Ein Student sitzt im Treppenhaus der FU Berlin und hält ein Buch in den Händen.

Lernen und an morgen glauben

Ob online studieren oder offene Vorlesung: Mit dem Projekt "Welcome@FUBerlin" zeigt die Freie Universität  Berlin (FU), wie sich Hochschulen für Flüchtlinge öffnen können.

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Text von Tanja Breukelchen für change – das Magazin der Bertelsmann Stiftung. Ausgabe 1/2016 (gekürzte Fassung).

"Es hat etwas mit Selbstachtung zu tun. Und mit dem Gefühl, irgendwann ein Teil dieser Gesellschaft zu sein." – Mamoon Bouassi (26) schaut nachdenklich. Fragt man ihn nach seinen Träumen, schüttelt er den Kopf. Nein, er sei nicht mehr der Mensch, der träumt. "Ich möchte weiterstudieren – über das Deutschlernen hinaus." Mamoun sitzt in einem Seminarraum auf dem Campus Lankwitz der Freien Universität Berlin. Vor einem halben Jahr ist er nach Deutschland gekommen. Aus Syrien. Einem Land, das er irgendwann einmal wieder als Besucher betreten möchte. Wenn überhaupt. "Einen Weg zurück wird es nicht geben. Das ist kein Land mehr. Für niemanden. Der Krieg hat alles zerstört. Aber es ist nicht die Zeit, darüber zu reden." Nicht über die Eltern, die in einem Dorf hoffentlich sicher sind. Nicht über die Angst. Nicht über die Flucht.

Mamoon ist einer von 69 geflüchteten Menschen, die einen Deutschkurs an der FU Berlin besuchen. Sein Ziel ist es, sein in Damaskus fast beendetes Jura-Studium wieder aufzunehmen. Ohne Deutsch zu sprechen ist das unmöglich. Doch, immerhin, spricht er immer besser. "Beeindruckend", findet seine Lehrerin Franca Malcharowitz. Für Mamoon war ihr Unterricht wie eine Befreiung:

"Ich war fünf Monate in Deutschland, bekam keinen Deutschkurs, verstand nichts. Jetzt ist alles anders. Ich kann etwas tun."

Mamoon Bouassi, Student der FU Berlin

Genau das, erklärt Dr. Florian Kohstall, der das Projekt "Welcome@FUBerlin" gemeinsam mit seiner Kollegin Stefanie Böhler koordiniert, sei ein wichtiger Aspekt: den jungen Menschen eine Perspektive zu bieten! Wie viele Universitäten öffnet sich die FU den Flüchtlingen. Neben kostenlosen Deutschkursen von speziell in "Deutsch als Fremdsprache" ausgebildeten Lehrern haben viele Fachbereiche auch Lehrveranstaltungen geöffnet. Außerdem bietet die Universität zwei Kurse in "Berlin- und Deutschlandstudien" an, die die Integration erleichtern sollen. Teilnehmer des Welcome-Programms können darüber hinaus Bibliotheken kostenlos nutzen. Es gibt Buddy-Programme, Sprach-Tandems, eine kostenlose Studienberatung und eine psychologische Beratung. "Was in diesem Semester noch ein Probedurchlauf ist, soll bald ausgeweitet werden, so dass dann auch Leistungsnachweise erbracht werden können, die später angerechnet werden", erklärt Kohstall.

Deutsch lernen als Basis für die erfolgreiche Integration: Der syrische Flüchtling Yazan lauscht aufmerksam den Erklärungen von Lehrerin Franca Malcharowitz.

Voraussetzung für die Teilnahme bei "Welcome@FUBerlin" ist, dass eine Studienberechtigung im Heimatland glaubhaft gemacht werden kann. Durch das Programm sollen die Flüchtlinge auf das reguläre Studium vorbereitet werden. Die Zulassung dafür ist je nach Herkunftsland und Schulabschluss unterschiedlich. Wie groß diese Unterschiede sind, zeigt die Internetseite www.anabin.kmk.org, auf der alle Abschlüsse und ihre Anerkennung in Deutschland aufgelistet sind.  "Die meisten Teilnehmer in unserem Programm stammen aus Syrien. Hier können wir davon ausgehen, dass sie über einen direkten Hochschulzugang verfügen", erklärt Kohstall.  "Problematischer sind viele afrikanische Länder, oder auch Afghanistan. Generell ist aber die Sprache meistens das größere Hindernis, da fast alle Bachelor-Studiengänge in Deutschland auf Deutsch sind und auch für den Studienverlauf der meisten Masterstudiengänge gute Deutschkenntnisse wichtig sind. Deswegen ist die sprachliche Ausbildung der Kern des Welcome-Programms."

Flüchtlinge in Deutschland

Auch das Social Start-up "Kiron Open Higher Education" unterstützt Flüchtlinge dabei, ihr Studium wieder aufzunehmen. Lesen Sie den zweiten Teil des Artikels in unserem kostenfrei bestellbaren change Magazin 1/2016.