Finger drückt eine Keyboard-Taste mit der Aufschriftt Digitalisierung

Was ist die digitale Bildungsrevolution?

Dem globalen Megatrend Digitalisierung kann sich niemand mehr entziehen. Vergleichbar mit der industriellen Revolution sorgt der digitale Wandel für tiefgreifende Veränderungen der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse und ruft damit viele Fragen hervor. Das Projekt „Teilhabe in einer digitalisierten Welt“ untersucht die Chancen und Risiken der Digitalisierung. Parallel erscheint ein neues Buch zur digitalen Bildung von Stiftungsvorstand Jörg Dräger.

Jörg Dräger, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung, ist sich sicher: Die Zukunft ist digital – auch in der Bildung. Zusammen mit Ralph Müller-Eiselt hat er das Buch „Die digitale Bildungsrevolution“ geschrieben, das dieser Tage erscheint. Nahezu zeitgleich wurde das Projekt <link de unsere-projekte teilhabe-in-einer-digitalisierten-welt>„Teilhabe in einer digitalisierten Welt“ gestartet, das die Chancen und Risiken der Digitalisierung untersuchen soll.

Fünf Fragen zum digitalen Wandel an Jörg Dräger

Herr Dräger, warum ist die Digitalisierung überhaupt ein Thema für die Bertelsmann Stiftung?

Die zunehmende Digitalisierung wirkt sich auf alle Lebensbereiche und damit auch alle Projekte der Bertelsmann Stiftung aus. Ihre langfristigen gesellschaftlichen Folgen sind aber noch gar nicht absehbar. Nicht nur die Politik, sondern auch unsere Zivilgesellschaft ist deshalb gefragt, sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf unser Leben aktiv auseinander zu setzen. Uns als Stiftung interessiert vor allem, wie wir zukünftig sicherstellen, dass alle Menschen von ihr profitieren und niemand abgehängt wird. Steigert e-Voting wirklich die Wahlbeteiligung? Kann ein „digitaler Patient“ besser versorgt werden? Und nicht zuletzt: können digitale Lernangebote Unterricht nachhaltig verbessern? Das sind einige der Fragen, die uns aktuell beschäftigen.

Sie schreiben in Ihrem Buch, dass die Digitalisierung unsere Bildungslandschaft revolutionieren wird. Werden Schulen und Unis im herkömmlichen Sinne bald überflüssig?

Nein, aber sie werden sich grundlegend ändern. Lernprogramme und Onlinekurse helfen, viele Schüler und Studenten gleichzeitig in ihrem individuellen Lerntempo zu unterrichten. Das kann kein einzelner Lehrer mit 30 Schülern und auch kein Professor mit 200 Studenten leisten. Es geht trotzdem nicht darum, die digitale Bildung gegen die analoge auszuspielen. Wir müssen beide Welten sinnvoll miteinander verbinden.

Wie stellen Sie sich das vor?

Der Mix macht‘s. Die Digitalisierung wird Lehrer und Professoren nicht ersetzen, aber sie bekommen eine neue Rolle - werden vom Wissensvermittler zum Lernbegleiter. Digitale Hilfsmittel schaffen mehr Zeit für das Wesentliche: dank Lernvideos und Computerprogrammen können Lehrer ihre Schüler viel individueller fördern anstatt nur Standardwissen zu vermitteln. Solche personalisierten Lernangebote funktionieren ähnlich wie Buchempfehlungen von Amazon oder Serientipps bei Netflix.

Das hört sich eher nach Big Brother an. Was sind die Gefahren der digitalen Bildung?

Damit Lernsoftware individuell auf jeden eingehen kann, müssen Unmengen an Daten erfasst und ausgewertet werden. Darin steckt auch eine Gefahr: Menschen werden zu Objekten von Algorithmen und Wahrscheinlichkeiten, ihr Lernen hinterlässt im Netz unauslöschliche Spuren. Im schlimmsten Fall fördert die Digitalisierung nicht mehr Gerechtigkeit, sondern schafft mehr Ungerechtigkeit. Wie diese Risiken beherrscht werden können, beschäftigt uns als Stiftung, beispielsweise muss der rechtliche Rahmen für mehr Datensouveränität gesetzt werden. Jeder sollte jederzeit selbstbestimmt über seine Daten verfügen können.

Die Politik muss Digitalisierung als Chance begreifen: Der digitale Wandel ist kein Problem, sondern Teil der Lösung für mehr Chancengerechtigkeit.

Jörg Dräger, Mitglied im Vorstand der Bertelsmann Stiftung

In deutschen Schulen dominieren bisher eher Tafel und Buch als Tablet und Software. Was müsste bei uns passieren?

Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Es geht nicht darum, alle Schüler mit einem Laptop auszustatten. Damit digitales Lernen positiv wirken kann, brauchen wir vielmehr eine Qualifizierungsoffensive für Pädagogen. Wir brauchen flächendeckend zuverlässiges WLAN an unseren Schulen. Und wir brauchen mehr Experimentierfreude: Initiativen oder Wettbewerbe für frei zugängliche Lernmaterialien setzen ebenso wichtige Impulse wie spezielle Förderprogramme für Gründer im Bildungsbereich. Damit all das gelingt, muss die Politik die Digitalisierung als Chance begreifen: Der digitale Wandel ist kein Problem, sondern Teil der Lösung für mehr Chancengerechtigkeit.

Mehr über das Buch „Die digitale Bildungsrevolution““ erfahren Sie hier sowie fortlaufend aktualisiert im Blog „Digitalisierung der Bildung“. Informationen zum Projekt „Teilhabe in einer digitalisierten Welt“ finden Sie <link de unsere-projekte teilhabe-in-einer-digitalisierten-welt>auf der Projektseite.