Vortrag von Abhay Pandey

Deutsch-indischer Startup-Dialog und Asia Briefing

Bei den Asien-Pazifik-Wochen (APW) in Berlin lud die Bertelsmann Stiftung am 25. Mai im Rahmen zweier Veranstaltungen zum Dialog mit deutschen und indischen Akteuren der Gründerszene ein. In der Paneldiskussion am Nachmittag stand der persönliche Austausch zwischen (Sozial-)Unternehmern aus Berlin, Bangalore und Mumbai im Mittelpunkt. Am Abend referierte Abhay Pandey, Managing Director Sequoia Capital Indian, über die Entwicklungen und die globale Relevanz der indischen Startup-Szene.

Die deutsche und indische Gründerszene im Vergleich

An der Diskussion nahmen die Sozialunternehmer Maxie Matthiessen (Ruby Cup), Neelam Chhiber und Jacob Mathew (Industree Foundation) teil, sowie Gründer der IT- und Kreativszene Samay Kohli und Wolfgang Hoeltgen (Grey Orange), und Vaibhav Chhabra (Mayker's Asylum). Murali Nair und Fabienne Frauendorfer von der Bertelsmann Stiftung moderierten die Paneldiskussion.

In Deutschland wird das Gründungspotential bisher nicht ausreichend ausgeschöpft, meinten die deutschen Teilnehmer. Im Vergleich zu Indien gründet man oft aus Mangel an Alternativen ("necessity") und weniger aus freiem Willen heraus ("opportunity"). Das liege unter anderem am Schul- und Ausbildungssystem, das Fähigkeiten zur Selbständigkeit noch zu wenig miteinbezieht und die internationale Vernetzung mit relevanten Institutionen und Akteuren kaum fördert.

Indiens Unternehmenskultur ist hingegen um einiges dynamischer. Vor allem in den letzten fünf Jahren sei ein starker Anstieg zu beobachten, weil sich ein Großteil der jungen Bevölkerung von den Erfolgsgeschichten heimischer Startups ermutigt fühle, selber zu gründen, so die indischen Teilnehmer. Außerdem sind indische Jungunternehmer untereinander und international stärker vernetzt, was die Akquise von Kapital und anderen Ressourcen enorm erleichtert.

Deutschen Jungunternehmern täte es gut, von der flexiblen und pragmatischen Herangehensweise ihrer indischen Kollegen zu lernen, während Elemente der deutschen Unternehmerkultur wie Disziplin und Struktur auf indischer Seite auch durchaus hilfreich sein könnten.

25.5.2016, Asia Week ESMT, Berlin, Podiumsdiskussion der Bertelsmann Stiftung zum Thema: "Same same but different: How Indian and German entrepreneurs are reshaping our future."

Entwicklungen und globale Relevanz der indischen Gründerszene

Indiens Innovationskraft liegt im globalen Vergleich "nur" auf Platz 45 hinter China (21), Japan (4) und Südkorea (1). Dennoch schätzt Abhay Pandey, dass Indiens Startup-Szene bis 2020, spätestens 2025, die internationalen Geschäftsentwicklungen maßgeblich beeinflussen und ein Gegenpol zu Startup-Zentren wie Silicon Valley und Beijing darstellen wird.

Die Rahmenbedingungen stehen laut Pandey günstig. Erstens schöpft das Land aus einem riesigen Talentpool junger, gut ausgebildeter Ingenieure, die potentielle Arbeitskräfte für die Startup-Szene darstellen. Dabei stellen auch die Rückkehrer aus dem Silicon Valley einen entscheidenden Anteil dar. Zweitens bietet die schiere Größe des indischen Marktes für Startups reichlich Wachstums- und Skalierungspotenzial. Zwar wird das alleinige Potenzial des indischen Marktes oft überschätzt. In Kombination mit anderen regionalen oder internationalen Märkten wie Südostasien erfüllt der Markt aber durchaus die Erwartungen von Unternehmern und Händlern, so Pandey.

Wie schon bekannt, liegt im Kern der Innovationskraft Indiens die Entwicklung einfacher und kostengünstiger Produkte, die am Markt wirklich benötigt werden ("frugal mindset"). Mit circa 4.200 Startups und einer Wachstumsrate von 30 Prozent gehört Indien jetzt schon zur drittgrößten Hightech Startup-Szene. Diese könnte in den kommenden zehn bis 15 Jahren einen ähnlichen Wachstumsschub erfahren wie die chinesische zwischen 2010 und 2014. Außerdem zeichnet Indiens Startups-Szene eine hohe Diversität auf und ist in verschiedenen Bereichen wie E-Commerce, Gesundheit und Unternehmenssoftware breit aufgestellt.

Durch die Globalisierung und Digitalisierung wandelt sich die Weltwirtschaft schneller denn je. Das spiegelt sich auch in der zunehmenden Fluktuation der Liste der weltweit führenden Firmen, Fortune 1.000, wider. Während in den 80er und 90er Jahren davon gerade einmal 45 Prozent den Platz für Newcomer räumen mussten, waren es zwischen 2003 und 2013 über 70 Prozent. In naher Zukunft wird ein erheblicher Anteil dieser Unternehmen aus Indien stammen, davon ist Pandey überzeugt. Spätestens jetzt wäre folglich der Zeitpunkt für deutsche Unternehmer und Investoren gekommen, in den indischen Markt einzusteigen und in lokale Partnerschaften langfristig zu investieren, rät der ehemalige Investmentbanker. Dabei müssen sich deutsche Vertreter aus Politik und Wirtschaft oftmals in Geduld üben und nicht sofort aufgeben, wenn Prozesse nicht von Anfang erfolgreich verlaufen.