Eingeladen hatten die beiden Standorte des Lehrkräfte Plus Programms, die Universität Bielefeld und die Ruhr-Universität Bochum, sowie die Bertelsmann Stiftung. Die Tagung stieß auf bundesweites Interesse, mit Standorten von Flensburg bis Eichstätt. Während alle Standorte das Ziel eint, den geflüchteten Lehrkräften einen Wiedereinstieg in ihren Beruf zu ermöglichen, unterscheiden sich Wege und Anforderungen von Bundesland zu Bundesland erheblich.
Unterschiedliche Programme, ein Ziel: Perspektiven für geflüchtete Lehrkräfte
Ob in Potsdam, Kiel, Vechta oder Bielefeld – die universitären Programme für geflüchtete Lehrkräfte eint das Ziel, den Weg in die Schule zu ebnen. Bei der Essener Tagung „Wieder unterrichten können“ am 11. und 12. Dezember sind Programmmacher*innen, Verantwortliche aus den Ministerien und Lehrkräfte mit eigener Fluchtgeschichte dazu intensiv ins Gespräch gekommen. Diskutiert wurde unter anderem, worauf inhaltlich und mit Blick auf die Rahmenbedingungen eines Bundeslandes geachtet werden muss, um das zu erreichen.
Die Tagung wurde vom Staatssekretär des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Schule und Bildung (MSB), Mathias Richter, eröffnet. In seinem Grußwort machte er deutlich, dass Lehrkräfte mit Fluchtgeschichte die Schulen durch ihre Fachkompetenzen und interkulturellen Fähigkeiten bereichern können.
Denn inzwischen bietet das Anschlussprogramm „Internationale Lehrkräfte fördern“, das die Bezirksregierungen anbieten, eine Brücke hin zum Seiteneinstieg ins Lehramt. Durch die Kombination aus universitärem Programm und Anschlussprogramm erhalten die Teilnehmenden sowohl sprachlich wie auch didaktisch und pädagogisch die Möglichkeit, auf die Anforderungen als Lehrkraft in NRW angemessen vorbereitet zu werden.
Mit ihrem Impulsvortrag „Schule neu denken – Die Migrationsgesellschaft und ihre Lehrer*innen“ lobte Frau Professorin Karakasoglu von der Universität Bremen auf der einen Seite die Bestrebungen der Programme, den geflüchteten Lehrkräften Perspektiven in ihrem Beruf zu ermöglichen. Auf der anderen Seite wies sie darauf hin, dass auch Anforderungen an die aufnehmenden Schulen gestellt werden müssen, damit die Lehrkräfte gut aufgenommen und nicht mit Erwartungen überfrachtet werden, die kaum zu erfüllen sind. Wichtig sei, ein Bewusstsein für unterschiedliche und teilweise auch implizit diskriminierende Erwartungen zu schaffen und sie kritisch zu hinterfragen.
Kritisch wurde diskutiert, dass Lehrkräfte mit Migrationshintergrund in vielen Ländern über eine Sprachprüfung ein muttersprachliches Niveau (C2) nachweisen müssen, um in „Anpassungslehrgänge“ für Lehrkräfte mit Migrationshintergrund aufgenommen zu werden. Zum einen würden viele Muttersprachler*innen selbst die Prüfung nicht bestehen, zum anderen seien im Unterricht andere sprachliche Kompetenzen gefordert als die in den Sprachprüfungen abgefragten, so einige Expert*innen auf der Tagung. Ein Nachweis wird in allen Bundesländern verlangt – in einigen allerdings erst am Ende eines Anpassungslehrgangs, sodass die Chancen, diesen vorzulegen durch Lehrgang und den Einsatz in Schule höher sein sollten.
Eine zentrale Komponente bei der Arbeitstagung waren Austausch und Diskussion. Am ersten Tag standen dabei vier Programme im Fokus – das Potsdamer Refugee Teachers‘ Program, das Programm InterTeach aus Kiel und Flensburg, das Back to School Programm aus Vechta und Lehrkräfte Plus aus Bielefeld und Bochum. Am zweiten Tag wurde intensiv im World Café diskutiert. Die Teilnehmer*innen entwickelten dabei unter anderem Ideen zum Einsatz der Lehrkräfte an Schulen, zur inhaltlichen Ausgestaltung des pädagogischen Angebots und zu Strategien des Umgangs mit kritischen Kolleg*innen, Eltern und Schüler*innen.
Am Ende der Tagung stand fest: Ein Anfang für diversere Kollegien ist gemacht, es bleibt aber noch viel zu tun. In diesem Sinne soll der Austausch unter stärkerem Einbezug der involvierten Schulen und mit inhaltlichem Blick auf die Anforderungen einer interkulturellen Schulentwicklung fortgesetzt werden.