Unter dem Titel „Which convergence for the euro area?“ diskutierten am 3. Dezember auf Einladung der Bertelsmann Stiftung und des Jacques Delors Instituts europäische Entscheidungsträger über die Frage, wieviel wirtschaftliche Konvergenz der Euroraum braucht.
Knapp 80 Teilnehmer kamen der Einladung der Bertelsmann Stiftung und des Jacques Delors Instituts nach, um sich über die Zukunft der Eurozone auszutauschen. In drei hochrangig besetzten Panels diskutierten Experten über die Fragen, welche Form der Konvergenz für die Währungsunion wichtig ist, welche (zusätzlichen) Regeln benötigt werden, und wie man den Euroraum reformieren muss, um ihn langfristig krisenfest zu machen.
Auf dem ersten Panel unter Leitung von Iain Begg, Professor an der London School of Economics, stellten Bergljot Barkbu, stv. ständige Vertreterin des Internationalen Währungsfonds bei der EU, und Ettore Dorrucci, Abteilungsleiter in der Europäischen Zentralbank, ihre neusten Analysen zur Konvergenz in der Eurozone vor. Demnach fand zwischen 1999 und 2014 keine Konvergenz in der Eurozone statt, da Länder mit hohem Pro-Kopf-BIP schneller gewachsen sind als Länder mit geringem BIP je Einwohner. Darüber hinaus fand eine umfassende Konvergenzprüfung nur vor der Euro-Einführung statt, danach nicht mehr.
Prof. Dr. Henrik Enderlein, Direktor des Jacques Delors Instituts – Berlin (JDI) und Professor an der Hertie School of Governance, stellte die gemeinsame Studie der Bertelsmann Stiftung und dem JDI vor. Die Studie „What kind of convergence does the euro area need?“ erklärt, warum der Euroraum neue Konvergenzziele braucht und schlägt drei einfache Regeln und Indikatoren vor, die im Fokus eines neuaufgelegten Konvergenzprozesses stehen sollten:
- Konvergenz der Preise, gemessen als Annäherung an die durchschnittliche Inflationsrate im Euroraum
- Konvergenz in der Wettbewerbsfähigkeit, gemessen als Annäherung an die durchschnittlichen nominalen Lohnstückkosten im Euroraum
- Konvergenz der externen Ungleichgewichte, gemessen auf Grundlage der Leistungsbilanzen
Im zweiten Panel, das von Pascal Lamy,ehem. WTO-Generaldirektor und Präsident Emeritus des Jacques Delors Institute in Paris moderiert wurde, ging es um die Frage, wie die strukturellen Begebenheiten der Euro-Länder verbessert werden können. Catherine L. Mann, Chefökonomin der OECD, bekräftigte in ihrem Vortrag, dass Strukturreformen und eine Vertiefung des Binnenmarkts zentral für die Effektivität der Geld- und Fiskalpolitik in der Eurozone seien. Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank, sprach sich für mehr Flexibilität auf den Arbeitsmärkten aus. Neben positiven Beschäftigungseffekten würden die damit verbundenen grenzüberschreitenden Wanderungsbewegungen auch zu mehr Konvergenz im Euroraum führen.
Karl Pichelmann, Senior-Berater der Europäischen Kommission für den Makroökonomischen Dialog, wies darauf hin, dass der Status-Quo der strukturellen und institutionellen Konvergenz innerhalb der Eurozone zu niedrig sei und stellte Kernelemente der Reformpläne hin zu einer „vollständigen“ Währungsunion vor.
Das Abschlusspanel wurde von Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung,geleitet. Er diskutierte mit László Andor, ehem. EU-Kommissar für Arbeit und Soziales, Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Gertrude Tumpel-Gugerell, ehem. Mitglied des EZB-Direktoriums, und Steffen Kampeter, Mitglied des deutschen Bundestages, darüber, wie man die notwendigen Reformen der Eurozone politisch umsetzen und demokratisch legitimieren kann. Dabei ging es unter anderem um die Frage, welcher Akteur oder welche Institutionen die treibende Kraft bei den Reformen sein sollte. Ferner wurde debattiert, ob die Eurozone langfristig nur mit Vertragsänderungen stabilisiert werden könne. Einigkeit herrschte unter den Referenten darüber, dass neben institutioneller Reformen dringend über Maßnahmen entschieden werden müsse, die Wachstum und Innovation in der Eurozone fördern.