Der politische Wille für Digital Health ist in Australien stark ausgeprägt und spiegelt sich in hohen Investitionssummen und umfassenden Strategien wider. Auch die ambulante Versorgung ist bereits gut vernetzt. Nachholbedarf gibt es dagegen noch bei der Infrastruktur für Telemedizin und den einheitlichen Standards.
Erste Bestreben für eine nationale E-Health-Strategie starteten in Australien bereits Ende der neunziger Jahre. Mithilfe von 130 Millionen australischen Dollar sah der erste Masterplan vor, ein sicheres nationales Gesundheitsnetzwerk zu entwickeln. Doch bisher befinden sich noch viele Konzepte in der Testphase oder auf dem Papier und müssen erst noch umgesetzt werden.
Bis auf E-Rezepte werden in Australien bisher kaum relevante Gesundheitsdaten ausgetauscht. Im Digital-Health-Index landet das Land deshalb nur auf Platz 11. Der Fall zeigt, dass die Umsetzung schwierig werden kann, wenn man einen Top-down-Ansatz verfolgt und versucht, dem gesamten Gesundheitssystem eine von langer Hand geplante Gesamtarchitektur aufzustülpen. Zudem lässt Australien die Privatwirtschaft bei der Entwicklung von Digital-Health-Anwendungen weitgehend außen vor.
So eine Vorgehensweise bringt gegenüber einer Bottom-down-Planung Nachteile mit sich wie mangelnde Flexibilität und Anpassungsmöglichkeiten. Auch in Australien zeigten sich Fehler in der Planung der Gesamtarchitektur erst während der Implementierung. Viele Überholungsphasen verzögerten den landesweiten Rollout. Insbesondere bei der Integration der ePA-Systeme gab es Schwierigkeiten, die im Nachhinein nur unter hohen Kosten behoben werden konnten.
Zwar existiert seit 2012 eine gesetzlich implementierte elektronische Patientenakte namens My Health Record mit einheitlichen Standards als Basis. Doch trotz finanzieller Unterstützung niedergelassener Ärzte bei der Einführung blieben die Nutzerzahlen gering. Deshalb hat die Regierung jüngst die My Health Record in ein Opt-out-System umgewandelt: Jetzt muss jeder Bürger, der die ePA nicht haben will, seine Einwilligung bewusst entziehen.
Strategie
Die Digitalisierung im australischen Gesundheitssystem wurde über Jahre hinweg geplant. Ziel war es, eine Architektur als Ganzes zu schaffen und technisch umzusetzen. Früh setzte das Gesundheitsministerium dabei auf einheitliche Standards und die Interoperabilität aller Systeme. Mit hohem Aufwand wurden detaillierte Roadmaps entwickelt. Die aktuelle Strategie enthält Implementierungsprogramme für E-Rezepte, mHealth und eine verbesserte elektronische Patientenakte - jedoch ohne verbindliche Zeitpläne.
Rahmenbedingungen und regulatorische Faktoren
2016 bis 2017 standen der für die Umsetzung der Inhalte der E-Health-Strategie verantwortlichen Digital-Health Agency 153 Millionen australische Dollar zur Verfügung. Die Agentur erarbeitet Richtlinien und Implementierungsleitfäden für klinische Semantik und technische Standards, um Herstellern die Anbindung ihrer Produkte mit der Infrastruktur zu ermöglichen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Austausch von digitalen Patientendaten zwischen verschiedenen Organisationen werden in speziellen Gesetzen geregelt. Über eine private Organisation erhalten Ärzte finanzielle Anreize, neu entwickelte digitale Gesundheitsanwendungen oder neue Technologien in ihren Praxen einzuführen.
Erfolgsfaktoren
Trotz des eher schwerfälligen und inflexiblen Top-down-Ansatzes bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen: Die frühe Auseinandersetzung der Regierung mit den Potenzialen von Digital Health verschafft Australien im globalen Ranking einen Vorsprung vor Deutschland.
Weitere Informationen über den Digitalisierungsstand in Australien stehen unten zum Download bereit.