Die Halbzeitwahlen (Midterms) in den USA sind so ausgegangen, wie von vielen Beobachtern erwartet: Die Republikaner bauten ihre Mehrheit im Senat aus, während die Demokraten – nur von einer eher moderaten "blauen Welle" getragen – die Kontrolle im Repräsentantenhaus wiedererlangten. Politische Experten und Kongresskandidaten beider großer Parteien hatten die Halbzeitwahlen zum Referendum über Präsident Donald Trump erklärt, dessen Politik und Rhetorik die Wählerschaft gespalten und die jeweiligen Lager dabei zusammengeschweißt hat, sein politisches Programm an der Wahlurne am 6. November entweder zu unterstützen oder abzulehnen.
Die politische Landkarte des 116. Kongresses, der Anfang Januar 2019 zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen wird, sorgt für eine neue Machtbalance in Washington. Kein Gesetzentwurf, der nicht von beiden Parteien getragen wird, wird Aussichten haben, es auf den Schreibtisch des Präsidenten zu schaffen. Zudem werden die Demokraten im Repräsentantenhaus ihre verfassungsmäßige Pflicht wahrnehmen, eine robustere Aufsicht über diese Regierung auszuüben, als es ihre republikanischen Kollegen getan haben. Die republikanischen Abgeordneten im Senat werden – bestärkt durch die Gewinne in Missouri, Indiana und North Dakota – ihre Bemühungen fortsetzen, bestehende Sozialprogramme zurückzunehmen und das Rechtssystem gemäß ihren konservativen Idealen zu gestalten. Sie werden allerdings während der nächsten zwei Jahre auch mehr Druck ausgesetzt sein, denn man wird sich mit den gesetzgeberischen Prioritäten beschäftigen müssen, die vom neuen Repräsentantenhaus vorgegeben werden. Und dieses will bezüglich der Punkte liefern, für die die Demokraten im Wahlkampf geworben haben: Infrastruktur, Reform der Einwanderungspolitik und Gesundheitssystem.
Wenn die Midterm-Wahlen tatsächlich ein Referendum über Donald Trump waren, dann hat die Wählerschaft weder volle Zustimmung noch eine komplette Ablehnung des Präsidenten und seiner Politik zum Ausdruck gebracht. Die Zusammensetzung des neuen Kongresses macht es zwar insgesamt wahrscheinlich, dass das Repräsentantenhaus aggressiver und politisierter auftreten wird als bisher, aber auch, dass es weniger bedeutsame Gesetze verabschieden wird – falls sich keine Kompromisse erzielen lassen. Das Rennen für die Präsidentschaftswahl 2020 hat somit bereits begonnen, da Demokraten wie auch Republikaner aus politischen Erfolgen oder Niederlagen Kapital für ihren Griff nach der Macht schlagen wollen.