Seit 2008 gibt es in Österreich eine Ausbildungsgarantie. Jugendliche, die keine Lehrstelle gefunden haben, bekommen dort das Angebot einer überbetrieblichen Ausbildung. Entweder wechseln sie nach einem Jahr in eine reguläre Ausbildungsstelle in der Wirtschaft oder sie erhalten am Ende der überbetrieblichen Ausbildung einen vollwertigen Abschluss. Das Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien hat das österreichische System auf Deutschland übertragen. Die makroökonomische Simulation im Auftrag unserer Stiftung zeigt in unterschiedlichen Szenarien, dass sich eine Ausbildungsgarantie in Deutschland für Jugendliche, für die Wirtschaft und für die Gesellschaft auszahlt.
Ausbildungsgarantie bringt pro Jahr bis zu 20.000 zusätzliche Fachkräfte
In Deutschland blieben laut Berufsbildungsbericht zuletzt rund 78.000 junge Menschen ohne einen Ausbildungsplatz. Mit einer Ausbildungsgarantie nach österreichischem Vorbild lässt sich gegensteuern. Wird sie realisiert, beschert sie der deutschen Wirtschaft jedes Jahr bis zu 20.000 ausgebildete Fachkräfte mehr, zudem wächst das Bruttoinlandsprodukt deutlich. Bereits nach acht Jahren übersteigen die zusätzlichen Staatseinnahmen die Kosten.
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Bis zu 20.000 zusätzliche Fachkräfte pro Jahr für die Wirtschaft
Eine Ausbildungsgarantie bringt in Deutschland bis zu 20.000 zusätzliche Fachkräfte pro Jahr. Diese Berechnung basiert auf der Annahme, dass von den 78.000 Jugendlichen in Deutschland ohne Ausbildungsplatz gemäß den österreichischen Erfahrungen etwa 40 Prozent die Ausbildungsgarantie nutzen und zwei Drittel von ihnen auch zu einem erfolgreichen Abschluss kommen. "Die Ausbildungsgarantie ist das Gebot der Stunde, denn die Zahl der Ausbildungsplätze geht drastisch zurück und der Fachkräftebedarf ist drängender denn je", sagt Jörg Dräger, Vorstandsmitglied unserer Stiftung.
580.000 Euro mehr Lebenseinkommen für jede:n Ausgebildete:n
Auch die Absolvent:innen selbst profitieren. Nach Berechnungen des IHS beträgt die Differenz zwischen dem Brutto-Lebensarbeitseinkommen von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung und Personen mit niedrigerem Bildungsniveau in Deutschland durchschnittlich 580.000 Euro (ausgedrückt in Preisen von 2019). Das ist ein Plus von 63 Prozent.
Selbst der Staat verdient bereits nach acht Jahren an der Investition
Schließlich profitiert auch die Volkswirtschaft als Ganzes. Wird eine Ausbildungsgarantie umgesetzt, führt dies zu einem höheren Bildungsstand und damit zu einer höheren Produktivität, womit auch das Bruttoinlandsprodukt von Jahr zu Jahr wächst: Legt man das von den Wissenschaftler:innen für 20.000 zusätzliche Absolvent:innen pro Jahr berechnete Szenario zugrunde, steigt das Bruttoinlandsprodukt nach zehn Jahren bereits um 2,6 Milliarden Euro pro Jahr, nach 20 Jahren ergeben sich mehr als 8 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich. Für die öffentlichen Haushalte verursacht die Ausbildungsgarantie Kosten in Höhe von rund 1,44 Milliarden Euro pro Jahr beziehungsweise 72.000 Euro pro Absolvent:in.
Gleichzeitig steigen jedoch die staatlichen Einnahmen aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, sodass sich die Investition aus staatlicher Sicht bereits ab dem neunten Jahr auszahlt. Zudem sinkt die Arbeitslosenquote langfristig um 0,26 Prozentpunkte und die effektive Beschäftigung steigt um 0,69 Prozent. „Eine Ausbildungsgarantie ist nicht nur eine Frage der Chancengerechtigkeit, sondern bringt auch Vorteile für Staat und Wirtschaft. Klug gemacht ist sie für alle Seiten ein Gewinn“, sagt Jörg Dräger.
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Materialien
Methode: In der Studie werden empirische Kennzahlen und Indikatoren zur Ausbildungssituation in Österreich ermittelt und mit einem quantitativen makroökonomischen Modell (TaxLab) in verschiedenen Szenarien auf die deutsche Situation übertragen. Das Modell bildet die wirtschaftlichen und institutionellen Gegebenheiten in Deutschland ab.