Auf einer Weltkugel, bei der eine Lupe auf Deutschland gerichtet ist, sind ein Schulgebäude und Szenen aus dem Schulalltag zu sehen.

Neues Factsheet: Inklusion in Deutschland tritt noch immer auf der Stelle

Der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat über mehrere Jahre die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in den Mitgliedsstaaten unter die Lupe genommen. Anlässlich des gestern veröffentlichten Prüfberichtes fasst unser neues Factsheet "Inklusion im deutschen Schulsystem" die aktuellen Daten und Fakten zusammen. Zudem startet am kommenden Montag auf unserem Blog Schule21 die "Themenwoche Inklusion", in deren Verlauf verschiedene Expert:innen ihre Positionen zum Ausdruck bringen.

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Dr. Nicole Hollenbach-Biele
Senior Expert Schulforschung und Schulentwicklung
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Dr. Chantal Lepper
Project Manager

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Im Jahr 2009 trat Deutschland der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) bei und verpflichtete sich, die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen am allgemeinen Bildungssystem zu gewährleisten. Von 2018 bis 2023 hat der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen die Umsetzung der UN-BRK in Deutschland zum zweiten Mal geprüft. Nun liegt das Ergebnis dieser Staatenprüfung vor.

In den "Abschließenden Bemerkungen" des Berichtes formuliert der Fachausschuss explizit seine Diagnose, dass Deutschland die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention nicht konsequent genug vorantreibt. Das gilt für alle Lebensbereiche, insbesondere aber für die schulische Bildung. Denn der Ausbau der Inklusion an deutschen Schulen tritt seit Jahren mehr oder weniger auf der Stelle. Dies zeigen auch die aktuellen statistischen Daten und Fakten zum Status quo, die wir gemeinsam mit dem Bildungsforscher Klaus Klemm analysiert und im Rahmen des Factsheets "Inklusion im deutschen Schulsystem – Schuljahr 2021/22" zusammengestellt haben. 

Stagnierende Exklusionsquote und zugleich immer mehr Schüler:innen mit Förderbedarf

Wie aus den Daten hervorgeht, besuchten im Schuljahr 2021/22 insgesamt 579.054 Kinder und Jugendliche mit diagnostiziertem sonderpädagogischem Förderbedarf eine Schule in Deutschland. Zum Vergleich: Im Jahr 2008/09 waren es noch rund 470.000 Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Als zentraler Gradmesser für die Umsetzung der UN-BRK gilt die Exklusionsquote. Sie beziffert, inwiefern sich Deutschland und die Bundesländer dem Ziel, "Kinder mit Behinderung nicht (...) vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen" auszuschließen, angenähert haben. Je geringer dieser Wert ausfällt, desto mehr Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden inklusiv (an allgemeinen Schulen) unterrichtet.

Im Jahr 2021/22 betrug die bundesweite Exklusionsquote zirka 4,3 Prozent. Zum Zeitpunkt des Beitritts Deutschlands zur UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008/09 lag die Exklusionsquote bei 4,8 Prozent. Nach 14 Jahren ist die bundesweite Exklusionsquote also nicht wesentlich gesunken, sondern verharrt annähernd auf demselben Niveau.

Die Situation in Deutschland gleicht allerdings einem Flickenteppich: Je nach Bundesland schwanken die aktuellen Exklusionsquoten zwischen 0,8 Prozent (Bremen) und 6,6 Prozent (Sachsen-Anhalt). Auch in der Entwicklung über die vergangenen Jahre unterscheiden sich die 16 Bundesländer deutlich. Die Konsequenz: Je nach Wohnort haben Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf höchst unterschiedliche Zugangschancen zur inklusiven Bildung.

Themenwoche Inklusion auf dem Blog Schule21

Die Veröffentlichung des UN-Berichts und unseres Factsheets zur Inklusion im deutschen Schulsystem bilden den Ausgangspunkt für eine Themenwoche Inklusion auf unserem Blog Schule21. In deren Rahmen werden Interessensvertreter:innen wie Susann Kroworsch (Deutsches Institut für Menschenrechte), Angela Ehlers (Verband Sonderpädagogik e.V.), Mark Rackles (ehemaliger Staatssekretär für Bildung in Berlin) und Eva-Maria Thoms (Verein mittendrin e.V.) ihre jeweiligen Positionen zum Thema schulische Inklusion vorstellen und Empfehlungen für die Zukunft formulieren. Der erste Beitrag erscheint am kommenden Montag, 18. September.

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