Eine hand zieht einen Tablet aus einem Regal voller Bücher.

Digitale Servicewüste: Deutschland verschläft seine Möglichkeiten

Online-Banking, Dating-Apps oder Online-Marketing – überall im Alltag begegnen uns digitale Dienstleistungen. Doch Deutschland bleibt im digitalen Service-Sektor hinter seinen Möglichkeiten zurück. Unsere Studie zeigt, warum wir die Potenziale digitaler Dienstleistungen besser nutzen müssen, und welche Länder dabei Vorbild sein können.

Verglichen mit 28 anderen Industrieländern schöpft Deutschland sein Potenzial nicht aus – im Bereich der digitalen Dienstleitungen belegen wir nur den 19. Platz. Spitzenreiter auf diesem Gebiet ist Irland. Unsere internationale Vergleichsstudie zeigt, warum in Deutschland eine digitale Service-Wüste herrscht: Zum einen fehlt eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur. Zum anderen sind aber auch sowohl die Bevölkerung als auch Unternehmen immer noch zurückhaltend, wenn es darum geht, digitale Technologien zu nutzen.

"International gehen 23 Prozent des Welthandels auf Dienstleistungen zurück, 70 Prozent der deutschen Wertschöpfung werden im Service-Sektor erwirtschaftet. Deshalb ist es entscheidend, dass wir den Strukturwandel nicht verschlafen und die Potenziale digitaler Dienstleistungen besser nutzen", so unser Wirtschaftsexperte und Studienleiter Christian Bluth.

Die Branchen Telekommunikation, IT-Dienstleistungen, Verlagswesen und Geschäftsdienstleistungen, sind laut Studienautoren im internationalen Vergleich besonders stark durch die Digitalisierung geprägt: "In diesen Sektoren ist die Digitalintensität am höchsten. Damit werden Produktivitätssteigerungen möglich, die auch anderen Sektoren der Volkswirtschaft zugutekommen", betont Bluth.

"Eine konsequente Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie hilft nicht nur dem Service-Sektor, sondern der deutschen Wirtschaft allgemein."

Christian Bluth, Wirtschaftsexperte und Studienleiter

Der Ausbau geht schleppend voran – Verbraucher und Unternehmen sind immer noch zurückhaltend

Deutschland schneidet zum einen wegen der mangelhaften digitalen Infrastruktur so schlecht ab. Die Studie bestätigt, dass wir beim Breitbandausbau im internationalen Vergleich zurückstehen. Im Network Readiness Index erreicht die Bundesrepublik in dieser Kategorie nur etwa ein Drittel des Wertes der internationalen Spitzenreiter. Gleichzeitig fällt den Studienautoren auf, dass Verbraucher wie Unternehmen bei den neuen Technologien besonders zögerlich sind. So liegt Deutschland beim Anteil der Unternehmen, die digitale Technologien intensiv einsetzen, im europäischen Vergleich nur auf dem 11. Platz und damit unter dem Durchschnitt.

Dass Deutschland bei den digitalen Dienstleistungen so schlecht dasteht, ist kein gutes Zeichen für die deutsche Wirtschaft allgemein. Da auch viele Industrieunternehmen auf Dienstleistungen angewiesen sind, kann auch deren Wettbewerbsfähigkeit abnehmen, wenn der Service-Sektor im internationalen Vergleich weniger produktiv ist.

Digitaler Wandel

Digitales Know-how ist vorhanden, doch die Umsetzung fehlt

Die Studie zeigt auch, dass Kenntnisse über digitale Technologien in deutschen Unternehmen durchaus vorhanden sind. Eine Politik, die den Betrieben die nötigen Anreize schafft und Hindernisse aus dem Weg räumt, kann den digitalen Ausbau enorm ankurbeln. Konkret bedeutet es, dass die Politik bessere Wettbewerbsbedingungen, zeitgemäße Rechts- und Produktnormen sowie einen besseren Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen schaffen sollte. Insbesondere ein stärkerer Wettbewerb zwischen Anbietern von Informations- und Kommunikationstechnik würde zu niedrigeren Preisen führen. Die würden dafür sorgen, dass Unternehmen und Verbraucher mehr digitale Dienstleistungen nutzen.