Die gesamte Diskussion war begleitet von der Frage, warum wir Menschen negative Eindrücke stärker wahrnehmen als positive.
"Auf uns prasseln täglich zu viele negative Nachrichten ein" so die Medienpsychologin Maren Ur-ner. Jedoch liege die Fokussierung auf das Negative auch in der menschlichen Natur: "Wir nehmen singuläre, negativen Ereignisse, die nicht die Mehrheit des Weltgeschehens ausmachen, stärker wahr als positive Nachrichten". Das liege an den mehrheitlich negativ geprägten Nachrichten, aber auch am menschlichen "Steinzeit-Gehirn", das für das menschliche Überleben stärker auf Gefahren ausgerichtet sei. Die Aufmerksamkeit der Menschen ist damit höher bei negativen Nachrichten. Evolutionsbiologisch sei dies ein sinnvoller Schutzmechanismus, in anderen Zusammenhängen könne die so gesteuerte Wahrnehmung hingegen zu Überforderung und in der Folge zu Passivität führen. "Wenn sich Menschen vom Weltgeschehen, aus Furcht oder Selbstschutz, immer stärker abwenden, schadet es langfristig auch der Demokratie", schlussfolgerte Urner.
Dadurch erodiere langfristig gesehen das Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen. Eine so beförderte Abwendung von der Demokratie dürfe man nicht zulassen, da waren sich alle einig. Der Bundespräsident wies auf das Ergebnis einer jüngst veröffentlichten Studie hin: "Immer weniger Menschen halten unser politisches System für eine besondere Stärke unseres Landes. Nicht einmal die Hälfte der Befragten traut unserem Staat zu, handlungsfähig zu sein." Dabei sei es genau andersherum: "Nur die Demokratie", so der Bundespräsident, "gibt uns die Möglichkeit zur Selbstkorrektur", und sei daher die "Staatsform der Mutigen". Denn wer sich ohnmächtig fühle, könne nicht mitreden, nicht entscheiden, nicht verändern, so der Bundespräsident.
Das unterstrich auch Steven Pinker, der in seinen Beiträgen mehrere leidenschaftliche und zugleich faktenreiche Plädoyers für die Demokratie hielt. Im Vergleich mit Autokratien, das zeigten alle Daten, würden die Menschen in Demokratien deutlich gesünder leben, mehr Freiheit und Wohlstand genießen, so Pinker. Auch die Erzählung über ein langsames Sterben der Demokratien, konnte er nicht bestätigen: "Wir konzentrieren uns zu häufig auf die negativen Beispiele in Russland oder der Türkei" wo demokratische Institutionen zurückgebaut werden. Dabei, so der Harvard-Professor, verlören wir die zahlreichen positiven Beispiele wie Nigeria, Tunesien, Äthiopien oder Armenien aus dem Blick, wo die Demokratie in den letzten Jahren enorme Fortschritte erreicht habe, so Pinker, auch wenn diese Prozesse nicht immer linear verliefen.