Zahlreiche Menschen, einige mit Einkaufstüten in der Hand, laufen quer über eine Straße nahe einer Fußgängerzone.
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, Studie: Geringverdiener leiden unter steigenden Lebenshaltungskosten

Der finanzielle Spielraum von Haushalten mit geringem Einkommen hat sich zwischen 1998 und 2013 verringert. Ausgaben für Mieten und andere Grundbedürfnisse wachsen schneller als das Einkommen. Haushalte mit niedrigem Einkommen und Alleinerziehende in Städten sind von dieser Entwicklung besonders betroffen. Dies zeigt eine Studie der Prognos AG in unserem Auftrag.

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Zwischen 1998 und 2013 sind die durchschnittlich verfügbaren Nettoeinkommen aller Haushalte in Deutschland angestiegen – nominal von rund 2.600 auf rund 3.100 Euro. Allerdings gibt es starke Unterschiede zwischen den Einkommensgruppen. Während das durchschnittliche Einkommen des oberen Einkommensviertels um 23 Prozent gewachsen ist, stieg das Einkommen des unteren Viertels nur um zehn Prozent.

Dies drückt sich auch in absoluten Zahlen aus: Während ein Niedrigverdiener-Haushalt 2013 im Schnitt nominal monatlich 99 Euro mehr als 1998 zur Verfügung hatte, konnte das obere Viertel der Haushalte 1.140 Euro mehr ausgeben oder beiseitelegen.

Steigende Mieten fressen den Einkommenszuwachs auf

Trotz des Einkommenanstiegs verringte sich für das Viertel der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen der Spielraum zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und für Investitionen in Bildung. Denn die Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Wohnen, Nahrung und Kleidung stiegen schneller als das Einkommen. So gab ein Haushalt mit niedrigem Einkommen 2013 nominal 19 Prozent beziehungsweise 141 Euro im Monat mehr für Grundbedürfnisse aus als noch 1998.

Hauptverantwortlich hierfür waren die steigenden Ausgaben fürs Wohnen, die für die Haushalte mit niedrigem Einkommen 2013 im Schnitt nominal um 102 Euro höher lagen als 1998. Diese Haushalte schränkten ihre Ausgaben an anderer Stelle ein. Für Teilhabe am gesellschaftlichen und ökonomischen Leben wie Freizeitgestaltung, Unterhaltung und Kultur gab diese Gruppe 2013 zwei Prozent weniger aus als 1998. Alle anderen Einkommensgruppen gaben 2013 in allen Kategorien mehr aus.

Durch die unterschiedlich wachsenden Einkommen und Lebenshaltungskosten öffnet sich auch die soziale Schere zwischen einkommensstarken und -schwachen Gruppen. Die beiden Gruppen haben unterschiedliche Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe und den Vermögensaufbau. Je höher das Einkommen, desto weniger geben die Haushalte prozentual für ihre Lebenshaltungskosten aus. Niedrigverdiener-Haushalte (bis 1.569 Euro monatliches Nettoeinkommen) mussten 2013 82 Prozent ihres Einkommens für Grundbedürfnisse ausgeben, Besserverdienende (ab 4.114 Euro monatliches Nettoeinkommen) hingegen nur 49 Prozent.

Miete statt Museum: Alleinerziehenden fehlt Geld für soziale Teilhabe

Alleinerziehende mit niedrigem Einkommen sind von dieser Entwicklung besonders betroffen. Zwar ist auch ihr nominales Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1998 und 2013 um 19 Prozent beziehungsweise 200 Euro pro Monat gestiegen. Doch sind bei ihnen die Ausgaben für Grundbedürfnisse noch stärker gewachsen, nämlich um 25 Prozent. Aus diesem Grund schränken sich Alleinerziehenden-Haushalte mit niedrigem Einkommen nachweislich ein: 2013 gaben sie weniger für gesellschaftliche Teilhabe aus als noch 1998.

Der größte Treiber für die wachsenden Kosten bei Grundbedürfnissen sind die Wohnkosten. Die unterste Einkommensgruppe musste 2013 37 Prozent des Einkommens für Wohnen ausgeben, die oberste lediglich 17 Prozent. Jüngsten Zahlen der Bundesregierung zufolge haben die Mieten gerade in großen Städten weiter zugelegt. Demnach sind die Mietpreise in Deutschland von 2012 bis 2015 insgesamt um 10,6 Prozent gestiegen, von 2015 auf 2016 um weitere fünf Prozent.

"Der finanzielle Spielraum von Geringverdienern hat sich trotz steigender Einkommen bis 2013 deutlich verkleinert", kommentiert Studienleiter Armando García Schmidt die Ergebnisse. Wachsende Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Mieten schränkten die Möglichkeiten der Geringverdiener ein, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, in Bildung zu investieren oder Vermögen aufzubauen. "Wollen wir inklusives Wachstum, muss gegengesteuert werden. Investitionen in bezahlbaren Wohnraum, vor allem in den wachsenden urbanen Zentren des Landes, wären ein wichtiger Schritt", so García Schmidt weiter.

Die Kernergebnisse der Studie im Überblick. Sie können diese Grafik auf der rechten Seite (in mobiler Ansicht: unten) herunterladen.

Publikationen

Publikation: Inklusives Wachstum für Deutschland 9: Grundbedürfnisse und Teilhabe in Deutschland: Wer kann sich was leisten?