Selbst in sehr leistungsstarken Gesundheitssystemen hängt eine angemessene medizinische Versorgung oftmals vom Wohnort ab. Das weisen wir und die OECD in zwei aktuellen Studien für Deutschland und zwölf weitere Industrienationen nach. Regionale Unterschiede gibt es bei der Entfernung der Mandeln, des Blinddarms, der Prostata oder beim Einsetzen eines Defibrillators am Herzen. Rein medizinisch sind derart hohe Abweichungen ebenso wenig zu erklären wie durch Alters- oder Geschlechtsstrukturen. "Große regionale Unterschiede in der Gesundheitsversorgung sind ein klares Zeichen für Qualitäts-, Effizienz- und Gerechtigkeitsprobleme", sagte OECD-Direktor Mark Pearson.
Die Ergebnisse beruhen auf einer Langzeituntersuchung. Seit 2007 beobachtet unsere Stiftung im Faktencheck Gesundheit die Häufigkeit von Operationen in allen 402 deutschen Kreisen und kreisfreien Städten. Dabei haben wir Verblüffendes festgestellt: Das Ausmaß der regionalen Unterschiede innerhalb Deutschlands bleibt über die Jahre hinweg bei den einzelnen medizinischen Eingriffen nahezu gleich. Und es sind auch überwiegend dieselben Regionen, die konstant unter besonderer Über- oder Unterversorgung leiden. In einigen kreisfreien Städten und Landkreisen wie Bad Kreuznach, Bremerhaven oder Delmenhorst werden seit Jahren acht Mal so vielen Kindern die Mandeln herausgenommen wie anderswo.