Das gerade beschlossene Rentenpaket hat viele Probleme in der Rentenversicherung nicht gelöst. Doch statt in den Rückspiegel zu schauen und zu bedauern, was nicht getan wurde, sollte der Blick nach vorne gerichtet werden. Eine entscheidende Antwort auf den demographischen Wandel ist die Flexibilisierung des Renteneintrittsalters. Dadurch kann den Bedürfnissen der heterogen alternden Bevölkerung am besten begegnet werden.
Zwar wurde die Rentenreform von einer großen Mehrheit aus CDU/CSU und SPD abgesegnet, doch es gab auch Widerstand aus den eigenen Reihen. "Ich habe dem Koalitionsvertrag nicht zugestimmt, weil er bei diesem Punkt in seiner Stoßrichtung zu gegenwarts- und zu wenig zukunftsorientiert ist", sagte Dr. Carsten Linnemann MdB. In einer Zeit, in der der demographische Wandel spürbar eintrete, weil die Generation der Babyboomer ab dem nächsten Jahr in Rente gehe und jährlich im Schnitt 300.000 mehr Arbeitnehmer den Arbeitsmarkt verlassen, als hinzukommen, sei das ein Problem, so der Bundesvorsitzende der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU.
„Mütterrente ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“
"Wir müssen uns fragen, wie wir mit den Menschen umgehen, die ihr Leben lang in das Rentensystem eingezahlt haben, am Ende aber nicht von ihrer Rente leben können", erklärte Dr. Martin Rosemann MdB. "Und wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es eine gesellschaftliche Realität gibt, die große Widerstände gegen ein späteres Renteneintrittsalter hervorruft. Deshalb brauchen wir das Vertrauen der Menschen, damit sie die notwendigen Schritte mitgehen", so der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiker. Angesichts der Gesamtkosten in Höhe von zirka 60 Milliarden Euro betrage der Anteil, der durch die 'abschlagsfreie Rente mit 63 für langjährig Versicherte' entstehe, nur neun bis elf Milliarden Euro. Der Großteil der Kosten werde durch die beschlossene Mütterrente verursacht. "Die Mütterrente ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", entgegnete Linnemann. Daher müsse sie eigentlich auch von allen mitfinanziert werden.
‚Rente mit 63‘ : ein falsches Signal
Die beschlossene ‚Rente mit 63‘ ärgere ihn, weil sie in erster Linie auf die Klientel von SPD und Gewerkschaft abziele, sagte Prof. Dr. Georg Cremer. „So zu tun, als sei ein späteres Renteneintrittsalter trotz des demographischen Wandels nicht so wichtig und könne zurückgenommen werden, ist ein falsches Signal", kritisierte der Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes.
Auch Markus Kurth MdB wandte sich gegen die ‚Rente mit 63‘, weil die Politik mit ihr und der Mütterrente eine langfristig schwerwiegende Hypothek aufnehme. „Der kleine finanzielle Spielraum, den wir uns hart an anderer Stelle erarbeitet haben, wird durch diese Maßnahmen wieder genommen", so der Rentenpolitische Sprecher der Grünen. Am Ende führe kein Weg daran vorbei, dass ein höheres Renteneintrittsalter und höhere Rentenbeiträge gesellschaftlich akzeptabel gemacht werden müssten.
Flexibilität beim Renteneintrittsalter
Für Linnemann müsse die Flexibilität beim Renteneintritt künftig mehr in den Fokus rücken und er kritisierte in dem Zusammenhang die Kommunikationspolitik der Deutschen Rentenversicherung. „Wir müssen nicht mit 63 von hundert Prozent sofort auf null gehen, aber in Deutschland bekommt man ein halbes Jahr vor dem 65. Lebensjahr einen Bescheid, in dem man aufgefordert wird, die Rente zu beantragen." Dabei sei es besser, wenn einem die Alternativen aufgezeigt würden, zum Beispiel, dass sich die Rente bis ans Lebensende um 25 Prozent steigere, wenn man drei Jahre länger arbeite. Dem stimmte auch Cremer zu. „Es muss im Rentensystem eine versicherungsmathematisch begründete Regelung geben, wie Menschen je nach persönlicher Lebenslage länger und kürzer mit Zu- und Abschlägen gerecht in Rente gehen können."