Der ukrainische Präsidentschaftskandidat Vitali Klitschko hat die Vorfälle auf der Krim-Halbinsel als "unglaubliche Aggression Russlands" verurteilt. Es handle sich um einen "bewaffneten Einbruch". Klitschko sprach im Rahmen einer Europa-Konferenz der Bertelsmann Stiftung und der Konrad-Adenauer Stiftung.
Der prominente Oppositionspolitiker aus der Ukraine war bereits vor einigen Monaten nach Paderborn geladen worden, als die Demonstrationen auf dem Maidan-Platz in Kiew ihren Anfang nahmen. Von einer Kandidatur als Präsident der Ukraine oder den jüngsten Spannungen konnte damals noch niemand etwas ahnen. Doch bis zur letzte Minute hatte Klitschko seinen Teilnahmewunsch aufrechterhalten, musste am Vorabend wegen der Spannungen auf der Krim seinen Besuch absagen.
Klitschko wies in der Liveschaltung Berichte zurück, wonach es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der mehrheitlich russischen Bevölkerung mit der ukrainischen Minderheit gekommen sei. "Ich betone, es gibt keinen Konflikt zwischen den Bürgern", so Klitschko. (Die vollständigen Ton-Mittschnitt) Klitschko wirkte während seines Statements angespannt und sehr ernst. Er bedankte sich mehrfach ausdrücklich bei der bisher geleisteten Unterstützung der EU, in der seit nun drei Monaten dauernden Auseinandersetzung. Gleichzeitig appellierte an die westliche Wertegemeinschaft, dass sie ihre Hilfe fortsetze müsse und die Ukraine auf dem Weg zu politischer und wirtschaftlicher Stabilität unterstütze. Dazu müsse der Konflikt mit Russland friedlich gelöst werden, um die Stabilität einer ganzen Region nicht zu gefährden. Zudem müssten die Folgen der Regierungszeit Janukowitschs überwunden werden. "Unser Land ist das chaotischste weltweit", so Klitschko, "deswegen brauchen wir dringend Reformen."
Laut Elmar Brok, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, wird es keine Lösung des Konflikts gegen Russland geben können. Er sprach sich daher dafür aus, zum Kern der Auseinandersetzung, dem Assoziierungs- und Handelsabkommen, zurückzukommen. "Wir nehmen die russischen Sorgen ernst, müssen aber gleichzeitig deutlich machen, dass diese unbegründet sind. Die Ukraine wird auch zukünftig ihre Produkte für den russischen Markt produzieren und wichtiger Handelspartner Russlands bleiben", so Brok.
Hinsichtlich möglicher finanzieller Hilfen an das Land, warnte Dr. Richard Böger, Vorsitzender der Bank für Kirche und Caritas vor einer Übernahme der Altschulden der Ukraine. Diese belaufen sich auf ca. 20 Milliarden Euro. Besser seien eine geordnete Insolvenz und der Aufbau neuer Strukturen, die zweifellos teuer genug werden dürften. "Auch wenn das in den nächsten Wochen ein paar Euros kostet, müssen wir die Ukraine stützen, damit sie die Situation durchsteht. Es wird gerade Weltgeschichte geschrieben. Das globale Gleichgewicht steht infrage", so Broks Begründung.
Für Armin Laschet, der als ehemaliger Europa-Parlamentarier über die Erfahrungen der EU-Nachbarschaftspolitik referierte kommt es nun vor allem darauf an, dass Russland sich nicht weiter provoziert fühle. "Wir bewegen uns auf ganz dünnem Eis", warnte er. Es brauche in der jetzigen Phase besonnene und kluge Köpfe. Zudem müsse an das ukrainische Volk die Botschaft ergehen: "Ihr seid nicht alleine". Brok ergänzte, dass die EU deutlich machen müsse, dass das Verhalten Russlands inakzeptabel sei. Jedes Land sei frei in seinen Entscheidungen, die territoriale Integrität anzuerkennen.