Aus seinem Erfolg als Unternehmer leitete der Stifter Reinhard Mohn 1977 für sich die Verpflichtung ab, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung: "Übergeordnetes Ziel der Bertelsmann Stiftung ist es, die Teilhabe aller Menschen in der Gesellschaft zu ermöglichen und dazu Reformanstöße zu zeigen."
Im deutschen Wahljahr 2017 sah sich die Bertelsmann Stiftung besonders gefordert: Zukunftsängste in Teilen der Bevölkerung, nationalistische Tendenzen in Europa, wachsender Populismus, wirtschaftlicher Protektionismus oder die lange Regierungsbildung in Deutschland sorgten für ein verschärftes Meinungsklima und eine steigende Verunsicherung unter den Menschen. De Geus: "Wir sind überzeugt, dass die Zeit der Weckrufe nun vorbei sein muss. Wir sind längst wachgerufen. Wir müssen jetzt zeigen, dass plurale Gesellschaften und Demokratien das beste Umfeld für ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand sind."
Die Bertelsmann Stiftung hat daher 2017 mit ihren evidenzbasierten Studien und Projekten sachbezogene Argumentationsräume geschaffen und sich in Zeiten des Wandels für eine breite gesellschaftliche Teilhabe eingesetzt. Dabei hat sie in ihren sechs Themenfeldern Bildung, Demokratie, Gesellschaft, Gesundheit, Kultur und Wirtschaft viel bewegt. Es entstanden beispielsweise Reformvorschläge für das politische System Deutschlands und Handlungsempfehlungen für die Eurozone. Für das Projekt „Smart Country“ wurden zehn Studien durchgeführt und internationale Vorbilder für Digitalisierungsprozesse in Deutschland gesucht. In Kooperation mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde die Veranstaltungsreihe "Forum Bellevue zur Zukunft der Demokratie" begonnen. Die Bertelsmann Stiftung erstellte vielbeachtete Prognosen über steigende Schülerzahlen und den gravierenden Lehrermangel. Die NEUEN STIMMEN feierten ihr 30-jähriges Jubiläum.
Megatrends - Digitalisierung, Globalisierung und demographischer Wandel: 2018 stärker im Blick
2018 wird die Bertelsmann Stiftung ihre Arbeit konzentriert weiterverfolgen und dabei noch stärker als bisher die drei Megatrends Digitalisierung, Globalisierung und demographischer Wandel in den Blick nehmen. Aart De Geus: "Wir leben in einer Welt des Umbruchs. Damit bekommen wir ein besseres Verständnis für die großen Fragen und Reformtreiber unserer Zeit und befassen uns noch intensiver mit den entscheidenden Zukunftsthemen." Die Bertelsmann Stiftung wird außerdem ihre zunehmend internationale Ausrichtung nachhalten. Hierbei spielen auch die internationalen Standorte der Stiftung eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel die Bertelsmann Foundation North America in Washington DC, die in diesem Jahr ihr zehntes Jubiläum feiert und ihre Arbeit Anfang 2018 neu ausgerichtet hat.
Reinhard Mohn Preis 2018: "Vielfalt leben – Gesellschaft gestalten"
Der Reinhard Mohn Preis beschäftigt sich in diesem Jahr unter dem Motto "Vielfalt leben – Gesellschaft gestalten" mit der Frage, wie Teilhabe in vielfältigen Gesellschaften funktionieren und der Zusammenhalt verbessert werden kann. Die religiöse, ethnische und weltanschauliche Vielfalt ist in den letzten Jahren noch sichtbarer geworden, sie wurde gleichzeitig aber auch immer stärker kritisiert. Die Bertelsmann Stiftung ehrt am 7. Juni im Theater Gütersloh Bundespräsident a. D. Joachim Gauck als Brückenbauer in einer kulturell vielfältigen Gesellschaft. Im Vorfeld hat das Projektteam weltweit innovative Konzepte und exemplarische Lösungsansätze recherchiert. Liz Mohn, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, erläutert: "Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel. In Deutschland leben Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, Religionen und Werten zusammen. Diese Vielfalt hat sich in den letzten Jahren aufgrund von Einwanderung und Flucht noch vergrößert. Deswegen brauchen wir in Deutschland ein neues ‚Wir-Gefühl‘." Die Laudatio auf Joachim Gauck hält Elhadj As Sy, Generalsekretär der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften.
Frühe Stärkung der Demokratie und Analyse digitaler Gesundheitssysteme
Seit 2009 engagiert sich die Bertelsmann Stiftung dafür, dass schon Kleinkinder lernen, sich an demokratischen Entscheidungen zu beteiligen. Das Projekt kooperiert mit 16 Trägern, die 1.000 Kitas und 13.000 Fachkräfte umfassen. Um sie alle zu erreichen, wurden in den letzten 18 Monaten 100 Multiplikatoren ausgebildet, die Erziehern zeigen, wie sie in ihren Einrichtungen Kita-Räte und Kita-Verfassungen einführen können. In diesem Jahr entwickelt die Bertelsmann Stiftung kostenlose "Massive Open Online Courses" (MOOCs) für Lehrer und Erzieher, die sie praxisnah unterstützen.
Um den Anforderungen des demographischen Wandels gewachsen zu sein und die Gesundheitsversorgung effizienter zu gestalten, muss das deutsche Gesundheitswesen neue Lösungen finden. Die Bertelsmann Stiftung möchte dazu beitragen, dass Deutschland auf diesem Weg von den Erfahrungen anderer Länder lernt. Dazu untersucht und vergleicht sie 2018 in einem internationalen Digital Health Index die Digitalisierungsstrategien 17 verschiedener Gesundheitssysteme. Die internationale Studie beantwortet unter anderem Fragen danach, welche Technologien nutzenstiftend eingesetzt werden könnten, wie sich Rollen und Aufgaben in der politischen Steuerung verteilen sollten und wo die Möglichkeiten und Grenzen eines digitalen Gesundheitssystems insgesamt liegen. "Um die Potenziale der Digitalisierung für die Gesundheitsversorgung konsequenter als bislang zu nutzen, braucht es aus unserer Sicht erstens ein klares Ziel, zweitens eine übergreifende nationale Strategie und drittens eine Politik, die Verantwortung übernimmt, führt und handelt", so Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.
Teilhabe im Bildungssystem: Integration gering Qualifizierter in den Arbeitsmarkt
Die Bertelsmann Stiftung befasst sich in mehreren Projekten damit, berufliche Kompetenzen sichtbar zu machen. Hintergrund: In Deutschland haben viele Menschen mehrjährige Berufserfahrung – aber keinen Berufsabschluss. Gleiches gilt für Geflüchtete. Viele von ihnen haben in ihrem Heimatland gearbeitet, können aber keine formalen Qualifikationen nachweisen. Demgegenüber steht in einigen Branchen ein wachsender Fachkräftebedarf: Fast 800.000 offene Stellen sind der Bundesarbeitsagentur gemeldet, zehn Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Vorstand Jörg Dräger: "Wir möchten Menschen die Chance bieten, ihre Kompetenzen zu zeigen, ihre Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt besser einzuschätzen, gezielte Zusatzqualifikationen zu erwerben und so einen adäquaten Job mit der entsprechenden Anerkennung zu finden." Schon jetzt helfen bei dieser Einschätzung "Kompetenzkarten" und „Berufekarten“ der Bertelsmann Stiftung.
Die Bertelsmann Stiftung betreibt zudem die Onlineplattform "meine-berufserfahrung.de", die Menschen ohne formale Qualifikation in sechs Sprachen und in acht Berufen eine erste Selbsteinschätzung liefert. "Informelle Kompetenzen sichtbar zu machen ist für viele ein wichtiger Schritt. Wir werden in dieser Richtung weitergehen und unser Angebot verbreitern", kündigte Dräger an.