Die Vorstellung der Kurzstudie „Arbeitsplatz Bundestag: Reformbedarf im Maschinenraum der Demokratie“ von Finn Heinrich, Director des Programms „Demokratie und Zusammenhalt“ und Carlo Greß, Project Manager im Projekt „Demokratie erneuern“ gab den Anlass, um über eine Verbesserung der Rahmenbedingungen von parlamentarischer Arbeit zu diskutieren. Dafür konnten Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, Philipp Amthor (Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung), Renate Künast (Bundesministerin a.D.) und Daniela Schwarzer gewonnen werden. Rund 200 Gäste kamen auf Initiative der Bertelsmann Stiftung und der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung zusammen.
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner setzte mit einem Vortrag den ersten inhaltlichen Impuls des Abends. Sie plädiert für eine verbesserte Debattenkultur, sowohl im Parlament, als auch in der öffentlichen Bewertung von Politik. Neben einer guten Fehlerkultur plädierte sie für mehr Gespür und Empathie im politischen Betrieb, um die Rahmenbedingungen von Ämtern und Mandaten auch zukünftig attraktiv zu gestalten „Die Demokratie lebt vom Wechsel, aber sie lebt auch davon, dass sich Menschen überhaupt einbringen wollen.“
In ihrem anschließenden Gespräch mit Moderatorin Elisabeth Niejahr, Geschäftsführerin der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, bedauerte Klöckner zudem, dass sich in der Vergangenheit auch viele jüngere Frauen zum Mandatsverzicht entschlossen haben. Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Mandat sei daher eine wichtige Angelegenheit, für welche sie verschiedene Prozessanpassungen im Parlament vorschlug, die sich auch in unserer Studie wiederfinden. Diese Vorschläge verbreitete Frau Klöckner ebenfalls in einem öffentlichen Schreiben welches schon breite Medienresonanz erfuhr.[HF2]
Finn Heinrich und Carlo Greß präsentierten bei der anschließenden Studienvorstellung die zentralen Ergebnisse von 30 explorativen Interviews mit ehemaligen Bundestagsabgeordneten, die sich während der vergangenen Legislaturperiode freiwillig dazu entschieden hatten, nicht mehr zu kandidieren. Die Studie zeigt Reformbedarf für die parlamentarische Arbeit auf: Die Abgeordneten berichten von mangelnder Digitalisierung, hoher Arbeitsbelastung und einer zunehmend destruktiven Debattenkultur, aber auch von persönlichen Erfolgen im politischen Betrieb. Die Studie empfiehlt daher einen Ausbau und eine Systematisierung der Unterstützungsstrukturen, wie z.B. die Weiterführung der von den Autoren durchgeführten Exit-Interviews durch die Bundestagsverwaltung.
Die Kernergebnisse der vorgestellten Studie wurden während der darauffolgenden Podiumsdiskussion mit Renate Künast, Bundesministerin a.D. und Teilnehmerin an den Gesprächen, Philipp Amthor, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung und Daniela Schwarzer besprochen. Mit Blick auf Debattenkultur und Berichterstattung über Politik betonte Künast: „Es gibt einen Unterschied zwischen reinem Schlechtreden und sachlicher, konstruktiver Kritik“. Auch Daniela Schwarzer stellt fest: „Personen in der Öffentlichkeit sind immer Projektionsfläche“. Um Berufspolitik weiterhin attraktiv zu gestalten, brauche es klare Regeln, die im Parlament vorgelebt werden, aber auch stärkere Unterstützungsstrukturen aus Verwaltung, Parteien und Fraktionen.


