Schulkinder sitzen im Klassenraum und bearbeiten eine Schulaufgabe.

Gewinner des Jakob Muth-Preises für inklusive Schule stehen fest

Kaum ein anderes Thema bewegt Lehrer, Eltern, Schüler und Politik derzeit so stark wie Inklusion. Viele Bundesländer forcieren den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Handicap. Wie aber können alle Seiten davon profitieren? Das zeigen die vier Gewinner des Jakob Muth-Preises 2015.

Der "Jakob Muth-Preis für inklusive Schule" geht in diesem Jahr an die Waldorfschule Emmendingen in Baden-Württemberg, die Kinderschule in Bremen und die Ernst-Moritz-Arndt-Grundschule im ostwestfälischen Espelkamp. Als Schulverbund wird das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig ausgezeichnet, das Schüler in ganz Schleswig-Holstein wohnortnah unterstützt. Alle Preisträger überzeugten die Jury mit ihren inklusiven Konzepten.

Mit der Preisvergabe wollen die Projektträger – die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen Verena Bentele, die Bertelsmann Stiftung und die Deutsche UNESCO-Kommission – positive Beispiele für gemeinsamen Unterricht bekannt machen und zur Nachahmung anregen. Der Jakob-Muth-Preis wird am 27. Mai 2015 im Bremer Rathaus verliehen.

„Die Vereinten Nationen haben Deutschland im Bereich der schulischen Inklusion einen klaren Auftrag mitgegeben. Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, von Anfang an zusammen zu lernen. Nur so werden alle Beteiligten von Anfang an das Besondere jedes Kindes als Normalität akzeptieren.“

Verena Bentele, Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen

Das Landesförderzentrum Sehen (LFS) in Schleswig unterstützt mit 70 Lehrkräften und 10 weiteren Mitarbeitern knapp 1.000 blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche in ganz Schleswig-Holstein. Zu dem Verbund gehören 283 Schulen und 112 weitere Bildungseinrichtungen. Durch die gezielte pädagogische Förderung "vor Ort" im gewohnten Sozialraum der Schülerinnen und Schüler macht das LFS inklusives Lernen erst möglich.

Die Waldorfschule Emmendingen und die beiden Preisträger-Grundschulen in Bremen und Espelkamp begreifen sich als Lern- und Lebensraum mit vielfältigen Angeboten. So können sie alle Kinder optimal in ihrer Entwicklung begleiten. Teamarbeit spielt in allen Einrichtungen eine große Rolle: Interdisziplinäre Teams aus Lehrkräften, Sonderpädagogen, Sozialpädagogen und Erziehern begleiten die Lerngruppen. Die Teams arbeiten gleichberechtigt miteinander. In Espelkamp und Bremen gehören auch die Integrationshelfer dazu. Sie fühlen sich für alle Kinder einer Lerngruppe zuständig. In Emmendingen bildet die Waldorfpädagogik eine besondere Grundlage der Arbeit. Der gleichberechtigte Fokus auf künstlerischem, kognitivem und praktischem Lernen bietet eine besonders gute Voraussetzung für das gemeinsame Arbeiten aller Kinder und Jugendlichen. Alle Schulen haben gemeinsam, dass sie ein Klima schaffen, in dem sich jedes Kind mit seiner Persönlichkeit wertgeschätzt fühlt.

„Die ausgezeichneten Schulen sind tolle Vorbilder, von denen andere lernen können. Das brauchen wir flächendeckend. Derzeit gleicht Deutschland jedoch eher einem Inklusions-Flickenteppich. Ich fordere deswegen, dass die Bedingungen für gemeinsames Lernen in allen Bundesländern gleich gut sein müssen.“

Verena Bentele, Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen

Inklusion ist eine der größten schulpolitischen Aufgaben. Seit im Jahr 2009 in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten ist, nach der alle Kinder das Recht auf den Besuch einer Regelschule haben, setzen die Bundesländer den gemeinsamen Unterricht in unterschiedlichem Tempo um. Die Herausforderungen sind groß. Denn jeder Schüler – ob mit oder ohne Förderbedarf – soll individuell bestmöglich gefördert werden.