Ob US-Präsident Donald Trump oder jüngst der sozial-liberale französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron – was die deutschen Exporte angeht ist der Tenor stets der Gleiche: Die Bundesrepublik exportiert zu viel, konsumiert selbst zu wenig ausländische Waren und schafft so ein Ungleichgewicht, unter dem gerade exportschwache Handelspartner leiden. Doch stimmt das? Unsere Reihe "Makro-Mythen" klärt auf.
Deutsche Exporte – eine Gefahr für die Weltwirtschaft?
Seit Jahren erwirtschaftet die Bundesrepublik hohe Exportüberschüsse. Im Ausland stößt das auf wenig Gegenliebe. Die Deutschen exportierten zu viel, konsumierten selbst zu wenig fremde Produkte und lebten so auf Kosten ihrer Handelspartner, war zuletzt aus Paris und Washington zu hören. Unser Wirtschaftsexperte Thieß Petersen analysiert, was an diesen Vorwürfen dran ist.
Ganz allgemein: Welche Folgen haben Exportüberschüsse?
1. Ein Exportüberschuss wirkt sich positiv auf den Arbeitsmarkt eines Landes aus: Das Land produziert mehr Güter, als es verbraucht. Würde es nur Dinge herstellen, die es selbst braucht, wären weniger Arbeitskräfte nötig. Der Exportüberschuss hat so eine geringere Arbeitslosigkeit zur Folge. Das wiederum entlastet die öffentlichen Kassen, da weniger Ausgaben für Arbeitslose anfallen und es gleichzeitig höhere Steuereinnahmen gibt.
2. Das Land baut Vermögen gegenüber dem Ausland auf, weil es mit seinen Exporten mehr einnimmt, als es für die im Ausland erworbenen Güter und Dienstleistungen (Importe) ausgibt.
Warum hat Deutschland hohe Exportüberschüsse?
Für die Exportüberschüsse der deutschen Wirtschaft gibt es neben der Qualität der hiesigen Produkte zwei zentrale Ursachen:
1. Eine schwache Binnennachfrage nach eigenen Produkten: Die Deutschen konsumieren und investieren derzeit zurückhaltend. Stattdessen sparen sie lieber. Das hat zur Folge, dass die in der Bundesrepublik produzierten Güter für einen Exportüberschuss bereitstehen.
2. Die Mitgliedschaft in der europäischen Währungsunion: Im Gegensatz zur D-Mark wird der Euro in Deutschland nicht mehr aufgewertet. Genau das aber könnte im Falle eines flexiblen Wechselkurses den Exportüberschuss abbauen.
Weshalb können die deutschen Exportüberschüsse problematisch sein?
Exportüberschüsse sind – ebenso wie Importüberschüsse – zunächst einmal weder gut noch schlecht. Sie resultieren daraus, wie sich Konsumenten und Unternehmen ökonomisch entscheiden. Trotzdem können unsere Exportüberschüsse zum Problem werden:
1. Dem höheren Beschäftigungsniveau in Deutschland stehen geringere Beschäftigungsniveaus in den Ländern mit einem Importüberschuss gegenüber. So gesehen exportiert Deutschland seine Arbeitslosigkeit.
2. Da sich Deutschland stark auf Exporte konzentriert, ist sein wirtschaftliches Wohl sehr davon abhängig, wie sich die weltweite Konjunktur entwickelt. Gerät die Weltwirtschaft in Turbulenzen, kommt es hierzulande zu überdurchschnittlichen Produktionseinbrüchen. Sollte die Weltwirtschaft zukünftig langsamer wachsen – beispielsweise weil die Konjunkturlokomotive China ausfällt – wirkt sich die schwache Binnennachfrage negativ auf unsere gesamtwirtschaftliche Entwicklung aus.
3. Sofern in den Ländern mit Importüberschüssen die Arbeitslosigkeit immer weiter steigt, es zu sozialen Folgeproblemen kommt und sich die Staaten im Ausland weiter verschulden, besteht die Gefahr, dass sie mit protektionistischen Maßnahmen reagieren. Das zieht häufig entsprechende Maßnahmen ihrer Handelspartner nach sich. Ein Protektionismus-Wettlauf könnte entstehen. Für exportorientierte Nationen wie Deutschland würde das einen starken Wirtschaftsabschwung und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit bedeuten.
4. Das deutsche Vermögen, das mithilfe von Exportüberschüssen gegenüber dem Ausland gebildet wurde, verliert an Wert, wenn es zu einem Bankrott ausländischer Unternehmen und Staaten kommt oder wenn die Währung des Auslands stark abgewertet wird. In beiden Fällen hätte Deutschland seine Güter gegen wertlose Zahlungen eingetauscht und im Extremfall letztendlich verschenkt.
Was aber tun, um die deutschen Exportüberschüsse zu reduzieren? Lesen Sie dazu die komplette Analyse von Thieß Petersen.