Je länger Kinder in Armut leben, desto negativer sind die Folgen für ihre Entwicklung und ihre Bildungschancen. Sie haben häufig kein eigenes Zimmer, keinen Rückzugsort für Schularbeiten, essen kaum oder gar kein Obst und Gemüse. Verglichen mit Kindern in gesicherten Einkommensverhältnissen sind arme Kinder häufiger sozial isoliert, gesundheitlich beeinträchtigt und ihre gesamte Bildungsbiografie ist deutlich belasteter.
Die Metastudie von Claudia Laubstein, Gerda Holz und Nadine Seddig bündelt diese Erkenntnisse, macht aber auch auf bestehende Forschungslücken aufmerksam. Denn bisher werden die Folgen von Einkommensarmut für Kinder und Jugendliche in Deutschland weder systematisch noch regelmäßig untersucht:
- Erstens steht die Vielzahl an Publikationen zum Thema in keinem Verhältnis zur deutlich geringeren Anzahl aktueller Untersuchungen. Immer wieder beziehen sich Veröffentlichungen auf bereits erfolgte Studien, deren Erhebungszeitraum inzwischen aber zum Teil weit zurückliegt. Längsschnittliche Untersuchungen liegen kaum vor.
- Zweitens wird das Messkonzept der Einkommensarmut nicht konsequent verfolgt und häufig mit dem der sozialen Ungleichheit vermischt. Selbst wenn Datensätze eine Analyse im Hinblick auf Einkommensarmut ermöglichen würden, wird das mitunter vernachlässigt.
- Drittens fehlt eine gezielte Verknüpfung von qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden. Erkenntnisse über Wirkmechanismen aus qualitativen Studien können so nicht durch quantitative Designs belegt werden.
Die Wissenschaftlerinnen vom ISS fordern, dass vorhandene Datensätze systematisch mit Blick auf die Folgen von Armut ausgewertet und um Fragen zu Einkommensarmut ergänzt werden. Zudem sind Studien notwendig, die die Dauer des Armutserlebens in Kindheit und Jugend stärker in den Blick nehmen.