Von der Vizepräsidentin der Kommission wollte der Bundespräsident wissen, was aus ihrer Perspektive in Bezug auf die digitalen Konzerne zu regulieren sei. Margrethe Vestager dazu: Generell gehe es darum, die Regeln der Offline-Welt auch auf die Online-Welt anzuwenden; beide seien ohnehin nicht mehr zu trennen. Im Fokus des Digital Services Act stünden mehr Sicherheit für die Nutzer, mehr Transparenz der Plattformen und bessere Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber den Betreibern. Der Digital Markets Act richte sich speziell an die sogenannten Gatekeeper und stelle sicher, dass es auf diesen Plattformen fair zugeht.
Die eigentliche Herausforderung sei der Umgang mit Inhalten im Graubereich, dem sogenannten harmful content, so Ben Scott. Die gegenwärtige Rechtslage in den USA lasse es nicht zu, die Plattformanbieter für das Löschen von harmful content verantwortlich zu machen. Gleichzeitig ermöglichten aber erst die Gesetzmäßigkeiten der Plattformen die exponentielle Verbreitung demokratiegefährdender Inhalte. Vor dem Hintergrund der Ereignisse um den 6. Januar werde zunehmend darüber diskutiert, ob nicht nur die Absender von harmful content, sondern auch die digitalen Konzerne zur Verantwortung zu ziehen seien – auch wenn es in der US-amerikanischen Politik dazu bislang keine klare Strategie gebe.
Ein Beispiel für einen Graubereich lieferte der Bundespräsident, der darauf hinwies, dass auf den Plattformen im Umfeld des 6. Januar Werbung für Kampfausrüstungen geschaltet worden war. Die Werbung als solche sei in den USA legal, der Graubereich entstehe im Zusammenspiel mit den Aufrufen zur Demonstration. Wahrscheinlich sei es nur ein Algorithmus gewesen, der diese Verknüpfung erzeugt habe, so Scott. Umso wichtiger sei es, hier anzuknüpfen und die digitalen Unternehmen in diesen Fragen zur Auskunft zu verpflichten. Auch die Autoindustrie müsse zu den Abgaswerten von Autos Auskunft geben, ebenso wie die Pharmaindustrie, die dazu verpflichtet sei, die Nebenwirkungen von Medikamenten anzugeben.
Der Bundespräsident schloss die Diskussion mit der Hoffnung, dass in der gemeinsamen Gestaltung der digitalen Öffentlichkeit ein entscheidendes Feld der transatlantischen Zusammenarbeit der Zukunft liege.