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Was wir erreicht haben: SDG - Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung


Kriegerische Auseinandersetzungen, Handelskonflikte, Klimawandel, Migration, Nationalismus und Populismus sorgen dafür, dass die Umsetzung internationaler Abkommen und Verträge immer komplexer und schwieriger wird. Das gilt auch für die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die am 25. September 2015 von allen 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Darin bekennen sich die Staats- und Regierungschefs zu einem ehrgeizigen Vorhaben, das innerhalb von 15 Jahren umgesetzt werden soll. Die auf dem UN-Gipfel festgelegten Nachhaltigkeitsziele ergänzen die im Jahr 2000 verabschiedeten Millenniums-Ziele, deren vorrangige Absicht es war, Hunger und Armut in den Entwicklungsländern zu bekämpfen.

SDG-Index & Dashboards – analytische Instrumente für die UN-Nachhaltigkeitsziele

Unmittelbar vor der UN-Vollversammlung im Jahr 2015 hat die Bertelsmann Stiftung das erste weltweite analytische Instrument zur Erreichung der UN-Entwicklungsziele herausgegeben: SDG-Index & Dashboards. Seit 2016 werden sie jährlich als Teil eines umfassenden wissenschaftlichen Berichts in Zusammenarbeit mit dem Sustainable Development Solutions Network (SDSN) unter der Leitung des UN-Sonderberaters Prof. Jeffrey Sachs von einem Autorenteam erarbeitet und veröffentlicht. Da die Ziele der Agenda 2030 juristisch nicht bindend sind, bedarf es vor allem zivilgesellschaftlicher Akteure, die Entscheidungsträger und Öffentlichkeit fortwährend auf den Prozess hinweisen, Fortschritte anmahnen und Lösungsmöglichkeiten entwickeln. Vor diesem Hintergrund leisten SDSN und Bertelsmann Stiftung mit ihrem gemeinsamen Projekt einen wichtigen internationalen Beitrag zur Erfüllung der globalen UN-Nachhaltigkeitsziele.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon
Die Verabschiedung der 17 Nachhaltigkeitsziele im letzten Jahr hat Politiker, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft zusammengebracht, um einen nachhaltigen Weg für unsere Zukunft einzuschlagen. Eine fundierte Datenbasis ist die Grundlage, um Nationen bei der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele zu unterstützen. Ich bin sicher, dass der SDG-Index von SDSN und Bertelsmann Stiftung einen wertvollen Beitrag leistet, um die Welt friedlicher, gerechter und nachhaltiger zu gestalten.
Ban Ki-moon- ehemaliger UN-Generalsekretär

 

Rückblick: Der Weg zur Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung

Die Agenda 2030 verbindet zwei ehemals voneinander getrennte globale Prozesse zu einer ganzheitlichen Strategie: die Armuts- und Entwicklungsagenda der Millenniumsziele (MDGs) und die Nachhaltigkeitsagenda („Rio-Prozess“).

Die Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs)

Die Millenniumsziele haben gezeigt, dass Entwicklungserfolge machbar sind. Seit Verabschiedung der MDGs konnten in vielen Bereichen Verbesserungen erzielt werden. So ist es im Zeitraum von 2000 bis 2015 beispielsweise gelungen, die Armut weltweit zu halbieren und den Zugang zu Trinkwasser und Bildung zu verbessern. Die Sterblichkeit von Müttern und Kindern konnte um jeweils die Hälfte reduziert werden.

Die Nachhaltigkeitsagenda

Das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung wurde erstmals auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro entwickelt (Konferenz von Rio). Im Anschluss an die Konferenz haben praktisch alle entwicklungsrelevanten internationalen Beschlüsse, Verträge und Aktionsprogramme anerkannt, dass wirtschaftliche Entwicklung ohne Rücksichtnahme auf die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Soziales, Umwelt, Wirtschaft – unkalkulierbare Umweltgefährdungen und politische Risiken mit sich bringt.

Im September 2013 wurden beide Prozesse, MDGs und Rio, zusammengeführt und bildeten die gemeinsame Grundlage für die Agenda 2030. Auf diese Weise wurden soziale, ökologische und wirtschaftliche Ziele und ihre Verknüpfungen ausgewogen in der Agenda verankert.


Der SDG-Index im Monitoring-System der Agenda 2030: Das erste Messinstrument zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele

Die Agenda 2030 wurde im September 2015 auf einem Gipfel der Vereinten Nationen von allen Mitgliedsstaaten verabschiedet. Sie wurde mit breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft entwickelt und stellt einen Meilenstein in der jüngeren Geschichte der Vereinten Nationen dar.

Die Studie „Sustainable Development Goals – Are the rich countries ready?“ mit dem weltweit ersten SDG-Index und Dashboards zur Messung der 17 Ziele wurde am 8. September 2015, zwei Wochen vor dem entscheidenden UN-Gipfel in New York, vorgestellt. Die Veröffentlichung bezog sich zunächst auf die 34 OECD-Staaten, da diese bei den MDGs noch weitgehend außen vor waren. Die Publikation mit seinen wissenschaftlichen Analysen fand weltweite Resonanz bei politischen Entscheidern, der Wissenschaft und den Medien. 


Video: Sustainable Development Goals - Launch of the SDG Index in New York

Die Ergebnisse der Analyse waren ernüchternd: Die meisten Industrienationen seien noch weit davon entfernt, als Vorbilder für eine nachhaltige Entwicklung zu dienen. Bei vielen Indikatoren bestehe sogar die Gefahr, die Ziele komplett zu verfehlen. Die größten Defizite lägen im wenig nachhaltigen Produktions- und Konsumverhalten. Außerdem verschärften die Wirtschaftssysteme vielfach den Trend zur sozialen Ungleichheit.

Zu den Ländern, die die neuen UN-Ziele am ehesten erreichen könnten, gehörten die vier skandinavischen Staaten Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland, gefolgt von der Schweiz auf Platz fünf. Am schlechtesten bewertet wurden die USA, Griechenland, Chile, Ungarn, die Türkei und Mexiko.

Deutschland belegte im Vergleich einen relativ guten Platz 6. Es konnte bei 12 der 34 untersuchten Indikatoren vordere Plätze aufweisen: insbesondere beim Wirtschaftswachstum, der Beschäftigung, bei Forschung und Entwicklung, durch eine relativ geringe Armutsquote, eine vergleichsweise gute soziale Absicherung, eine geringe Zahl von Tötungsdelikten und zahlreiche Naturschutzgebiete. Zu den Defiziten gehörten das große Aufkommen an Müll und die Überdüngung der Böden durch die Landwirtschaft.

Publikation: Sustainable Development Goals: Are the rich countries ready?

The Millennium Development Goals have led to tangible progress in many developing countries. Once adopted, the United Nations' new global ...

Kofi Annan
Ich danke der Bertelsmann Stiftung dafür, dass sie die Aufmerksamkeit so detailliert auf dieses Thema gelenkt hat. Diese Studie wird hoffentlich Reformdebatten über Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit in vielen Industriestaaten entfachen. Wir schulden dies unserem Planeten und seinen Menschen.
Kofi Annanehemaliger UN-Generalsekretär

Erweiterung des SDG Index unter der Leitung des UN-Sonderberaters Jeffrey Sachs

New York, USA, Launch des SDG Reports 2016

Als Reaktion auf die Veröffentlichung der Studie trat der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs für die Nachhaltigkeitsziele, Professor Jeffrey Sachs (Direktor des SDSN), an die Bertelsmann Stiftung heran, um die Berichterstellung fortan zu leiten und die Länderzahl noch zu erweitern. Durch die intensive Zusammenarbeit mit dem Netzwerk des SDSN mit seinen über 500 Forschungseinrichtungen konnte in der Folge die Methodik darüber hinaus vom Autorenteam noch optimiert werden.

Ergebnisse des SDG-Index-Reports 2016 bis 2018

Die Ergebnisse der drei umfassenden SDG-Index-Berichte, die jeweils in New York auf dem UN High-Level Political Forum (UNO Nachhaltigkeitsforum) vorgestellt wurden, zeigten, dass der Weltzukunftsvertrag in der Praxis noch zu wenig wirkt. Insbesondere die reichen G20-Staaten würden ihrer Vorbildrolle nicht gerecht. Auch der Geist der Zusammenarbeit sei mittlerweile verflogen. Wachsender Protektionismus und Nationalismus drohten, die Umsetzung der globalen Ziele zu gefährden. Ein entscheidendes Hindernis sei die unzureichende Einbettung der Ziele in die nationalen Regelwerke.

Zudem verursachten die Industrieländer durch ihr ressourcenintensives Konsumverhalten, unzureichende Finanzierung der Entwicklungshilfe oder den Schutz von Steueroasen häufig Kosten für Entwicklungs- und Schwellenländer. Am deutlichsten werde diese negative Rolle am Beispiel von Waffenexporten, die Konflikte in Krisenregionen verstärken können. Dadurch erschwerten sie ärmeren Staaten, die ambitionierten Ziele bis 2030 zu erreichen.


 

Bei den Platzierungen im SDG-Index gab es innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren kaum Bewegung. So seien es die vergleichsweise wohlhabenden nordeuropäischen Staaten, die die UN-Vorgaben am ehesten erfüllten: Schweden, Dänemark und Finnland erreichten im Jahr 2018 die höchsten Platzierungen im Ländervergleich. Die Werte für die USA (35. Platz) und China (54. Platz) verdeutlichten, dass die größten Volkswirtschaften in puncto nachhaltiger Entwicklung noch erheblich aufholen müssten. Deutschland lag auf dem 4. Platz und ist neben Frankreich (5. Platz) eines von zwei G7-Ländern in den Top Ten.

Ergebnisse des SDG-Index-Reports 2019

Im September 2019 kamen die Staats- und Regierungschefs erstmals wieder zusammen, um eine Zwischenbilanz der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele zu ziehen. Der Blick auf die erreichten Ergebnisse fiel ernüchternd aus: Der am 19. Juni 2019 in New York vorgestellte SDG-Report zeigt, dass kein Land auf dem Weg ist, alle Ziele bis 2030 zu erfüllen. Der Bericht weist erstmals auf die Gefahr hin, dass die Agenda 2030 scheitern könnte.

Die Ursache dafür liegt weiterhin in der zwiespältigen Rolle, die die Industrieländer bei der Umsetzung spielen: Einerseits kommen sie der Erfüllung der Ziele am nächsten. Andererseits verursachen sie durch Konsumvorlieben und Lebensstandards hohe ökologische und wirtschaftliche Kosten für Drittländer. Den größten Aufholbedarf sehen die Autoren bei den Indikatoren Klimaschutz und nachhaltiger Konsum. Zudem kritisieren sie das Missverhältnis zwischen Mangelernährung und einer Überproduktion an Lebensmitteln: Ein Drittel der Lebensmittel weltweit landet in Mülltonnen oder wird ungenutzt entsorgt, obwohl über 800 Millionen Menschen als unterernährt gelten.


UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG): Die zehn größten Kostenverursacher. Grafik zum SDG-Report 2019, veröffentlicht am 19.06.2019.

Deutschland liegt im internationalen Vergleich weiterhin auf dem sechsten Platz. Nachholbedarf bescheinigt der Index in den Bereichen

<link de themen aktuelle-meldungen juni viele-worte-wenig-taten-un-nachhaltigkeitsziele-koennten-scheitern _top internal-link>"Klimaschutz" sowie "nachhaltiger Konsum und Produktion". Auch Deutschland zahlt noch nicht die geforderten 0,7 Prozent des BIP an Entwicklungshilfe und hat mit einer hohen Nitratbelastung im Boden und Grundwasser zu kämpfen. Ein weiteres Negativbeispiel ist die Müllproduktion: So produzieren die Deutschen jährlich pro Kopf rund 22 Kilogramm Elektroschrott – fast dreimal so viel wie in der Türkei oder Mexiko und rund genauso viel wie in den USA.

Weitere Projektaktivitäten

Beispiel: Zusammenarbeit mit dem Projekt Agenda 2030 - Nachhaltige Entwicklung vor Ort

Basierend auf dem ursprünglich 2015 entwickelten SDG Index & Dashboards sowie dem dazugehörigen interaktiven Internetportal wurden seitdem zahlreiche regionale und nationale "Spin-offs" gegründet. Dieser Prozess wurde methodisch und konzeptionell vom Autorenteam des SDG Index begleitet und gefördert. Dazu gehören zum Beispiel der SDG Index for European Cities, der SDG Index for Africa sowie zahlreiche nationale Aktivitäten (z.B. USA, Italien, Spanien). Seit 2018 stellt das Projekt Agenda 2030 - Nachhaltige Entwicklung vor Ort auch ein deutsches Portal mit wichtigen Informationen für die Umsetzung der SDGs auf kommunaler Ebene zur Verfügung: das SDG-Portal

Das SDG-Portal wird von acht Partner gemeinsam getragen und laufend weiterentwickelt: Bertelsmann Stiftung, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städtetag, Deutscher Städte- und Gemeindebund, Deutsches Institut für Urbanistik, ICLEI – Local Governments for Sustainability und Rat der Gemeinden und Regionen Europas / Deutsche Sektion.

Während sich der SDG-Index primär an die Entscheidungsträger in den Regierungszentralen weltweit richtet, wendet sich der Monitor an die verantwortlichen Akteure in den deutschen Städten und Gemeinden.

Das SDG-Portal, das im November 2018 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde, erweist sich mehr und mehr als wertvolle Arbeitshilfe für Kommunen, die sich der Umsetzung der Agenda 2030 vor Ort verschrieben haben. Das Portal bietet aktuell für insgesamt 56 SDG-Indikatoren Daten (soweit verfügbar) für die mehr als 3.000 Kommunen in Deutschland mit mehr als 5.000 Einwohnern.


Zwischenbilanz und Wirkung des SDG-Index

Nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit mit dem UN-Sonderberater für die SDGs und dem SDSN unter Schirmherrschaft des UN-Generalsekretärs ist das Projekt im offiziellen UN-Prozess der Agenda 2030 fest etabliert. Zudem erfüllt der SDG-Index eine wichtige Rolle im Monitoring-System zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele.

Als anerkanntes Messinstrument einer zivilgesellschaftlichen Organisation ist es deutlich wirkungsvoller als die offiziellen Monitoring-Instrumente wie der jährliche UN-Report zu den SDGs und die Voluntary National Reviews der einzelnen Mitgliedsstaaten.

Die jährliche Veröffentlichung der Ergebnisse des SDG-Index auf dem UN High-Level Political Forum (UNO-Nachhaltigkeitsforum) ist stark nachgefragt und findet große Resonanz bei den politischen Entscheidern, in den internationalen Medien und den Social Media.

Konkrete Beispiele für die kontinuierliche Nachfrage und Wirkung ist die Entscheidung im spanischen Parlament, den Fortschritt des Landes bei der Agenda 2030 mit dem SDG-Index messen zu lassen. Zu den Institutionen, die den SDG-Index für ihre Arbeit nutzen, gehören zahlreiche Regierungen und Ministerien, internationale Organisationen, NGOs, Journalisten, Investoren, Unternehmen und vor allem Wissenschaftler. Inzwischen sind in wenigen Jahren über 500 wissenschaftliche Studien mit Bezug zum SDG-Index veröffentlicht worden. Die Tendenz ist stark steigend.

Klaus Schwab
Der SDG-Index wird die bei der Agenda 2030 dringend benötigte Rechenschaftspflicht verbessern und die Umsetzung befördern. So wird aus vager Hoffnung der Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele eine konkrete Realität.
Klaus SchwabGründer und Vorsitzender des Weltwirtschaftsforums