Containerschiff unter deutscher Flagge mit angedeuteten Börsenkursen

Außenwirtschaft unter Druck – Handelspolitische Themen für die nächste Bundesregierung

Deutschlands exportorientierte Wirtschaft hat in den letzten beiden Jahrzehnten wie kaum eine andere von einem günstigen globalen Handelsumfeld profitiert. Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt oder indirekt vom Export ab. Dabei gehen rund 46 Prozent der deutschen Exporte in Nicht-EU-Länder. Im aktuellen internationalen Umfeld steht sie aber gerade deshalb unter großem Druck.

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Etienne Höra
Project Manager
Foto Cora Francisca Jungbluth
Dr. Cora Francisca Jungbluth
Senior Expert China and Asia-Pacific
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Dr. Thieß Petersen
Senior Advisor

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Die Corona-Pandemie und der russische Krieg gegen die Ukraine haben die Abhängigkeiten, die durch globale Lieferketten und die Angewiesenheit auf Exportmärkte für den eigenen Erfolg entstehen, deutlich vor Augen geführt. Nach einer kurzen Erholungsphase nach der Pandemie 2021-2022 sind die deutschen Exporte und Importe 2023 und 2024 zwei Jahre in Folge gesunken – bei den Exporten ist das ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Zu dieser Entwicklung trägt der global wachsende Konkurrenzdruck aus China als langfristiges strukturelles Problem bei, nicht nur in neuen Technologien, wie Batterien und E-Autos, sondern gerade auch für deutsche Exportschlager wie Maschinen- und Automobilbau sowie Chemie. Aufgrund der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus ist zudem mit erheblichen Effekten durch neue US-Zölle zu rechnen.

Daraus ergibt sich für die nächsten Jahre ein erheblicher Handlungsdruck in der Handelspolitik. Gleichzeitig ist Handelspolitik die ausschließliche Kompetenz der EU – jede neue Bundesregierung steht also vor der Aufgabe, ihre Vorstellungen auf europäischer Ebene einzubringen.

Die neue Bundesregierung könnte dabei folgende vier Themen in den Mittelpunkt ihrer handelspolitischen Agenda stellen:

  1. US-Zölle: Die EU könnte sich durch das Androhen entschiedener Gegenmaßnahmen schützen. Zusätzlich sollte sie kurzfristige Schutzmaßnahmen gegen die sekundären Effekte der Zölle vorbereiten – Produkte aus China, die nicht in den USA abgesetzt werden können, drängen zu niedrigeren Preisen auf den europäischen Markt. In einem nächsten Schritt könnte die EU politische Angebote zur Beilegung des Handelsstreits machen.
  2. Chinesische Subventionen: Ausgleichszölle und Schutzmaßnahmen gegen unfairen Wettbewerb sollten gezielt als Teil einer Industriestrategie eingesetzt werden.
  3. Freihandelsabkommen: Nicht alle verhandelten und abgeschlossenen Abkommen wurden bereits ratifiziert. Künftig könnte die EU zusätzlich verstärkt auf sektorale Abkommen und Partnerschaften setzen.
  4. Direktinvestitionen: Für Sicherheitsrisiken, die sich durch Investitionen von EU-Unternehmen in Drittstaaten ergeben, sollte ein gemeinsamer Bewertungsrahmen geschaffen werden. Ein eigenes Investitionsprüfungsgesetz in Deutschland, das auch sicherheitsrelevante Greenfield-Investitionen regelt, könnte die bisherige unübersichtliche Regelungslandschaft ersetzen.