Mit Sachkenntnis gegen Vertrauensverlust in Politik und Medien wirken
Der Vorstandsvorsitzende Aart De Geus unterstrich, dass die Bertelsmann Stiftung aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Umbrüche, wie dem Brexit und erstarkenden populistischen Parteien, derzeit besonders gefordert sei: "Das Modell einer pluralistischen Demokratie steht momentan auf dem Prüfstand. Wir erleben sowohl eine Explosion an Informationen als auch eine Erosion an Vertrauen in Politik, Medien und Fakten", so De Geus. Die Zukunft lasse sich aber nur auf Grundlage von Sachkenntnis und im offenen Austausch von Argumenten gestalten. Dies gelte umso mehr für das politische Jahr 2017, das durch nationale Wahlen und die Brexit-Verhandlungen geprägt sei: "2017 ist ein Jahr der Entscheidungen für Europa. Um die globalen Herausforderungen zu meistern, muss Europa gemeinsam an Lösungen arbeiten. Die EU ist der einzig vernünftige Weg, den die europäischen Nationalstaaten im 21. Jahrhundert einschlagen sollten", so Aart De Geus.
Würdigung der Stiftungsarbeit bei Festakt und Bürgertag
Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen – dieses Prinzip der Unternehmerfamilie Bertelsmann/Mohn ist heute aktueller denn je, wie Liz Mohn, stellvertretende Vorstandsvorsitzende, erklärte: "Die Stiftung ist seit vier Jahrzehnten ein einzigartiger Ort, an dem aktuelle Probleme analysiert und Lösungen erdacht und umgesetzt werden. Diese Ergebnisse wären ohne die Arbeit vieler Menschen nicht entstanden." Daher wolle man beim Festakt am 3. Mai im Theater Gütersloh und während eines "Bürgertages" am 16. September mit langjährigen Weggefährten und Projektpartnern, mit Mitarbeitern und Vertretern der Führungsgremien auf vier Jahrzehnte engagierte, erfolgreiche und gemeinsame Arbeit zurückblicken. Das in der Stiftung erarbeitete Wissen wird auch außerhalb Deutschlands eingesetzt. Die Fundación Bertelsmann in Spanien unterstützt beispielsweise den Aufbau der dualen Berufsausbildung und den Übergang Jugendlicher von der Schule in den Beruf in Madrid, Andalusien und Katalonien. Dabei wird sie von einem Netzwerk aus 350 Vertretern der Wirtschaft, Politik und Verbänden unterstützt.
In diesem Jahr wird der internationale Gesangswettbewerb NEUE STIMMEN 30 Jahre alt. Bis heute bewarben sich dafür weltweit rund 13.000 Sängerinnen und Sänger. Aus den 115 Preisträgern gingen etliche weltberühmte Künstler hervor. Musik ist für Liz Mohn eine Sprache, die alle Menschen verbindet und Grenzen überwindet.
Das gilt auch für die "Musikalische Bildung". Seit mehr als zehn Jahren wirkt die Stiftung in den Musikalischen Grundschulen und Kindergärten: "Die wertvollen Erfahrungen aus den Projekten wollen wir weiterhin nutzen", so Mohn. Unter dem Motto "Musik, Sprache, Teilhabe" erhalten Flüchtlinge in Deutschland Chancen für kulturelle Teilhabe und werden beim Spracherwerb unterstützt.
Deutschland hat Aufholbedarf bei der Digitalisierung
Um mehr gesellschaftliche Teilhabe für die Menschen durch Digitalisierung geht es bei der diesjährigen Verleihung des Reinhard Mohn Preis unter dem Motto: "Smart Country – Vernetzt. Intelligent. Digital." Dazu Vorstandsmitglied Brigitte Mohn: "Auf der Suche nach bereits umgesetzten digitalen nationalen Strategien haben wir uns angesehen, wie andere Länder den digitalen Wandel für sich gestalten. Viele sind bereits deutlich weiter als Deutschland. Es besteht Aufholbedarf im politischen Willen und dem Mut in Deutschland, den Wandel auch wirklich zu gestalten". Am meisten könne man von Estland lernen. Der diesjährige mit 200.000 Euro dotierte Reinhard Mohn Preis gehe deshalb an den ehemaligen estnischen Staatspräsidenten Toomas Hendrik Ilves. Mit der Preisvergabe am 29. Juni in Gütersloh würdige man ihn als Vordenker und politisch zentrale Persönlichkeit für die Einführung und Umsetzung der nationalen Digitalisierungsstrategie in Regierung, Verwaltung und Bildung. "Wir müssen schneller werden und gleichzeitig langfristig denken, wollen wir den digitalen Wandel mit allen Folgen für die Menschen gestalten", so Brigitte Mohn.
Gründer mit guten Ideen auch außerhalb der Metropolen
Die Founders Foundation in Bielefeld zieht rund ein Jahr nach ihrer Gründung durch die Bertelsmann Stiftung eine positive Bilanz. Zu Beginn gab es lediglich zwei Start-Ups, heute sind es bereits 18. Dazu Vorstandsmitglied Jörg Dräger: "Start-Ups pas¬sen nicht nur nach Berlin, sondern auch nach Ostwestfalen. Hier ziehen alle an einem Strang und ein lebendiges Öko-System für Gründer entsteht". In zwei praxisorientierten Akademien wurden rund 80 Unternehmerpersönlichkeiten ausgebildet, fünf Teams über jeweils sechs Monate entwickelt und die ersten 700.000 Euro an Finanzierung eingeworben. Nach Ansicht von Jörg Dräger ist es gelungen, die Stärken der Wirtschaftsregion OWL mit der Innovationskraft und Geschwindigkeit von Start-Ups zu verbinden. "Wir wollen die jungen Talente in unserer Region fördern und halten. Wir bilden Gründer aus und vernetzen sie mit den etablierten Unternehmen." Ein nächster Schritt: Ab 1. Juni ziehen die "flügge" gewordenen Gründer in den Pioneers Club, wo 300 Meter von der Founders Foundation entfernt auf 800 Quadratmetern der erste kommerzielle Co-Working Space in Bielefeld entsteht.
Über die Bertelsmann Stiftung
Die Bertelsmann Stiftung setzt sich für eine gerechte Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben ein. Sie will Bildung verbessern, Demokratie gestalten, Gesellschaft entwickeln, Gesundheit aktivieren, Kultur leben und Wirtschaft stärken. Durch ihr Engagement möchte sie alle Bürgerinnen und Bürger ermutigen, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Die gemeinnützige Stiftung wurde 1977 von Reinhard Mohn gegründet.