Pressemitteilung, , Gütersloh: Reinhard Mohn – sein unruhiger Geist wird uns fehlen

 

Über den Tod unseres Stifters sind wir alle tief betroffen und trauern mit seiner Familie, vor allem mit seiner Frau Liz Mohn und seinen Kindern.

Als Reinhard Mohn als junger Mann aus der Kriegsgefangenschaft in das zerstörte Deutschland heimkehrte, hoffte er auf eine Chance, auf die Möglichkeit, etwas zu gestalten. Er hat sie bekommen und wahrhaftig genutzt. Der erfolgreiche Aufbau des Unternehmens Bertelsmann spiegelt seine Tatkraft, seine Kreativität und sein unternehmerisches Gespür wider.

Aber das war nur die eine Seite.

„Eigentum verpflichtet“, hat er aus Überzeugung gesagt und den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens genutzt, um als Bürger der Gesellschaft zu dienen.

Die Bertelsmann Stiftung, die er vor 32 Jahren gründete, belegt dies in einzigartiger Weise. Ihr schenkte er die Anteilsmehrheit an Bertelsmann und gab ihr damit die finanziellen Möglichkeiten, an gesellschaftlichen Problemen und Schwachstellen zu arbeiten und Verbesserungsvorschläge zu entwickeln.

Die Mitarbeiter der Bertelsmann Stiftung lagen ihm stets besonders am Herzen, mit Ihnen diskutierte er täglich mit großer Leidenschaft und Intensität und ruhte nicht, bis bessere Lösungen auf dem Tisch lagen.

Bis zuletzt war er stets über die Projekte informiert. Eindrucksvoll, wie er zuhörte und Gedanken aufnahm, bevor er sich ein eigenes Urteil bildete.

Fragte man Reinhard Mohn nach den wichtigsten Bausteinen seines Lebenswerkes, so nannte er aus tiefster Überzeugung die von ihm entwickelte Unternehmenskultur.

Diese Unternehmenskultur ist getragen von einem großen Respekt vor den Menschen. Sie baut auf einen partnerschaftlichen Umgang miteinander, auf eine faire Teilhabe aller am Erfolg sowie auf den Freiraum und die Selbstverwirklichung des Einzelnen.

Gerade in der heutigen, schwierigen Zeit sind diese Grundsätze aktueller und richtiger denn je – denn nur Zusammenhalt und faire Teilhabe werden helfen, die Herausforderungen, denen wir uns heute in unserem Land gegenübersehen, zu bestehen.

Trotz seines hohen Alters war Reinhard Mohn bis zum Sommer täglich in der Stiftung präsent, hat mitdiskutiert und auch immer wieder neue Vorschläge und Gedanken in die Arbeit eingebracht. Bis zuletzt war er Mitglied des Kuratoriums der Bertelsmann Stiftung. Seine Impulse, seinen Rat und seine Fähigkeit, Dinge immer wieder neu zu denken und zu neuen Lösungen zu kommen, werden wir in Zukunft sehr vermissen.

Zur Ruhe gesetzt hat sich Reinhard Mohn Zeit seines Lebens nie. Er hat vielmehr mit sachlichem und neugierigem Blick beobachtet, hat nachgedacht und Fragen gestellt. Er war ein unruhiger Geist, der mit großem Interesse Veränderungen verfolgt und sie mit seinen Gedanken und Vorstellungen abgeglichen hat. Er war mit seinen Gedanken und Vorstellungen nie am Ende, sondern immer auf dem Weg. Ein Ausdruck dafür war sicherlich auch sein letztes Buch „Von der Welt lernen“, in dem er sehr eindrucksvoll seine Ideen mit seiner persönlichen Geschichte verwoben hat.

Mit Reinhard Mohn verbinden mich eine jahrzehntelange, intensive Zusammenarbeit und eine menschliche Bindung. Es war ein großes Glück, Reinhard Mohn kennengelernt zu haben und über einen so langen Zeitraum zusammen mit ihm an ganz unterschiedlichen Vorhaben gearbeitet zu haben. In dieser gemeinsamen Lebens- und Arbeitsphase ist er zu einem Mentor geworden, der tatkräftig unterstützt, der aber auch immer zum Hinterfragen und Suchen nach neuen Gedanken und Lösungen aufgefordert hat. Er wird mir in seiner menschlichen Grundhaltung, seinem Pflichtbewusstsein, seiner Suche nach Neuem und Besserem immer ein Vorbild bleiben.

Seinen unermüdlichen Einsatz verstehen wir gerade auch nach seinem Tod als Auftrag, in seinem Sinne weiter zu wirken und auch in Zukunft mit seiner Stiftung wirkungsvolle Impulse für Veränderungen und Reformen zu setzen. Wir verneigen uns vor ihm und seiner Lebensleistung mit dem Ausdruck unseres Dankes und unseres Respekts.

Gunter Thielen