Liz Mohn, stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Bertelsmann Stiftung, steht in einem Raum und blickt geradeaus in die Kamera.

Musik als verbindende Kraft – gerade jetzt!

Liz Mohn, stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Bertelsmann Stiftung, macht sich für mehr Projekte stark, die mit Musik Brücken bauen und Flüchtlingen bei der Integration und der Verarbeitung ihrer Erlebnisse helfen.

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Von Liz Mohn für change – das Magazin der Bertelsmann Stiftung. Ausgabe 4/2015.

Wir alle haben die positive Wirkung von Musik schon erlebt: die Melodik eines Gute-Nacht-Liedes, die Rhythmik eines Kinderreimes, die Leichtigkeit eines Walzers oder die Dynamik eines guten Beats. Musik berührt uns. Sie spendet Trost und bereitet Freude. Sie bewegt und verbindet Menschen. Musik ist eine Sprache, die auf der ganzen Welt verstanden wird. Sie hat einen für die Gesellschaft unentbehrlichen gemeinschaftsstiftenden Wert. In diesem Sinne vermittelt Musik auch ein Gefühl von Tradition und Heimat, Geborgenheit und Vertrautheit. Gleichzeitig gelingt es, mit Musik auch Brücken zu bauen für einen offenen Dialog zwischen den Kulturen – über alle Sprachen und Grenzen hinweg.

Zu erleben ist das jedes Mal beim Internationalen Gesangswettbewerb NEUE STIMMEN. Seit der Gründung vor 28 Jahren entsteht durch die Musik sofort Gemeinschaft und Toleranz, Herzlichkeit und Wärme, wenn die Sängerinnen und Sänger aus vielen Ländern der Welt nach Gütersloh zum Finale kommen. Man hört lachende Stimmen in unterschiedlichen Sprachen und erlebt Mitgefühl, wenn einem der Teilnehmer im Wettbewerb etwas nicht so gelungen ist.

Dieses wunderbare, wertvolle Vorbild an Zusammengehörigkeitsgefühl und Respekt passt in eine Zeit, die so viele nicht mehr für möglich gehaltene Konflikte bereithält. Genau eine solche verbindende Kraft braucht die Gesellschaft in diesen Tagen, da Millionen Menschen auf der Flucht sind vor Hunger, Krieg, Verfolgung und Unterdrückung. Sie kommen zu uns in der Hoffnung auf eine bessere Lebensperspektive. Basis einer jeden Integration ist die Sprache. Im Zusammenhang mit dem Spracherwerb kann die Musik ihr bedeutendes Potenzial entfalten: Musik und Sprache sind enge Verwandte.

Gerade bei Kindern weckt Musik die Lust am Lernen und die Neugier auf andere Kulturen, Traditionen und Lebensweisen. Mädchen und Jungen erfahren oft musikalisch-spielerisch eine Unterstützung bei dem Erwerb einer Zweitsprache. Singen fördert die Artikulation, die Intonation und den Sprachrhythmus. Das belegen aktuelle Studien. Und Musik vermittelt Werte wie Rücksichtnahme, Disziplin und, nicht zu vergessen, das Zuhören.

Darauf bauen die Projekte zur musikalischen Bildung der Bertelsmann Stiftung auf: "MIKA – Musik im Kita-Alltag", "Musikalische Grundschule" und "Mobile Musikwerkstatt". Die Erfahrungen zeigen: Nicht nur gehen Konflikte zwischen Schülern signifikant zurück, auch Schulkultur, Schulklima und Teamentwicklung werden positiv beeinflusst, und die Schulorganisation wird sinnvoll weiterentwickelt.

Mit Musik lassen sich Begegnungen initiieren, das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken, Kontakt und Austausch innerhalb von Flüchtlingsgruppen sowie zu Einheimischen anregen – auch im therapeutischen Sinne der Verarbeitung des Erlebten. Es gilt, das Potenzial der Musik zu nutzen: für Inklusion, für gegenseitiges Verständnis, für Wertschätzung und Teilhabe. Nur unter diesen Bedingungen kann kulturelle Vielfalt als Chance und Bereicherung wahrgenommen werden und ein starker gesellschaftlicher Zusammenhalt entstehen.

Eine der vordringlichsten Aufgaben ist es, durch Zusammenarbeit von Verbänden der Kinder- und Jugendhilfe, Schulen, Kitas, Vereinen und Familien ein breit gefächertes, qualitativ hochwertiges kulturelles und künstlerisches Angebot dauerhaft zur Verfügung zu stellen und kulturelle Bildung für alle zugänglich zu machen. Dies kann einen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit leisten. Die Bertelsmann Stiftung möchte mit den unterschiedlichsten Projekten zur positiven Persönlichkeitsentwicklung eines jeden Einzelnen sowie zu einer Kultur der Teilhabe beitragen.