Vielen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen stehen Personalprobleme ins Haus: Der amtlichen Personalstatistik des Landes zufolge wird im Durchschnitt jeder vierte Beschäftigte in den kommenden acht Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden; in manchen Gemeinden sogar fast jeder zweite. Diese Entwicklung fällt in eine Zeit, in der Arbeitnehmer anspruchsvoller werden und Arbeitsmärkte schrumpfen. Die Konkurrenz um qualifizierten Nachwuchs ist infolgedessen hoch und nicht alle Gemeinden sind dafür gleichermaßen gut gerüstet. In den kurzfristig hohen Verrentungszahlen drückt sich auch die langjährige Haushaltskrise vieler Gemeinden aus. Denn über viele Jahre hinweg wurde zu wenig neues Personal eingestellt.
Vielen Kommunen in NRW drohen gravierende Personal-Engpässe
Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Altersstruktur der Mitarbeiter der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen deutlich verschoben. Angesichts dieser demographischen Entwicklung müssen viele Kommunen mit erheblichen Personallücken rechnen. Die Arbeitsfähigkeit der Verwaltungen und vielfältige Leistungen für die Bürger sind gefährdet.
Der Anteil älterer Beschäftigter (ab 55 Jahre) in den Gemeinden steigt. Machte diese Gruppe 2004 noch 13 Prozent des Personals aus, waren es 2014 bereits 25 Prozent. Der Anteil jüngerer Beschäftigter (bis 30 Jahre) blieb im selben Zeitraum mit rund 12 Prozent konstant. In einer tragfähigen Altersstruktur sollte der Anteil beider Altersgruppen ähnlich groß sein und sich in der Summe auf Werte zwischen 40 und 50 Prozent des gesamten Personalbestandes belaufen. Lediglich in acht der 396 Gemeinden war dies 2014 der Fall.
Obwohl die Herausforderung der Alterung des kommunalen Personals weithin bekannt ist, werden Gegenmaßnahmen oftmals noch nicht in erforderlichem Umfang ergriffen. "Das eigentliche Problem ist dabei nicht die Leistungsfähigkeit älterer Beschäftigter, sondern der Verlust an Wissen und Erfahrung, wenn diese in Rente gehen", sagt Kirsten Witte, Leiterin des Programms LebensWerte Kommune der Bertelsmann Stiftung. Das Risiko liegt in der passenden Nachbesetzung der Stellen.
Rekrutierung von Personal wird schwieriger
Die Sicherung von Nachwuchskräften hat eine hohe Relevanz für die Personalabteilungen der Gemeinden. Die Rekrutierung stößt jedoch an etliche Grenzen. So beschränken sich die Engpässe zwar bisher noch auf wenige Berufsgruppen wie Mediziner, Ingenieure, Feuerwehrleute, Kita-Erzieher oder Sozialarbeiter. Die Zahl betroffener Berufsgruppen wächst jedoch, denn neue Entscheidungen von Gerichten, von den Ländern oder vom Bund müssen von Kommunen umgesetzt werden und erfordern teilweise neue Fachkompetenzen. Darüber hinaus suchen landesweit alle Gemeinden ähnlich qualifiziertes Personal. Hinzu kommt, dass sich Engpässe in den genannten Berufsgruppen meist nicht über eigene Berufsausbildungen decken lassen, da sie beispielsweise ein Hochschulstudium voraussetzen.
Besondere Herausforderungen für die Personalplanung der Gemeinden resultieren auch aus Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene wie zum Beispiel in Bezug auf die Erhöhung von Standards, die einen verstärkten Personalbedarf nach sich ziehen. Zwar wächst die Stellenzahl in den Haushalten der NRW-Gemeinden nach vielen Jahren der Schrumpfung seit 2009 wieder an. Ursache dafür ist vorrangig der anhaltende Ausbau der Kindertagesstätten. Gemeinden, welche Kita auf freie Träger ausgelagert haben, verzeichnen im Durchschnitt hingegen weiterhin einen Rückgang der Stellenzahlen.
Die Gemeinden NRWs vor der Verrentungswelle
Im Durchschnitt aller Gemeinden scheidet jeder vierte Beschäftigte bis 2024 aus. Die Unterschiede zwischen den 396 Gemeinden sind jedoch enorm.
Anteil der Beschäftigten ab 55 Jahre zum Stichtag 2014
Wettbewerb um junges Personal hat begonnen
Zwischen den Gemeinden entsteht inzwischen ein intensiver Wettbewerb um qualifizierten Nachwuchs: "Das Nachsehen haben dabei vor allem strukturschwache Gemeinden, die oft als wenig attraktiv gelten und durch hohe Haushaltsdefizite bei ihren Rekrutierungsbestrebungen gehemmt sind", unterstreicht Friederike-Sophie Niemann, Kommunalexpertin der Bertelsmann Stiftung. Einige Gemeinden werden die zukünftigen Lücken nicht vollständig decken können. Die Konsequenz könnten dann weitere Privatisierungen oder Einschnitte im Angebot öffentlicher Leistungen sein. Die oft beschriebene wachsende Ungleichheit zwischen starken und schwachen Gemeinden wird somit auch über das Personal weiter verschärft.
Die Ergebnisse der Studie finden Sie in der neuen Ausgabe unserer Reihe "Analysen und Konzepte".