Wie ein Wirbelwind rast Natalja Gumenjuk von einem Büro zum nächsten. "Was machen wir mit dieser Geschichte in Donezk?", "Wie bereiten wir die Sache um diesen Politiker auf?" Die zierliche Frau, so viel wird schon nach wenigen Minuten klar, ist nicht so schnell aufzuhalten. Sie ist Chefredakteurin von Hromadske.TV, auf Deutsch: öffentliches Fernsehen. Es ist ein junges Medienprojekt, das aus dem Wunsch heraus entstand, unabhängigen Journalismus zu machen. "Es ist bis heute so, dass die großen privaten TV-Sender und viele Zeitungen Oligarchen gehören. Und die nutzen ihre Medien für die eigene politische Agenda", berichtet Gumenjuk. "Wir wollen die Leute mit Informationen versorgen, die ihnen helfen, sich eine eigene Meinung zu bilden." Denn nur so lasse sich ein Fundament für eine echte Demokratie bauen.
Bekannt wurde das Projekt, als sich die Proteste auf dem Kiewer Majdan ab Ende November 2013 zum Euromajdan, einer Massenbewegung gegen die korrupte Regierung des damaligen Präsidenten Wiktor Janukowytsch, auswuchsen und Millionen Ukrainer landesweit auf die Straße gingen. Hromadske.TV stellte damals einen kommentarlosen Live-Stream ins Internet, der die Welt rund um die Uhr mit Bildern von dem zentralen Platz in Kiew und aus den umliegenden Straßen versorgte. "Dieser Stream war für uns wahrhaftiger als die Propaganda, die Janukowytschs Medien gegen die Proteste verbreiteten", erklärt Gumenjuk. Zudem lieferte das Team, das sich aus rund einem Dutzend Journalisten zusammensetzte, Berichte oder Interviews. "Wie viele meiner Kollegen habe ich meine junge Karriere in den großen TV- und Radio-Stationen des Landes begonnen. Ich weiß genau, wie dort Propaganda gemacht wurde", so die junge Journalistin.
Was Gumenjuk über den Journalismus erzählt, hört man von vielen, die auf dem Majdan protestiert haben. Es war das Aufkeimen einer bürgerlichen Verantwortung, verbunden mit der Sehnsucht, in einem demokratischen Land zu leben, wo Gesetze tatsächlich Recht verwalten und nicht dazu dienen, korrupten Politikern und Geschäftsmännern ihre Macht und ihren Reichtum zu sichern.