Mutter mit Kind auf der Schulter

Die Politik unterstützt Alleinerziehende zu wenig

39 Prozent der Alleinerziehenden beziehen staatliche Grundsicherung. Jedes zweite Kind im Hartz IV-Bezug wächst in einer Ein-Eltern-Familie auf. Sowohl im Unterhaltsrecht als auch im Steuer- und Sozialrecht haben Reformen der vergangenen zehn Jahre den finanziellen Druck auf Alleinerziehende verschärft.

Content

1,6 Millionen Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern leben in Deutschland, ein Viertel mehr als 1996. Das ist jede fünfte Familie. Die Politik berücksichtigt ihre Lebenssituation mit der besonderen Belastung durch Beruf, Erziehung und Haushalt jedoch zu wenig: Sowohl im Unterhaltsrecht als auch im Steuer- und Sozialrecht haben Reformen der vergangenen zehn Jahre den finanziellen Druck auf Alleinerziehende verschärft. Das belegt eine neue Studie (siehe Pressemitteilung) der Juraprofessorin Anne Lenze von der Hochschule Darmstadt im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.

Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss die rechtlichen und familienpolitischen Rahmenbedingungen für alleinerziehende Eltern verbessern.

Dringenden Reformbedarf sieht die Studie vor allem deshalb, weil 39 Prozent aller Ein-Eltern-Familien auf staatliche Grundsicherung angewiesen sind. Im Vergleich zu Paarfamilien beziehen sie im Bundesdurchschnitt fünf Mal häufiger Hartz IV. Jedes zweite Kind im Grundsicherungsbezug wächst in einer Ein-Eltern-Familie auf. Problematisch ist die finanzielle Lage von Kindern Alleinerziehender insbesondere aufgrund der Regelungen im Unterhaltsrecht. Hinzu kommt, dass bei Unterhaltszahlungen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander klaffen. Alleinerziehende werden zudem steuerlich benachteiligt.

Auf Basis der Studie plädiert die Bertelsmann Stiftung für Maßnahmen, die Ein-Eltern-Familien schnell nützen. Beim Unterhaltvorschuss sollten Begrenzungen für Bezugsdauer und Alter wegfallen. Im Steuerrecht muss der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erhöht werden. Eine Erhöhung des Kinderzuschlags hilft Kindern Alleinerziehender nur dann, wenn Unterhalt und Unterhaltsvorschuss nicht mehr in der bisherigen Form angerechnet würden. Längerfristig sind weitergehende Reformen notwendig: Dazu müssten zunächst die tatsächlichen altersgerechten Bedarfe eines Kindes ermittelt und allen Kindern garantiert werden, unabhängig von der Familienform, in der sie leben.