Langzeitaufnahme von der U-Bahn-Station in New York

Jede:r Zweite in Deutschland und den USA wünscht sich eine besser funktionierende Demokratie

Sowohl in den USA als auch in Deutschland ist nur gut die Hälfte der Menschen damit zufrieden, wie in ihrem Land die Demokratie funktioniert. Auch das Zutrauen in die Regierungen, aktuelle Probleme zu lösen, ist begrenzt. Die Ergebnisse werden beim heute beginnenden Deutsch-Amerikanischen Zukunftsforum am Rande des Treffens der G7-Außenminister:innen in Münster vorgestellt.

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Isabell Hoffmann
Senior Expert Europäische Integration

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Der Krieg gegen die Ukraine, die Energiekrise, die hohe Inflation sowie die Nachwirkungen der Pandemie stellen die Menschen in Deutschland und den USA vor große Herausforderungen. Unter den Dauerkrisen leidet offenbar auch das Zutrauen in die Funktionsfähigkeit der Demokratie. Nur etwas mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland (54 Prozent) gibt an, dass sie damit zufrieden ist, wie in ihrem Heimatland die Demokratie funktioniert. Im März sagten das noch 66 Prozent. Damit sind die Deutschen ganz nah bei den US-Amerikaner:innen, von denen 55 Prozent angeben, dass bei ihnen das demokratische System intakt ist. Die Befragten äußern auch Zweifel daran, dass die jeweiligen Regierungen den aktuellen Herausforderungen gewachsen sind. So gibt mit 47 Prozent weniger als die Hälfte der Umfrageteilnehmer:innen aus Deutschland an, dass sie der Bundesregierung zutraut, die drängendsten Probleme anzugehen. Die US-amerikanische Regierung schneidet nicht viel besser ab: Lediglich 49 Prozent der US-Bürger:innen zeigen sich mit ihrer Arbeit zufrieden. Das geht aus der neuen Umfrage von eupinions, dem europäischen Meinungsforschungsinstrument der Bertelsmann Stiftung, hervor.

Vorgestellt werden die eupinions-Ergebnisse beim Deutsch-Amerikanischen Zukunftsforum am 2. und 3. November in Münster. Organisiert vom US State Department, dem Auswärtigen Amt, der Bertelsmann Stiftung und dem American Institute for Contemporary German Studies (AICGS), findet das Forum am Rande des Treffens der G-7-Außenminister:innen statt. Es bringt Expert:innen und Nachwuchskräfte aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und den beiden Regierungen zusammen, damit sie gemeinsame Positionen zum Thema Demokratie und Digitalisierung erarbeiten.

"Das Deutsch-Amerikanische Zukunftsforum will die Bedeutung der Demokratie innen- und außenpolitisch hervorheben, indem Expert:innen aus Politik, Wirtschaft, Technologie, Wissenschaft und Medien konkrete, gemeinsame Vorhaben entwickeln", sagt Ralph Heck, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung.

Angesichts des technologischen Wettrennens mit autoritären Systemen müssen unsere Demokratien nachhaltig stärker und resilienter werden. Dazu trägt die Bertelsmann Stiftung mit ihrer Arbeit, aber auch mit der Unterstützung dieses neuartigen Konferenzformats bei.

Ralph Heck, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung

Gemeinsamer Auftritt von Annalena Baerbock und Antony Blinken

"Das Fundament der Demokratie ist in Deutschland und den USA noch immer stark, aber angesichts der gegenwärtigen Belastungen sehen wir erste Risse. Die Politik muss diese Entwicklung ernst nehmen und den Menschen zeigen, dass eine demokratische Gesellschaft in der Lage ist, die Probleme zu bewältigen", betont Isabell Hoffmann, Europaexpertin und Gründerin von eupinions. Cathryn Clüver Ashbrook, Transatlantik-Expertin der Bertelsmann Stiftung, ergänzt: "Veränderungen lösen auch Stress aus. Da ist es wichtig, dass vor allem junge Menschen aus den USA und Deutschland Ideen und Konzepte dazu austauschen, wie die Demokratie – auch durch die Möglichkeiten der Technologie – gestärkt werden kann. Mit dem Zukunftsforum möchten wir einen Beitrag dazu leisten."

Eröffnet wird das Zukunftsforum von der deutschen Botschafterin in den USA, Emily Haber, sowie der US-Botschafterin in Deutschland, Amy Gutmann. Zudem liefert die Politökonomin und Transformationsforscherin Maja Göpel Anregungen zu der Frage, wie sich unsere Demokratien zukunftsfest durch große gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungsprozesse steuern lassen. Im Anschluss an vier Workshops zu den unterschiedlichen Herausforderungen für demokratische Gesellschaften wird Ralph Heck Impulse zur Zukunftsfähigkeit der Demokratie geben. Höhepunkt der Konferenz ist ein gemeinsamer Auftritt von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und US-Außenminister Antony Blinken am 3. November. Die von ARD-Journalist Ingo Zamperoni moderierte Panel-Diskussion zum Thema "Demokratie und Digitale Welt – Wie schaffen wir eine resiliente Demokratie?" findet von 13 bis 14 Uhr statt und lässt sich via Livestream verfolgen.

Digitalisierung wird als Chance für die Demokratie wahrgenommen

Die digitale Transformation ist für die Demokratien in Deutschland und den USA eine große Herausforderung. Bei diesem Thema offenbart die Befragung einen markanten Unterschied: Während 91 Prozent der Bundesbürger:innen für sich in Anspruch nehmen, zu wissen, was Digitalisierung bedeutet, äußert das auf amerikanischer Seite nur die Hälfte der Befragten. Als Bedrohung nehmen weder die Menschen in den USA noch die in Deutschland die Digitalisierung wahr. 70 Prozent der Deutschen und 77 Prozent der Amerikaner:innen verneinen das. Passend dazu äußern jeweils mehr als zwei Drittel der Befragten die Ansicht, dass die Digitalisierung für die Demokratie mehr Chancen als Risiken berge. Auch für sich persönlich sehen die US-Bürger:innen (86 Prozent) ganz ähnlich wie die Deutschen (82 Prozent) die Digitalisierung als positiv an. Allerdings finden jeweils rund drei Viertel der Menschen, dass der Schutz der Privatsphäre politische Priorität haben sollte. "Generell nehmen zwei Drittel der Deutschen und Amerikaner:innen Digitalisierung als positiv wahr. Das gilt aber nicht für alle Aspekte der Digitalisierung", sagt Isabell Hoffmann. So ist jeweils nur fast die Hälfte der Befragten der Meinung, dass soziale Medien die öffentliche Debatte verbessert haben.

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