Schüler sitzen im Stuhlkreis in einem Schulzimmer. Zwei Schülerinnen haben sich in Richtung der Kamera umgedreht und lächeln.

Gewinner des Jakob Muth-Preises für inklusive Schule stehen fest

Gemeinsamer Unterricht ist eine Chance und ein Gewinn für Kinder mit und ohne Handicap. Von einem inklusiven Bildungssystem ist Deutschland aber noch weit entfernt – vor allem an weiterführenden Schulen. Wie Inklusion in allen Schulformen gelingen kann, zeigen die Sieger unseres Jakob Muth-Preises 2016.

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Ulrich Kober
Director

Der "Jakob Muth-Preis für inklusive Schule" geht in diesem Jahr erstmals auch an ein Gymnasium. Als eines der ersten in Deutschland hat sich das Geschwister-Scholl-Gymnasium im nordrhein-westfälischen Pulheim vor drei Jahren dafür entschie­den, Kinder mit besonderem Förderbedarf aufzunehmen und zu unterrichten. Die anderen Gewinner sind die Grund- und Mittelschule Thalmässing in Bayern und die Saaleschule Halle in Sachsen-Anhalt. Damit wird der Preis erstmals in diese Bundesländer verliehen. Zudem wird der nordfriesische Schulverbund um die Pestalozzi-Schule Husum geehrt. Alle vier Preisträger überzeugten die Jury durch vorbildliche Inklusionsarbeit.  

Der Jakob Muth-Preis wird am 22. Juni in Pulheim verliehen. Mit der Auszeichnung wollen die Projektträger zeigen: Trotz teils schwieriger Rahmenbedingungen gelingt Inklusion bereits an vielen Schulen und Schulverbünden in Deutschland. Der Jakob Muth-Preis ist eine Initiative der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung und der Deutschen UNESCO-Kommission.

"Ich freue mich ganz besonders darüber, dass wir erstmals ein Gymnasium unter den Preisträgern haben. Die Arbeit für Inklusion an der Preisträgerschule ist der beste Beleg dafür, dass gemeinsames Lernen in jeder Schulform gelingt."

Verena Bentele, Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen

Inklusion ist eine der größten schulpolitischen Aufgaben Deutschlands. Seit 2009 hierzulande die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft trat, nach der alle Kinder das Recht auf den Besuch einer Regelschule haben, setzen die Bundesländer inklusiven Unterricht in unterschiedlichem Tempo um. Die Herausforderungen sind groß. Denn jeder Schüler – ob mit oder ohne Förderbedarf – soll individuell bestmöglich gefördert werden. Dafür sind Beispiele wichtig, die zeigen, wie Inklusion funktioniert.

Die Preisträger im Überblick

Das Geschwister-Scholl-Gymnasium mit seinen über 1.500 Schülern praktiziert in den Jahrgangsstufen fünf, sechs und sieben in jeweils einer Klasse inklusiven Unterricht. So kann die sonderpädagogische Betreuung von Schülern mit Förder­bedarf gebündelt werden. Begünstigt wird das inklusive Lernen durch eine ausgeprägte Kultur der individuellen Förderung und Angebote im gebundenen Ganztag. Auch durch zwei inter­nationale Willkommensklassen für Flüchtlinge ist Vielfalt im Schulleben verankert.

Die Grund- und Mittelschule Thalmässing macht unter den bayrischen Rahmenbedingungen  hervorragende Inklusionsarbeit. Schon seit 2000 nimmt die Schule Kinder mit Autismus, so genannter geistiger Behinderung und mit schweren Erkrankungen auf. Dabei werden im gemeinsamen Unterricht auch gezielt digitale Medien eingesetzt.

An der Saaleschule Halle, einer integrierten Gesamtschule in freier Träger­schaft, haben 54 von insgesamt 440 Schülern einen sonderpädagogischen Förderbedarf. Ab der zehnten Klasse können Schüler mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung eine dreijährige Berufsschulstufe besuchen. So lernen sie durch Praktika die Berufswelt kennen, während sich ihre Mitschüler aufs Abitur vorbereiten.

Die Pestalozzi-Schule in Husum steht im Zentrum des inklusiven Schulverbunds im mittleren Nordfriesland. Das Förderzentrum ist heute "eine Schule ohne Schüler": Seit dem Schuljahr 2008/09 unterrichten 35 Sonderpädagogen alle 294 Schüler mit Förderbedarf inklusiv an den 17 allgemeinbildenden Schulen des Schulverbunds in der Region. Das beinhaltet auch präventive Maßnahmen in Kindergärten, Grundschulen und weiterführenden Schu­len.