Eine klare Strategie, ausgeprägtes Finanzierungssystem und starke Institutionen: Belgien verfügt über gute Voraussetzungen für Digital Health. Dennoch hinkt Belgien beim Ausbau von E-Health-Anwendungen noch hinterher. Erfolgreich aber ist die Patientenkurzakte.
So wie Deutschland zählt Belgien nicht zu den Vorreitern der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Dennoch liegt das Land im Digital-Health-Index Ranking drei Plätze weiter vorne auf Rang 13. Der Vorsprung zu Deutschland zeigt sich in verschiedenen Bereichen. So verfügt Belgien beispielsweise schon seit 2013 über einen nationalen E-Rezept-Dienst. Inzwischen sind etwa 50 bis 75 Prozent aller ausgestellten Rezepte E-Rezepte, allerdings ist der Anschluss an den ambulanten Sektor bisher mangelhaft. Dafür nutzen mehr als 75 Prozent aller Ärzte in der ambulanten Versorgung elektronische Praxissysteme.
Seit 2002 existieren in Belgien zudem zertifizierte elektronische Patientenakten. Doch erst mit der Einführung der SumEHR (Summarised Electronic Healthcare Record) entstand ein national einheitlicher Standard: Alle individuellen Systeme müssen seither in der Lage sein, Patientendaten an die SumEHR zu übermitteln. Allerdings handelt es sich dabei um einen Basisdatensatz: Im Falle eines Notfalls können über diese Patientenkurzakten Allergie- und Medikationsdaten, Informationen über Operationen und Impfungen unabhängig vom Aufenthaltsort sektorenübergreifend für Ärzte verfügbar gemacht werden, sodass diese beispielsweise das richtige Antibiotikum wählen können. Eine nationale elektronische Patientenakte gibt es in Belgien dagegen bisher nicht.
Strategie
Belgiens Digital-Health-Strategie „Actieplan eGezondheit“ stellt den Patienten ins Zentrum und umfasst 20 Arbeitspakete, die zu mehr Entscheidungskompetenz und Empowerment des Patienten führen sollen. Zu diesen Paketen zählt die elektronische Patientenakte, der E-Rezept-Dienst, mHealth-Anwendungen sowie ein Gesundheitsinformationsportal sowie rechtlich bindende Implementierungspläne.
Rahmenbedingungen und regulatorische Faktoren
Zuständig für die Umsetzung und Evaluierung der E-Health-Strategie sind die belgische Agentur eHealth-platform sowie die Belgische Kommission für Gesundheitstelematik. Darüber hinaus hat das Versicherungsinstitut RIZIV/INAMI zusammen mit eHealth-platform Finanzpläne entwickelt, mit denen Digital-Health-Dienste von den Versicherungen regulär abgerechnet werden können. Das Institut untersteht dem Gesundheitsministerium. Auch die Implementierung der Anwendungen aus den verschiedenen Arbeitspaketen wird staatlich finanziert. Leistungserbringer, die sich nicht an den bindenden Zeitplan der Strategie halten, drohen Strafen.
Erfolgsfaktoren
Belgien verfügt über eine klar definierte E-Health-Strategie mit konkreten Arbeitspaketen. Konzeptionell ist sie stärker am Verbraucher als an technischen Fragestellungen orientiert. Eingebunden in die Entwicklung und Gestaltung sind alle Akteure, darunter auch private Unternehmen und insbesondere Endanwender der Digital-Health-Anwendungen, also Ärzteschaft und Öffentlichkeit. Hinter der Strategie steht zudem ein ausgeprägtes Finanzierungssystem mit starken Institutionen wie die eHealth-platform.
Weitere Informationen über den Digitalisierungsstand in Belgien stehen unten zum Download bereit.