Eine Zweidrittel-Mehrheit von 66,8 Prozent der Schweizer hat gestern für die Reform des Asylrechts gestimmt, die das Parlament in Bern im letzten September beschlossen hatte. Damit wird das in Zürich erprobte und evaluierte neue Asylverfahren auf die ganze Schweiz ausgedehnt. Der Bund richtet Zentren ein, in denen die Verfahren unter einem Dach mit ausgebautem Rechtsschutz beschleunigt werden und maximal 140 Tage dauern sollen. Kommunen können sich zukünftig auf die Aufnahme schutzbedürftiger Flüchtlinge konzentrieren. Im neuen Verfahren ziehen alle staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure an einem Strang – Bund, Kantone und Gemeinden, aber auch die Schweizer Flüchtlingshilfe. Der Versuch der Schweizer Volkspartei (SVP), die Reform mit Emotionen gegen "Gratisanwälte für angebliche Asylbewerber" zu stoppen, scheiterte: "Das Stimmvolk will Lösungen, keine Problembewirtschaftung", kommentierte die Neue Zürcher Zeitung den Ausgang der Volksbefragung.
Die Schweizer Asylreform hat Modellcharakter für Deutschland. Sie verbindet Effizienz im Sinne zügiger Verfahren mit Fairness durch die unabhängige Rechtsbegleitung der Asylbewerber von Anfang an. Die Reform entlastet die Kommunen durch ein starkes Engagement des Bundes. Zivilgesellschaftliche Akteure, die sich für Flüchtlinge engagieren, sind eingebunden. In Deutschland gehen die neuen Ankunftszentren in den Bundesländern in die Schweizer Richtung. Was noch fehlt, ist der flankierende Rechtsschutz. Der sorgt für die Qualität der Entscheide und für eine geringere Beschwerdequote: Nur so konnten im Schweizer Testbetrieb die Verfahren um 39 Prozent beschleunigt werden, wie die externe Evaluation positiv feststellte.
Ein Kommentar von Ulrich Kober, Direktor des Programms Integration und Bildung der Bertelsmann Stiftung
Eine ausführliche Analyse des seit 2012 reformierten Schweizer Asylverfahrens und der Empfehlungen, die sich daraus für Deutschland ableiten lassen, bietet Ihnen unsere im März erschienene Studie.