Die Lage der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen insgesamt ist aktuell günstig wie lange nicht mehr. Dabei profitiert der Bund von der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt, der damit verbundenen gestiegenen Zahl an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und der lang andauernden Niedrigzinsphase. Nichtsdestotrotz bleiben die öffentliche und auch die private Investitionsschwäche weiterhin bestehen.
Wie der Investitionsschwäche unter Berücksichtigung der Schuldenregel nachhaltig entgegengesteuert werden kann, war eine der zentralen Fragestellungen einer gemeinsam veranstalteten Podiumsdiskussion der Landesvertretung Baden-Württemberg und der Bertelsmann Stiftung Mitte Juni in Berlin. Als Diskussionsgrundlage dienten dabei die folgenden Hauptergebnisse zweier Studien aus dem Projekt „Inclusive Growth“ der Bertelsmann Stiftung – „Schulden- und Investitionsregel: Zwei Seiten einer Medaille?“ sowie „Öffentliche Investitionen und inklusives Wachstum“ – die vor über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorgestellt wurde:
(1) Eine Verstetigung und eine Steigerung der öffentlichen Investitionen kollidieren nicht mit der Schuldenregel und der schwarzen Null.
(2) Eine Verstetigung und eine Steigerung von öffentlichen Investitionen in den Bereichen (Kitas und Schulen, digitale und klassische Infrastruktur, Wohnungsbau) führen zur Steigerung makroökonomisch relevanter Kennziffern wie Produktivität und Beschäftigung und zu verteilungspolitisch begrüßenswerten Ergebnisse wie der Senkung der Armutsquote und der Beschäftigtenzahl im Niedriglohnsektor ohne dabei – wie häufig angenommen – die Staatsquote zu erhöhen.
Darauf aufbauend diskutierten Andreas Esche, Director des Programms Nachhaltig Wirtschaften, und Gisela Splett, Staatssekretärin im Finanzministerium Baden-Württemberg mit Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Dr. Matthias Kollatz-Ahnen, Finanzsenator in Berlin, und Dr. Christian Kastrop, Director der Abteilung für wirtschaftspolitische Analysen der OECD, wie eine Erhöhung und eine Verstetigung insbesondere öffentlicher Investitionen gewährleistet werden könnte.
Die Panelisten waren sich einig, dass dabei die Frage nach einem zukunftsweisenden und produktivitätsorientierten Investitionsbegriff eine zentrale sei. Auch die Idee, der Ergänzung der Schuldenregel um eine Investitionsregel, böte einen guten Denkanstoß, um die Idee der Verstetigung voranzutreiben, die dringend von Nöten sei, um auf allen Ebenen Planungssicherheit zu gewährleisten.
„Wir müssen weiter an der Frage arbeiten, wie wir die öffentlichen Investitionen umgesetzt bekommen. Der Bedarf ist da, das Geld in den meisten Fällen auch, nur das „wie“ ist noch ungeklärt“, so Werner Gatzer.
Mit Blick auf den Bundestagswahlkampf und der andauernden Debatte um die Verwertung der deutschen Haushaltsüberschüsse stimmten die Panelisten überein, dass Steuersenkungen zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn machen – vielmehr müsse die Devise „investieren und konsolidieren“ gelten.