Am 4. Mai 2016, diskutierten 30 hochrangige Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft in Berlin über die Chancen und Herausforderungen der deutsch-indischen Zusammenarbeit in drei zentralen Handlungsfeldern: Innovation, Fachkräfte und Investitionen. Unter ihnen waren der Chef der Deutsch-Indischen Handelskammer, Bernhard Steinrücke, der Abgeordnete und Leiter der deutsch-indischen Parlamentariergruppe, Ralph Brinkhaus und der Indien-Sprecher im Asien-Pazifik Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, Clas Neumann. Aart de Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung und Stephan Vopel, Direktor des Programms Deutschland und Asien, moderierten die Gesprächsrunde. Grundlage für die Diskussion waren die derzeit laufenden Studien „Innovation in India“ und „Integration indischer Fachkräfte in deutschen Unternehmen“ des Programms.
Die Ziele der indischen Politik und Wirtschaft sind klar: Indien soll künftig eines der zentralen Innovationszentren der Welt werden. Multinationale Konzerne investieren bereits verstärkt in Forschungs- und Entwicklungszentren vor Ort. Und trotz zahlreicher Herausforderungen, wie z.B. die bürokratischen Hürden, die marode Infrastruktur und das schlechte Qualifikationsniveau der Mitarbeiter, bleibt Indien ein wichtiger Innovationstreiber. Die Entwicklung einfacher, kostengünstiger Produkte (Frugal Products) für das untere und mittlere Marktsegment in Indien ist bisher besonders erfolgreich. Von diesem „frugalem“ Innovationspotential kann Deutschland lernen. Deshalb sollten sich deutsche Unternehmen stärker markt- als technologieorientiert auf die Entwicklung von Produkten konzentrieren, die am indischen Markt wirklich benötigt werden.
Auch im Bereich der Fachkräfte können Indien und Deutschland von einer verstärkten Zusammenarbeit profitieren. Auf der einen Seite wird die deutsche Wirtschaft künftig auf den Zuzug hochqualifizierter Fachkräfte angewiesen sein. Mit einer Million Ingenieure, die jährlich auf den Arbeitsmarkt kommen, wird Indien voraussichtlich künftig eine Quelle qualifizierter Arbeitskräfte sein. Auf der anderen Seite gelten für indische Arbeitnehmer Arbeitserfahrungen in Deutschland als karriereförderlich. Viele Inder wollen jedoch nicht längerfristig in Deutschland bleiben. Sprachbarrieren, aufwendige bürokratische Verfahren, und fehlende Vorbilder aus Indien, die in Deutschland Karriere gemacht haben, sind Hinderungsgründe für längerfristige Aufenthalte. Um diese Hindernisse zu überwinden, sollte mehr in Beratungs- und Aufklärungsarbeit über „Leben und Arbeiten in Deutschland“ investiert werden. Außerdem ist es wichtig, geeignete Plattformen an Universitäten und in Unternehmen zu etablieren, um die Kommunikation und den Austausch der indischen Expat-Gemeinschaft zu stärken.
Chancen und Herausforderungen gibt es auch im Bereich der Investitionen. Modi’s „Make in India“ Kampagne hat das erklärte Ziel, ausländische Investoren nach Indien zu locken. Insbesondere deutsche Unternehmen sollen sich verstärkt in Indien engagieren. Deutschland ist Indiens größter Handelspartner in Europa. Umgekehrt konzentrieren sich deutsche Investitionen immer noch vorrangig auf Europa. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen bleibt Indien ein schwieriger Markt. Bürokratie, Korruption, eine schlechte Infrastruktur, komplizierte Arbeitsgesetze, hohe Steuern und fehlende Ausbildung der Mitarbeiter werden als Gründe für den mangelnden Investitionswillen aufgeführt. Doch es gibt auch Unternehmen, die diese Herausforderungen erfolgreich gemeistert haben. Sich an diesen Vorbildern zu orientieren und aus den Fehlern anderer zu lernen bietet für deutsche Unternehmen eine enorme Chance.
Diese Chancen in zentralen Handlungsfeldern zu nutzen ist der Schlüssel für eine erfolgreiche deutsch-indische Partnerschaft.