Auf Einladung der Bertelsmann Stiftung sprach Pankaj Mishra über “How Asia’s rise is changing the West and what it means for Germany“. Er konstatierte eine gigantische geopolitische Machtverschiebung, die eine neue Phase in den Beziehungen zwischen dem Westen und Asien eingeleitet hat. Allein schon die Frage, wie Asiens Aufstieg den Westen beeinflussen werde, zeige einen grundlegenden Wandel im Denken, denn vor zehn Jahren sei noch niemand auf die Idee gekommen, diese Frage überhaupt zu stellen.
Mishra erinnerte daran, dass beide Begriffe, der „Westen“ und „Asien“, mehrdeutig und umstritten sind und sich einer einfachen Definition entziehen. Deutschland zum Beispiel betrachtete sich im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht als Teil des Westens. Seine politische und kulturelle Identität wurde – zumindest teilweise - in Abgrenzung von den westlichen Werten der Aufklärung und der Französischen Revolution geformt. Der Westen beschränkte sich im Wesentlichen auf Großbritannien, Frankreich und die USA. Deutschland lehnte ungezügelten Kapitalismus und Demokratie ab und stand für vermeintlich überlegene Werte einer nach innen gerichteten Kultur sowie einem starken Staat. Erst nach 1945 wurde die Bundesrepublik Deutschland zu einem eindeutigen Partner des Westens. Nach 1989 kam auch Osteuropa unter das Dach des Westens. Seit dem 11. September 2001, den Kriegen im Irak und in Afghanistan sowie Guantanamo gibt es jedoch Risse in von „westlichen Werte“ angetriebenen Allianz.