Cover Arbeitgeberattraktivitätsstudie

Kampf um die Fachkräfte: Mit welchen Extras Unternehmen Bewerber:innen locken

Im Wettbewerb um Fachkräfte locken Arbeitgeber:innen verstärkt mit Leistungen, die über das Gehalt hinausgehen. Seit 2019 hat sich die Zahl der ausgeschriebenen Benefits von im Schnitt 3,6 auf 9,6 Zusatzleistungen pro Stelle beinahe verdreifacht. Das zeigt die Analyse von rund 34 Millionen Online-Stellenanzeigen mit Daten unseres Jobmonitors. Hoch im Kurs stehen "harte" Benefits wie Sonderzahlungen, die "weichen" Extras wie "flache Hierarchien" und "gutes Arbeitsklima" bleiben dahinter deutlich zurück.   

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Roman Wink
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Daniel Bensel
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Vom Anstieg der Extras profitieren alle Arbeitnehmer:innen – allerdings nicht im gleichen Ausmaß. Die besonders gut ausgebildeten Expert:innen mit abgeschlossenem Hochschulstudium werden von den Arbeitgeber:innen mit im Schnitt elf Benefits pro Stellenanzeige gelockt. Fachkräften werden durchschnittlich zehn Benefits angeboten. Helfer:innen müssen sich mit noch weniger begnügen. Für sie stehen im Durchschnitt acht Benefits in der Jobbeschreibung. Der Abstand zwischen Expert:innen und Helfer:innen hat sich in den vergangenen fünf Jahren von 1,7 Benefits auf rund 3 Benefits vergrößert.

Nicht nur die Zahl der Benefits, auch ihre Zusammensetzung hat sich seit 2019 verändert. Die konkreten, "harten" Anreize für Arbeitnehmer:innen haben die weichen Faktoren in den letzten Jahren deutlich in den Hintergrund gedrängt. "Der Trend ist stabil – auch am aktuellen Rand. Das zeigt, wie intensiv der Kampf um die Fachkräfte geführt wird", sagt unser Arbeitsmarktexperte Roman Wink. "Für die Unternehmen ist es wichtig, sich von Mitbewerber:innen abzusetzen. Warme Worte über ein 'gutes Betriebsklima' und eine 'Duz-Kultur' zeigen längst keine Wirkung mehr. Wer Fachkräfte sucht, muss ein überzeugendes Benefit-Paket schnüren. Attraktive Zusatzleistungen sind längst kein 'Bonbon' mehr, sondern ein zentraler Hebel im Wettbewerb um Arbeitskräfte."

Sonderzahlungen stehen ganz oben auf der Liste der Benefits

Ganz oben auf der Liste der Extras stehen entgeltähnliche Leistungen. Sie werden in rund 67 Prozent der Stellenanzeigen angeboten. Dazu gehören Sonderzahlungen, aber auch die betriebliche Altersvorsorge oder Mitarbeiter:innenrabatte. Erst 2024 haben diese geldwerten Vorteile die Benefits aus dem Bereich der Entwicklungsperspektive von der Spitze verdrängt. Zu dieser Gruppe zählt das Versprechen von guten Aufstiegsmöglichkeiten, ein sicherer Arbeitsplatz sowie begleitendes Mentoring. Immer wichtiger wird die Aussicht auf flexible Arbeitszeitmodelle. Sie werden in rund 37 Prozent der Stellenanzeigen offeriert. Gleitzeit, Homeoffice oder Vertrauensarbeitszeit gehören dabei immer häufiger zum Standardrepertoire der Arbeitgeber:innen.

Benefits untermauern strukturelle Benachteiligungen am Arbeitsmarkt

Beinahe jede zweite Stellenanzeige wirbt mit Fort- und Weiterbildungsangeboten. 2019 war es nur ein gutes Viertel. Besonders gut schneidet auch hier die Spitzengruppe der Spezialist:innen und Expert:innen ab. 55 Prozent ihrer Stellenanzeigen bieten Weiterbildungsmöglichkeiten an. Dagegen finden sich solche Möglichkeiten nur in einem Drittel der Anzeigen für Helfer:innen. Mit weitem Abstand hinter diesen Top-Extras landen die Klassiker wie die Angebote der Familienfreundlichkeit oder Gesundheitsangebote. Wiederum profitieren insbesondere die Spitzenkräfte mit 18 Prozent von familienfreundlichen Angeboten, auf dem Niveau der Helfer:innen locken nicht einmal zehn Prozent der Stellenanzeigen mit Familienbenefits. Ähnlich ist das Bild bei Gesundheitsangeboten. Ausgerechnet dort, wo die körperliche Belastung hoch ist, fehlen häufig gesundheitsfördernde Benefits. Helfer:innen erhalten deutlich seltener Angebote wie eine betriebsärztliche Betreuung, Vorsorgeuntersuchungen und Sportangebote. "Das ist nicht nur ein Signal ungleicher Wertschätzung, sondern zeigt auch strukturelle Benachteiligungen am Arbeitsmarkt", sagt unser Daten-Analyst Daniel Bensel.  

Höhe des Gehalts ist nur selten ein Thema in Stellenanzeigen

Über Geld spricht man nicht: Das gilt nach wie vor für die Mehrzahl der Stellenanzeigen. Nur gut ein Drittel der Anzeigen gibt Hinweise auf das Gehalt. Insbesondere in den höher qualifizierten Berufen fehlen die Angaben zur Höhe des Verdiensts. Bei den schlechter bezahlten Jobs im Helfer:innen- und Fachkräftebereich ist die Transparenz höher. Gut die Hälfte der Helfer:innen-Anzeigen nennen Gehaltsangaben. Bei den Fachkräften sind es immerhin noch 41 Prozent. "Selbst in den Engpass-Berufen, in denen der Fachkräftemangel besonders schmerzt, wird häufig auf Transparenz verzichtet", bemängelt Bensel: "Damit verschenkt man Potenzial im Wettbewerb um Talente."

Tarifbindung trägt maßgeblich zur Transparenz bei: Ein Viertel aller Stellenanzeigen macht durch einen Tarifbezug Gehaltsstrukturen deutlich sichtbarer und liefert Bewerber:innen damit eine verlässliche Orientierung. Zugleich kommunizieren sie ein breiteres Spektrum an Benefits. Besonders in Helfer:innen- und Fachkraftberufen zeigt sich, wie stark tariflich geregelte Rahmenbedingungen die Sichtbarkeit erhöhen: Anzeigen mit Tarifbezug nennen deutlich häufiger Benefits wie Urlaubsgeld, betriebliche Altersvorsorge oder gesundheitliche Zusatzleistungen – und machen damit Angebote sichtbar, die ohne Tarifbindung häufig unter den Tisch fallen.

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