"Kein Kind zurücklassen!" wirkt und lohnt sich
Nach der Auswertung in 18 Modellkommunen wird "Kein Kind zurücklassen!" nun für alle Städte und Gemeinden in NRW geöffnet. Brigitte Mohn, Mitglied des Vorstandes der Bertelsmann Stiftung, und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft stellten am Donnerstag in der Staatskanzlei in Düsseldorf den Abschlussbericht des Modellprojektes vor.
Mit dem Abschlussbericht ist es nun deutlich: Die Präventionsmaßnahmen des Modellprojekts "Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor" helfen sozial benachteiligten Kindern. Wo und wie die Aktionen am meisten wirken, analysierten sechs Forschungsorganisationen im Auftrag und in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung. Mit dem Abschlussbericht wird nun Bilanz gezogen.
Betrachtet man, wie viele Kinder in NRW in materieller Armut aufwachsen, wird sichtbar, wie wichtig eine präventive Politik ist. Im Jahr 2014 lebte im westdeutschen Bundesland knapp ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren in Familien, die Sozialgeld nach SGB II beziehen. In einzelnen Städten im Ruhrgebiet waren es sogar zwischen 30 und 40 Prozent.
Was die Daten zeigen
Die Analyse der kommunalen Daten zeigt, wie Präventionspolitik bei Kindern die Chancen für ein gelingendes Aufwachsen verbessert: Ein früher Kitabesuch, Sport im Verein und der Besuch eines Familienzentrums oder einer "plusKita" fördern nachhaltig die Sprachbildung junger Menschen. Das Risiko mangelhafter Deutschkenntnisse bei armen Kindern sinkt dadurch von 38 auf acht Prozent.
Erfolgreiche Angebote
Die Untersuchungen machen des Weiteren deutlich, wie und welche Unterstützungsangebote Familien in Risikolagen und akuten Belastungssituationen erreichen: Niedrigschwellige Angebote und solche, die betroffene Familien aufsuchen, machen die Qualität von Präventionsketten aus.
Die besten Präventionswirkungen gehen von sozialen Diensten und Einrichtungen aus, die zu den Regelangeboten gehören. Beratende und begleitende Angebote, wie beispielsweise die Schwangerschaftsberatung, Familienzentren oder die Erziehungsberatung, erreichen Familien in akuter Belastungssituation – und diese sogar besser als den Durchschnitt der Familien insgesamt. Insbesondere der klar verbesserte Informationsaustausch und die engere Verzahnung der Angebote gehören zu den Schlüsseln des Erfolges.
Ungenutzte Möglichkeiten
Der Gesundheits- und Bildungsbereich in der Kommune sollte stärker in die Präventionspolitik integriert und verzahnt werden. Sozial-medizinische Angebote erreichen alle Familien, finden in der Präventionspolitik bisher aber eher wenig Beachtung. Hier liegen noch ungenutzte Möglichkeiten für die Kommunen.
Im Rahmen der Untersuchung wurde außerdem festgestellt, dass es Angebote gibt, die Familien in Risikolagen schlechter erreichen. Hierzu zählen insbesondere Kurs- und Gruppenangebote, die eine regelmäßige und auf Dauer angelegte Teilnahme erfordern und oft kostenpflichtig sind.
Prävention in Landespolitik angekommen
Insgesamt bestätigen die Untersuchungen, dass die Präventionspolitik des Landes in den Kommunen angekommen ist. Prävention sei inzwischen kommunale Praxis und ein zentrales Thema der Kommunalpolitik und -verwaltung – besonders in den Modellkommunen, aber auch in den Kommunen in NRW insgesamt, so die von der Bertelsmann Stiftung im Zuge des Abschlussberichts befragten Kommunaldezernenten. Drei Viertel von ihnen gaben außerdem an, dass das Thema Prävention einen hohen oder sehr hohen Stellenwert in ihrer Kommune genießt. Dieser Wert lag vor fünf Jahren – vor Projektstart – nur bei rund 39 Prozent. In allen Modellkommunen sind Präventionsketten mit eigenen Schwerpunkten etabliert worden.
Von der Modellkommune bis zum Regelfall
Die zukünftige Unterstützung durch Wissenstransfer, Beratung und Austausch mit anderen Kommunen wird jetzt weiter nötig sein, damit das Modellprojekt Schritt für Schritt zum Regelfall wird. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft betonte, dass die Landesregierung den Ansatz von "Kein Kind zurücklassen" für alle Kommunen in NRW öffnen werde:
Zu einer guten Entwicklung der Kinder gehörten ausreichende Bewegung und gute Ernährung genauso, wie etwa Sprachförderangebote, unterstrich Ministerpräsidentin Kraft.
Entwicklungen messbar machen
Die Bertelsmann Stiftung hat ein Beobachtungssystem entwickelt, das langfristige Entwicklungen in den Kommunen messbar macht. Prävention braucht einen langen Atem: