die lokalen Strukturen zu verstehen, Glaubwürdigkeit aufzubauen und unsere Wurzeln zu festigen. Ich sage Gründer:innen immer wieder: Die Investition in globale und lokale Communities ist mindestens so wichtig wie Kapital — sie schafft Verbindungen, schärft die Vision und beschleunigt die Reise über Grenzen hinweg.” 

Mustafa Çakir, Co-Founder Patentiv

1) Motivation und Fragestellungen

Neue Unternehmen spielen eine wesentliche Rolle für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften (Acs und Audretsch 1988; Almus 2004; Haltiwanger 2022). Allerdings zeigen die Zahlen für Deutschland, dass die Gründungsdynamik hinter anderen Ländern zurückbleibt und sich insgesamt weniger Personen für eine Unternehmensgründung entscheiden (Füner et al. 2023).  

Die Ursachen für diesen Trend sind vielfältig und reichen von Finanzierungschwierigkeiten, bürokratischen Hürden und hohen Opportunitätskosten für Gründer:innen bis hin zu demographischen Trends und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Wenig erforscht sind die Rolle von gründungsaffinen Menschen mit Migrationsbezug in erster oder folgender Generation und deren Potenziale für das deutsche Gründungsgeschehen. In den USA sowie in anderen Ländern spielen Gründungen mit Einwanderungserfahrung, also solche bei der mindestens eine der Gründerpersonen laut Selbstauskunft eine nichtdeutsche Herkunft hat, eine sehr zentrale Rolle für den Arbeitsmarkt, die Innovationsdynamik und das Wirtschaftswachstum (Azoulay et al. 2022).  

Für Deutschland stellt sich die Frage nach den Chancen, die sich aus erleichterten Gründungsbedingungen für Menschen mit Migrationsbezug ergeben. Erkenntnisse zur Finanzierung sowie zur Innovations- und Wachstumsorientierung von Gründungen mit Migrationsbezug können sowohl einen Beitrag zur Gestaltung neuer staatlicher und privater Unterstützungsinitiativen leisten als auch zur Verbesserung bestehender Angebote.  Damit können gründungsaffine Personen mit Migrationsbezug aus Deutschland und dem Ausland weitere Potenziale des Gründungsgeschehens ausschöpfen. 

Diese Studie untersucht auf Basis des IAB/ZEW-Gründungspanels die Eigenschaften, Ausrichtung, Finanzierung und den Innovationsbeitrag von Gründungen durch Personen mit Migrationsbezug in Deutschland. Darunter fallen Menschen, die selbst zugewandert sind oder von deren Eltern zumindest ein Teil nicht von Geburt an die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden: 

  1. Wie unterscheiden sich Gründer:innen mit und ohne Migrationsbezug hinsichtlich ihrer demographischen Eigenschaften und Kompetenzprofile
  2. Welche Motive zur Unternehmensgründung und welche tatsächliche Wachstums- und Innovationsausrichtung haben Gründer:innen mit Migrationsbezug?  
  3. Von welchen Finanzierungsquellen machen Gründer:innen mit Migrationsbezug Gebrauch und welche Rolle spielt staatliche Gründungsförderung im Finanzierungsmix? 

 

2) Datengrundlage

Das IAB/ZEW-Gründungspanel 

Das IAB/ZEW-Gründungspanel bietet umfassende Einblicke in das Gründungsgeschehen in Deutschland und dient als Datengrundlage zur Beantwortung dieser Fragen. Das Panel erfasst jährlich eine repräsentative Stichprobe neu gegründeter Unternehmen aus dem Mannheimer Unternehmenspanel (MUP). Das MUP ist eine umfassende Unternehmensdatenbank, die die Grundgesamtheit an allen wirtschaftlich aktiven Unternehmen in Deutschland abbildet (siehe Anhang). Für die Stichprobe des Panels werden junge Unternehmen, die nicht älter als sieben Jahre sind, nach Gründungsjahr sowie Branchen geschichtet, um eine breite Abdeckung des deutschen Gründungsökosystems zu gewährleisten. Berücksichtigt werden ausschließlich eigenständige Neugründungen unabhängig von Rechtsform, Branche, Teamgröße und anderen Leistungsmarkern. Ausgründungen aus bestehenden Unternehmen und Franchiseunternehmen werden nicht in die Befragung aufgenommen.  

Aufgrund ihrer wesentlichen Bedeutung für Innovationen und technologischen Fortschritt liegt ein besonderes Interesse auf Hochtechnologie-Branchen. Unternehmen aus diesem Tätigkeitsfeld werden überproportional in die Stichprobe aufgenommen. Junge Unternehmen im Hochtechnologie- und Software- Bereich mit Wachstumsambitionen, also klassische Start-ups, stellen ca. 25 Prozent des Gründungspanels dar.  

Mittels Telefoninterviews von Personen, die aktiv an der Gründung beteiligt waren liefert das IAB/ZEW-Gründungspanel wertvolle Informationen über den Gründungsprozess, die Zusammensetzung und Dynamik des Gründungsteams sowie die Entwicklung der Unternehmen. Gerade junge Unternehmen sind in anderen Datenerhebungen oft unterrepräsentiert, da sie aufgrund ihrer Rechtsform und Größe nicht zur Veröffentlichung von Jahresberichten verpflichtet sind. Damit stellt das IAB/ ZEW Gründungspanel als repräsentative Stichprobe deutscher Unternehmensgründungen eine einzigartige Datengrundlage bereit, die sowohl quantitative also auch qualitative Indikatoren aus Gesprächen mit Gründer:innen ableiten kann.  

Das Panel zeichnet sich neben seinem Umfang auch dadurch aus, dass es neben grundlegenden Unternehmenskennzahlen auch Fragen zu Themen integriert, die in administrativen Datenquellen nicht oder nur schwer erfasst werden können, so z. B. auch Informationen zum Einwanderungserfahrung der Gründer:innen.  

Durch die Panelstruktur können Unternehmen seit der Gründungskohorte im Jahr 2005 über mehrere Jahre hinweg untersucht werden. Außerdem ermöglicht das Längsschnittformat neben vergleichenden Analysen auch die Betrachtung von Zeittrends für das Gründungsgeschehen in Deutschland. Insgesamt wurden bisher knapp 40.000 Unternehmen befragt. Die hier verwendete Stichprobe umfasst daher 39,730 Gründungen im Zeitraum 2005 bis 2022 mit Informationen zu 57,529 Gründer:innen und 135,052 Beobachtungspunkten. 

Migrationsbezug der Gründer:innen 

Der Migrationsbezug der Gründerpersonen wird im IAB/ZEW-Gründungspanel durch Selbstauskunft erfasst. Dies ist bei dem Vergleich mit anderen Studien zu bedenken. Es handelt sich dabei um eine Selbstwahrnehmung der Befragten und es erfolgt explizit keine Fremdzuschreibung des Migrationsstatus. So wird in den Telefoninterviews des IAB/ZEW-Gründungspanels neben der Staatsangehörigkeit abgefragt, ob die Gründer:innen in Deutschland geboren wurden, wann sie andernfalls nach Deutschland zogen und ob sie eigens für die Unternehmensgründung kamen (siehe Anhang). Anhand einer Querschnittstichprobe aus dem Jahr 2018 lässt sich eine Vergleichsanalyse zwischen Selbstauskunft, Geburtsland und Staatsangehörigkeit durchführen. Es ist anzumerken, dass die Befragten in deutscher Sprache adressiert werden. Dies bedeutet, dass die Teilnahmewahrscheinlichkeit an der Befragung von Deutschkenntnissen anhängig sein kann. 

Laut Selbstauskunft haben ca. 15 Prozent der Gründungen, die zwischen 2005 und 2022 entstanden, mindestens eine:n Gründer:in mit Migrationsbezug. Im Durchschnitt leben diese Gründer:innen seit 20 Jahren in Deutschland. Circa 50 Prozent der Gründer:innen mit Migrationsbezug geben an, eine deutsche Staatsbürgerschaft zu besitzen und ca. 20 Prozent sind in Deutschland geboren. 

Die Selbstauskunft spiegelt also eine weiter gefasste Definition des Migrationsbezugs wider und geht über Staatsangehörigkeit und Geburtsland hinaus. Alle folgenden Analysen basieren daher auf der Selbstauskunft der Gründerpersonen im IAB/ZEW-Gründungspanel. Anzumerken ist außerdem, dass die Beobachtungseinheit das neu gegründete Unternehmen und nicht die Gründerperson ist. Das ermöglicht eine detaillierte Analyse der Unternehmensentwicklung und des Unternehmenserfolgs. Als Gründung mit Migrationsbezug wird deshalb jede Neugründung definiert, bei der mindestens eine der Gründerpersonen laut Selbstauskunft eine nicht deutsche Herkunft hat.  

Über den Beobachtungszeitraum hat der Anteil an Gründungen mit Migrationsbezug in der Stichprobe stark zugenommen. 2005 war an nur 8 Prozent der Gründungen mindestens eine Gründerperson mit Migrationsbezug beteiligt, 2022 hat sich dieser Anteil mit 19 Prozent mehr als verdoppelt. Abbildung 1a zeigt den Anstieg über den Beobachtungszeitraum innerhalb der Stichprobe. 

Migrationsbezug der Gründer:innen

Der Migrationsbezug der Gründerpersonen wird im IAB/ZEW-Gründungspanel durch Selbstauskunft erfasst. Dies ist bei dem Vergleich mit anderen Studien zu bedenken. Es handelt sich dabei um eine Selbstwahrnehmung der Befragten und es erfolgt explizit keine Fremdzuschreibung des Migrationsstatus. So wird in den Telefoninterviews des IAB/ZEW-Gründungspanels neben der Staatsangehörigkeit abgefragt, ob die Gründer:innen in Deutschland geboren wurden, wann sie andernfalls nach Deutschland zogen und ob sie eigens für die Unternehmensgründung kamen (siehe Anhang). Anhand einer Querschnittstichprobe aus dem Jahr 2018 lässt sich eine Vergleichsanalyse zwischen Selbstauskunft, Geburtsland und Staatsangehörigkeit durchführen. Es ist anzumerken, dass die Befragten in deutscher Sprache adressiert werden. Dies bedeutet, dass die Teilnahmewahrscheinlichkeit an der Befragung von Deutschkenntnissen anhängig sein kann. 

Laut Selbstauskunft haben ca. 15 Prozent der Gründungen, die zwischen 2005 und 2022 entstanden, mindestens eine:n Gründer:in mit Migrationsbezug. Im Durchschnitt leben diese Gründer:innen seit 20 Jahren in Deutschland. Circa 50 Prozent der Gründer:innen mit Migrationsbezug geben an, eine deutsche Staatsbürgerschaft zu besitzen und ca. 20 Prozent sind in Deutschland geboren. 

Die Selbstauskunft spiegelt also eine weiter gefasste Definition des Migrationsbezugs wider und geht über Staatsangehörigkeit und Geburtsland hinaus. Alle folgenden Analysen basieren daher auf der Selbstauskunft der Gründerpersonen im IAB/ZEW-Gründungspanel. Anzumerken ist außerdem, dass die Beobachtungseinheit das neu gegründete Unternehmen und nicht die Gründerperson ist. Das ermöglicht eine detaillierte Analyse der Unternehmensentwicklung und des Unternehmenserfolgs. Als Gründung mit Migrationsbezug wird deshalb jede Neugründung definiert, bei der mindestens eine der Gründerpersonen laut Selbstauskunft eine nicht deutsche Herkunft hat.  

Über den Beobachtungszeitraum hat der Anteil an Gründungen mit Migrationsbezug in der Stichprobe stark zugenommen. 2005 war an nur 8 Prozent der Gründungen mindestens eine Gründerperson mit Migrationsbezug beteiligt, 2022 hat sich dieser Anteil mit 19 Prozent mehr als verdoppelt. Abbildung 1a zeigt den Anstieg über den Beobachtungszeitraum innerhalb der Stichprobe. 

Abbildung 2 zeigt die geographische Verteilung der Gründungen mit Migrationsbezug für die Jahre 2005 und 2022 nach Bundesländern. Dabei wird deutlich, dass sich der Anteil an Gründungen mit Migrationsbezug in fast allen Bundesländern erhöht hat.  

3) Profile der Gründer:innen

Der folgende Abschnitt widmet sich den Profilen der Gründerpersonen und liefert eine deskriptive Analyse der Unterschiede zwischen Gründerpersonen mit und ohne Migrationsbezug. Ein Verständnis der Unterschiede der Profile, d. h. Unterschiede, die über den Migrationsbezug hinausgehen, ist für Analysen der Entwicklung von Neugründungen entscheidend. In jungen Unternehmen spielen Gründer:innen eine zentrale Rolle in allen Entscheidungsprozessen. Anders als in etablierten Unternehmen mit hierarchischeren Strukturen, klarer Aufgabenverteilung und oft explizit benannten Manager:innen liegt in jungen Unternehmen ein Großteil der Managemententscheidungen direkt in den Händen der Gründer:innen. Ihr Einfluss prägt maßgeblich die strategische Ausrichtung, die Entwicklung und den Erfolg der Unternehmen in den ersten Jahren (von Nitzsch, Bird und Saiedi 2024). 

Zu den Profileigenschaften zählen Aspekte wie die Teamzusammensetzung, demographische Merkmale (z. B. Alter und Geschlecht) sowie Bildungsgrad, Branchenexpertise und Gründungserfahrung. Um Unterschiede in der längerfristigen Entwicklung von Gründungen mit und ohne Migrationsbezug zu verstehen, ist es daher wichtig zunächst Unterschiede in diesen Eigenschaften zu analysieren. Abbildung 2 gibt einen ersten Überblick über diese Unterschiede. 

Teamzusammensetzung 

Gründungen mit Migrationsbezug erfolgen häufiger im Team als solche ohne Migrationsbezug. Während 35 Prozent der jungen Unternehmen mit Migrationsbezug von einem Team gegründet werden, liegt dieser Anteil bei Gründungen ohne Migrationsbezug bei lediglich 30 Prozent (vgl. Abbildung 2). Dieser Unterschied ist statistisch signifikant. Bemerkenswert ist außerdem, dass bei etwa 75 Prozent aller Teamgründungen mit Migrationsbezug mindestens eine deutsche Mitgründerperson Teil des Teams ist. Neben deutschen Teammitgliedern gründen Gründer:innen mit Migrationsbezug häufig mit Personen derselben ausländischen Herkunft. In etwa 80 Prozent der Fälle, in denen ein:e Gründer:in mit Migrationsbezug mit einer weiteren Mitgründerperson mit Migrationsbezug gründet, teilen beide das gleiche Herkunftsland.  

Diese Muster bei der Zusammensetzung von Gründungsteams weisen einerseits auf die Bedeutung gemeinsamer kultureller Hintergründe und andererseits auf die Vorteile von deutschen Mitgründer:innen hin. Dazu können die gemeinsame Sprache, aber auch andere kulturelle Dimensionen, wie die Einstellung zu Hierarchien, oder der Umgang mit Unsicherheit und Risiko, zählen. Vorteile für Gründungen mit deutschen Mitgründer:innen können die Absenkung bürokratischer und sprachlicher Hürden sowie die Förderung von Netzwerkeffekten beinhalten. 

Demographische Merkmale 

Neben einer höheren Quote an Teamgründungen haben Neugründungen mit Migrationsbezug auch eine leicht höhere Frauenquote. An durchschnittlich 20 Prozent der Gründungen mit Migrationsbezug ist eine Frau beteiligt, bei Gründungen ohne Migrationsbezug sind es mit 19 Prozent ein Prozentpunkt weniger (vgl. Abbildung 2). Der Unterschied ist zwar statistisch signifikant, jedoch nicht sehr groß. Auffällig ist, dass der Anteil an Gründungen mit weiblicher Beteiligung über die Zeit relativ konstant bleibt. Dieses Bild spiegelt auch den Anteil an Frauen in Vollzeitbeschäftigung in der Gesamtbevölkerung wider, der in den letzten 20 Jahren nur um weniger als einen Prozentpunkt gestiegen ist (Destatis 2024a).  

Gründer:innen mit Migrationsbezug sind mit durchschnittlich 44 Jahren jünger als Gründer:innen ohne Migrationsbezug (47 Jahre). Diese Altersunterschiede wirken sich insbesondere auch auf die Branchenerfahrung der Gründer:innen aus. Gründer:innen mit Migrationsbezug haben zwölf Jahre Berufserfahrung in der Branche ihres neu gegründeten Unternehmens. Bei Gründer:innen ohne Migrationsbezug sind es durchschnittlich 14 Jahre. 

Gründungserfahrung 

Bei 45 Prozent der Gründungen mit Migrationsbezug hat mindestens eine der beteiligten Personen bereits ein Unternehmen gegründet. Bei Gründungen ohne Migrationsbezug sind es nur 41 Prozent. Grundsätzlich steigt der Anteil an Gründungen von Gründer:innen mit Migrationsbezug über den Beobachtungszeitraum leicht an. 

Ausbildungsgrad 

Bei knapp der Hälfte der Neugründungen von Gründer:innen mit Migrationsbezug hat mindestens ein:e Gründer:in als höchsten Bildungsabschluss einen Hochschulabschluss. Dieses Ergebnis zeigt sich auch im Deutschen Startup Monitor (Startup Verband 2022). Gleichzeitig haben hier 10 Prozent der Gründer:innen keine abgeschlossene Ausbildung. Im Vergleich ist bei Neugründungen von Gründer:innen ohne Migrationsbezug öfter eine Lehre oder eine Meisterausbildung der höchste Bildungsabschluss im Gründungsteam. Die Anteile der Gründungen mit den jeweiligen höchsten Bildungsabschlüssen sind in Abbildung 3 dargestellt. 

4) Unternehmensorientierung

Gründungsmotive 

Bei der Frage nach dem Gründungsmotiv geben Gründer:innenmit Migrationsbezug andere Motive an als solche ohne Migrationsbezug. Grundsätzlich ist „selbstbestimmtes Arbeiten“ mit 44 Prozent der Fälle das am häufigsten genannte Gründungsmotiv im Panel (Abbildung 4).  

Bei Gründungen mit Migrationsbezug sind „bessere Verdienstmöglichkeiten“ als Gründungsmotiv mit 17 Prozent allerdings überproportional vertreten. Gründer:innen ohne Migrationsbezug geben das nur in 8 Prozent der Fälle als Gründungsmotiv an. Dies steht im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Personen mit Migrationsbezug in Deutschland durchschnittlich weniger verdienen (Destatis 2024b).  

Für Gründungen mit und ohne Migrationsbezug spielt „Weg aus der Arbeitslosigkeit“ eine eher geringe Rolle. Nur insgesamt 13 Prozent der Gründer:innen geben dies als Gründungsmotiv an. Allerdings waren unter Gründer:innen mit Migrationsbezug signifikant weniger Gründer:innen unmittelbar vor der Gründung arbeitslos. 

Unternehmensziele 

„Wachstum“ ist ein häufig genanntes Unternehmensziel bei Gründungen mit Migrationsbezug. 33 Prozent der Unternehmen mit Migrationsbezug geben an, dass ihr primäres Unternehmensziel ist, das Unternehmen weiterzuentwickeln und den Geschäftsbetrieb zu vergrößern. Bei Unternehmen ohne Migrationsbezug sind es nur 25 Prozent. Dieses Ergebnis deckt sich mit dem Deutschen Startup Monitor (Startup Verband 2022).  

Darüber hinaus gibt ein etwas höherer Anteil (12 % versus 10 %) an Gründer:innen mit Migrationsbezug an, dass Gewinn- und Einkommenssteigerungen ein Hauptunternehmensziel sind. Die Verfolgung interessanter Projekte wird von 12 Prozent der Unternehmen mit Migrationsbezug genannt im Gegensatz zu 17 Prozent bei anderen Unternehmen. Selbstbestimmtes Arbeiten als Unternehmensziel spielt in beiden Gruppen eine große Rolle, wobei der Anteil bei Unternehmen ohne Migrationsbezug im Gründungsteam mit 42 Prozent versus 35 Prozent höher liegt.  

Branchenzusammensetzung 

Gründungen mit Migrationsbezug sind verstärkt in Branchen wie unternehmensnahe und konsumorientierte Dienstleistungen, Handel und Baugewerbe aktiv. Dabei sind sie seltener in wissensintensiven Dienstleistungen, im Niedrigtechnologiebereich und in technischen Dienstleistungen vertreten. Abbildung 5 veranschaulicht die prozentuale Verteilung der Gründungen auf die unterschiedlichen Branchen.  

Gründungen mit Migrationsbezug sind am häufigsten in Verbraucherdienstleistungen, im Handel sowie in technischen Dienstleistungen und am seltensten in Niedrigtechnologiebranchen aktiv (siehe Abbildung 5, links). Hier zeigt sich, dass in den unternehmensnahen Dienstleistungen der Anteil mit 19 Prozent am höchsten und auch weit überdurchschnittlich ist. Auch im Handel, in den Verbraucherdienstleistungen, im Bauwesen, im produzierenden Gewerbe für Hochtechnologie sowie im Bereich Software ist der Anteil im Vergleich zu den 15 Prozent im Gesamtdurchschnitt größer (siehe Abbildung 5, rechts).   

Der Startup-Bereich macht25 Prozent des gesamten Gründungspanels aus. Er besteht aus Unternehmen, die entweder laut eigener Aussage hohe Wachstumsambitionen haben und/ oder in der Hochtechnologie oder Software-Branche tätig sind. Hier sind sind Gründungen mit Einwanderungserfahrung leicht überrepräsentiert.   

5) Innovationskraft und Wachstum

Innovation 

Die bisherigen Analysen zeigen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Gründungen mit und ohne Migrationsbezug. Bei der Untersuchung weiterer Erfolgsfaktoren werden daher eben diese aufgezeigten Unterschiede berücksichtigt. Die folgende Betrachtung der Unterschiede in der Innovationskraft basiert demzufolge auf einem Vergleich zwischen zwei Unternehmen, eines mit und eines ohne Migrationsbezug, welche in Bezug auf Ausbildungsgrad, Gründererfahrung, Branchenerfahrung, Alter, Teamzusammensetzung, Branche, Bundesland und Zeitpunkt vergleichbar sind. Das ermöglicht es, Unterschiede aufzuzeigen, die unabhängig von einem der genannten Merkmale bestehen. 

Es zeigt sich bei diesem Vergleich, dass Gründungen mit Migrationsbezug sowohl mehr Innovationsanstrengungen unternehmen als auch ein höheres Potenzial für Innovationsergebnisse haben. So haben sie eine um 2 Prozentpunkte (8 %) höhere Wahrscheinlichkeit, Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten durchzuführen, und eine um 1,5 Prozentpunkte (14 %) höhere Wahrscheinlichkeit, eine nationale oder weltweite Produktneuheit am Markt einzuführen. Tabelle A.1 im Anhang zeigt die Regressionsergebnisse, d. h. den Zusammenhang zwischen Migrationsbezug und Innovation dieser Analyse. Diese Ergebnisse werden in Abbildung 6 ebenfalls veranschaulicht.  

Der Effekt von Migrationsbezug auf Innovationskraft stellt einen Mittelwert über alle Branchen hinweg dar. Im Startup-Bereich ist dieser Effekt, unter Berücksichtigung der genannten Unterschiede, leicht erhöht. In den unternehmensnahen und konsumorientierten Dienstleistungen, im Handel und im Baugewerbe lässt sich kein signifikanter Effekt von Migrationsbezug auf Innovationskraft zeigen. 

Wachstum 

Neben Ambitionen lässt sich auch die tatsächliche Unternehmensentwicklung beobachten. Bei den Wachstumsindikatoren „Mitarbeiterzuwachs“ und „Umsatzwachstum“ zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Gründungen mit und ohne Migrationsbezug. Abbildung 7 zeigt die Mitarbeiter- und Umsatzwachstumsraten für Gründungen ohne (blau) und mit Migrationsbezug (orange). 

6) Finanzierung

Der Zugang zu Finanzierung ist für junge Unternehmen zentral (Hottenrott und Richstein 2020). Finanzierungsschwierigkeiten in den Anfangsjahren sind aber keine Seltenheit. Abbildung 8 zeigt den Anteil und die zeitliche Entwicklung des Anteils der Unternehmen, die von Finanzierungsschwierigkeiten berichten (getrennt nach Gründungen mit und ohne Migrationsbezug). Es zeigt sich, dass der Anteil an Unternehmen mit Gründer:innen mit Migrationsbezug über den gesamten Zeitraum über dem anderer Gründungen liegt. Zwar sinkt der Anteil an Gründungen mit Finanzierungsschwierigkeiten über den Beobachtungszeitraum leicht, allerdings geht das auch auf besonders hohe Finanzierungsschwierigkeiten während und nach der globalen Finanzkrise 2008 zurück. Auch während der Coronakrise berichteten junge Unternehmen mit Gründer:innen mit Migrationsbezug verstärkt, dass sie Schwierigkeiten hatten, an Finanzierung zu kommen. 

Auch in den Finanzierungsstrukturen unterscheiden sich Gründungen mit und ohne Migrationsbezug. Abbildung 9 zeigt die durchschnittlichen prozentualen Anteile verschiedener Finanzierungsquellen an der benötigten Gesamtfinanzierung zur Deckung der Investitions- und Betriebskosten eines Unternehmens. Gründungen mit Migrationsbezug greifen häufiger auf eigene Mittel der Gründer:innen oder auf Freund:innen und Familie zurück. Dabei kann ein hoher Anteil an Inhaberfinanzierung Folge von fehlenden Alternativen, wie Bankenfinanzierung, sein. Gerade bei wahrgenommener größerer Unsicherheit, z. B. durch eine fehlende Hausbankbeziehung, ist Kreditfinanzierung entweder teuer oder sogar nicht möglich (Lins, Lutz und Hottenrott 2018). Auch die stärkere Nutzung von informeller externer Finanzierung kann auf Schwierigkeiten bei der Beschaffung anderer externer Finanzierung hindeuten. Allerdings ist der Anteil der Gesamtfinanzierung durch Venture Capital (VS) in der Gruppe der Gründungen mit Migrationsbezug etwas größer als bei anderen Unternehmen. Besonders deutlich ist der geringere Anteil an Bankenfinanzierung.  

Die weitere Untersuchung der Finanzierung bei Gründungen mit und ohne Migrationsbezug wird analog zur Untersuchung der Innovationskraft und Wachstumsrate mittels multivariater Regressionsmodelle durchgeführt. Wir berücksichtigen dabei neben dem Zeittrend die Branche, das Bundesland, das Firmenalter der Gründungen sowie das Geschlecht und Alter der Gründerpersonen, die Anzahl der Teammitglieder, den Bildungsgrad sowie die Gründungs- und Branchenerfahrung der Gründer:innen. Die Regressionsergebnisse in Tabelle A.3 im Anhang stellen die Zusammenhänge zwischen Migrationsbezug und Finanzierung unter Berücksichtigung struktureller Unterschiede dar. Die Ergebnisse (auch in Abbildung 10 dargestellt) zeigen, dass Gründungen mit Migrationsbezug zwei Prozentpunkte (10 %) mehr Inhaberfinanzierung, einen Prozentpunkt (30 %) mehr Finanzierung durch Familie und Freund:innen und einen Prozentpunkt (13 %) weniger Bankenfinanzierung haben. 

Interessanterweise gibt es keine statistisch signifikanten Unterschiede im Anteil der VC-Finanzierung sowie der öffentlichen Fördermittel an der Gesamtfinanzierung für Gründungen mit und ohne Migrationsbezug. Das bedeutet, dass sich Unterschiede in den berichteten Anteilen für öffentliche Fördermittel und Venture Capital (VC), wie in Abbildung 10 dargestellt, durch die berücksichtigten Merkmale und nicht durch den Migrationsbezug allein erklären lassen. Es ist dabei anzumerken, dass in den Kategorien „öffentliche Fördermittel“ und „VC“ verschiedene Typen von Programmen und Wagniskapital zusammengefasst werden. Die Kategorie „VC“ umfasst somit neben öffentlichem VC private Fonds sowie private Einzelinvestoren, d. h. Business Angels, die sich hinsichtlich Investitionszielen und -strategien deutlich unterscheiden können (Berger und Hottenrott 2021). Die Kategorie „öffentliche Fördermittel“ umfasst verschiedenste Maßnahmen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene sowie verschiedene Fördergeber.  

7) Schlussfolgerungen und Implikationen

Obwohl Gründungen mit und ohne Migrationsbezug sich in einigen Profilmerkmalen unterscheiden (wie Alter der Gründer:innen, Gründungserfahrung, Branchenzugehörigkeit, Gründungsmotiv und Teamstruktur), weisen sie ähnliche Entwicklungen in Mitarbeiter- und Umsatzwachstum vor. Es zeigt sich jedoch auch, dass Gründungen mit Migrationsbezug innovativer sind – sowohl in Bezug auf F&E-Tätigkeit als auch in der Markteinführung von neuen, innovativen Produkten und Dienstleistungen. Dieser Unterschied wird auch in Studien für andere Länder, wie beispielsweise den USA deutlich (Akcigit, Grigsby und Nicholas 2017; Moser, Voena und Waldinger 2014).  

Durch einen Abbau von Finanzierungshürden könnte das Innovationspotential noch gehoben werden. Momentan berichtet noch jede:r fünfte Gründer:in mit Migrationsbezug von Finanzierungsschwierigkeiten, insbesondere beim Zugang zu Bankenfinanzierung. Das Ergebnis, dass sich größere Innovationsleistung nicht in stärkeres Unternehmenswachstum übersetzt, legt nahe, dass es hier Hemmnisse gibt.   

Weiterhin erweisen sich Gründungen mit Migrationsbezug als strategisch und wachstumsorientiert. Sie entstehen oft aus der Möglichkeit, ein besseres Einkommen zu erzielen und zeigen dabei unternehmerische Resilienz und hohe Anpassungsfähigkeit. Will der Staat Innovationschancen fördern, sollte er Finanzierungslücken von Gründungen mit Migrationsbezug schließen. 

8) Quellen

Ahmadpoor, Mohammad, und Benjamin F. Jones (2017). The Dual Frontier: Patented Inventions and Prior Scientific Advance. Science 357(6351). 583-587. 

Acs, Zoltan J., und David B. Audretsch (1988). Innovation in Large and Small Firms: An Empirical Analysis. The American Economic Review 4. 678–690D. 

Almus, Matthias (2004). Job Creation Through Public Start-Up Assistance? Applied Economics (36) 2. 2015–2024. 

Azoulay, Pierre, Benjamin F. Jones, J. Daniel Kim und Javier Miranda (2022). Immigration and Entrepreneurship in the United States. American Economic Review: Insights (4) 1. 71–88. 

Akcigit, Ufuk, John Grigsby und Tom Nicholas (2017). Immigration and the Rise of American Ingenuity. American Economic Review (107) 5. 327–331. 

Berger, Mariusm und Hanna Hottenrott (2021). Start-up subsidies and the sources of venture capital. Journal of Business Venturing Insights 16. e00272. 

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2016). Migrantenunternehmen in Deutschland zwischen 2005 und 2014: Ausmaß, ökonomische Bedeutung, Einflussfaktoren und Förderung auf Ebene der Bundesländer. Gütersloh. 

Destatis (2024a). „Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben“. https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-1/teilhabe-frauen-erwerbsleben.html (Download 22.1.2025). 

Destatis (2024b). „Bevölkerung in Privathaushalten nach Migrationshintergrund und persönlichem Nettoeinkommen“. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Migration-Integration/Tabellen/migrationshintergrund-nettoeinkommen.html (Download 22.1.2025). 

Startup Verband (2022). Deutscher Startup Monitor 2022. https://startupverband.de/fileadmin/startupverband/mediaarchiv/research/dsm/DSM_2022.pdf (Download 22.1.2025). 

Füner, Lena, Marius Berger, Johannes Bersch und Hanna Hottenrott (2023). Local Networks and New Business Formation. ZEW Discussion Paper No. 23-067.  

Hottenrott, Hanna, und Robert Richstein (2020). Start-up subsidies: Does the Policy Instrument Matter? Research Policy (49) 1. 103888. 

Haltiwanger, John (2022). Entrepreneurship in the Twenty-First Century. Small Business Economics (58) 1. 27–40.  

Kahn, Shulamit, Giulia La Mattina und Megan J. MacGarvie (2017). ‚Misfits‘, ‚Stars‘, and Immigrant Entrepreneurship. Small Business Economics 49. 533–557. 

Lins, Elmar, Eva Lutz und Hanna Hottenrott (2018). Public Subsidies and New Ventures’ Use of Bank Loans. Economics of Innovation and New Technology (27) 8. 786–808. 

Moser, Petra, Alessandra Voena und Fabian Waldinger (2014). German Jewish émigrés and US invention. American Economic Review (104) 10. 3222–3255. 

Sequeira, Sandra, Nathan Nunn und Nancy Qian (2020). Immigrants and the Making of America. The Review of Economic Studies (87) 1. 382–419. 

von Nitzsch, Jannis, Miriam Bird und Ed Saiedi (2024). The Strategic Role of Owners in Firm Growth: Contextualizing Ownership Competence in Private Firms. Strategic Entrepreneurship Journal (18) 3. 553–581. 

9) Anhang

Zusätzliche Informationen zu weiteren Datenquellen 

MUP: Das Mannheimer Unternehmenspanel (MUP) ist eine Paneldatenbank zu wirtschaftsaktiven Organisationen in Deutschland, die vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung aufgebaut und gepflegt wird. Die Basisinformationen im MUP stammen von Creditreform. Das MUP enthält Angaben zu faktisch allen wirtschaftsaktiven Unternehmen in Deutschland ebenso wie zu Unternehmen, die stillgelegt wurden, und Bildungs- und Forschungseinrichtungen, sofern sie über eine Steuernummer verfügen. Die Angaben im MUP umfassen ausgewählte Strukturkennzahlen (Beschäftigte, Gründungszeitpunkt, Rechtsform, Standort), Jahresabschluss-Kennzahlen (sofern Jahresabschlüsse publiziert werden) Kennzahlen zur finanziellen Situation (u. a. Bonität, Zahlungsweise, Bankverbindungen), aktive und passive Beteiligungen sowie Angaben zu Eigentümer:innen und Geschäftsführer:innen. Die Datenbank enthält auch die aktuelle URL der Unternehmens- bzw. Organisationswebsite sofern verfügbar. Für dieses Projekt wird das MUP in erster Linie eingesetzt, um Gründungen im Kontext von Hochschulen zu identifizieren.  

Wortlaut der Fragen zu Migrationsbezug aus den Telefoninterviews des IAB/ZEW-Gründungspanels 

Welche nationale Herkunft haben die Gründer:innen? [freie Antwort] 
Besitzen die Gründer:innen mit ausländischer Herkunft die deutsche Staatsangehörigkeit? [ja/nein] 
Sind die Gründer:innen mit ausländischer Herkunft in Deutschland geboren? [ja/nein] 
In welchem Jahr sind die Gründer:innen mit ausländischer Herkunft nach Deutschland zugezogen? [Jahresangabe] 
Sind die Gründer:innen eigens nach Deutschland gekommen, um dieses Unternehmen zu gründen? [ja/nein] 

Ergebnistabellen

Autorinnen der Studie

Prof. Dr. Hanna Hottenrott, Leitung Forschungsbereich „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ 
ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung 
und
Professorin für Innovationsökonomik 
School of Management 
Technische Universität München 
hanna.hottenrott@zew.de 

Dr. Eline Schoonjans, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschungsbereich „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ 
ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung 
eline.schoonjans@zew.de 

Elisa Rodepeter, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschungsbereich „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ 
ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung 
elisa.rodepeter@zew.de