Aart De Geus: "Der Brexit wäre ein Verlustgeschäft für alle in Europa. Ein Austritt Großbritanniens aus der EU würde sich nachteilig auf Industrie, Arbeitsplätze und Teilhabechancen auswirken, auch in Deutschland und OWL."
Die Arbeit der Stiftung für ein "Europa der Bürger" werde auch angesichts steigender Europaskepsis immer wichtiger. Eigene Umfragen zeigten, dass die Menschen in der EU hinter der europäischen Integration stünden und eine bessere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten erwarteten. Bei entscheidenden Fragen entwickele sich jedoch eine Spaltung innerhalb Europas, dies zeige sich zum Beispiel an der Flüchtlingsfrage.
Verantwortungsvolles Unternehmertum wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft
Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende Liz Mohn verwies auf globale Zusammenhänge und sagte, man wisse heute nicht, wie sich Schwellenländer, zum Beispiel Brasilien, entwickeln werden. Auch China stehe durch das nachlassende Wachstum vor großen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen. Die Schnelligkeit der Veränderungen gebe Menschen ein Gefühl der Überforderung. Sie verspürten Unsicherheit und Zukunftsängste. Unternehmen könnten hier positiv wirken und den Menschen Rückhalt bieten. Sie zog ein Fazit aus der Konferenz "Verantwortungsvolles Unternehmertum" der letzten Woche zum Auftakt des Reinhard Mohn Preises 2016. In diesem Zusammenhang würdigte sie auch Professor Klaus Schwab, der im Juni den Reinhard Mohn Preis erhalten wird:
Er habe als einer der ersten erkannt, dass Unternehmen angesichts der Globalisierung und einer zunehmend vernetzten Welt eine besondere ökonomische und soziale Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft haben. Er sei Vordenker der Globalisierung und verstehe den Dialog zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik zu fördern.
Liz Mohn: "Wir brauchen die Kräfte aller gesellschaftlichen Gruppen, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Insbesondere auch die der Wirtschaft! Den Unternehmen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Diese werden sie aber nur dann ausfüllen können, wenn sie für ein glaubwürdiges und werteorientiertes Unternehmertum stehen."
Dieses Anliegen vertritt Liz Mohn auch in Asien. In den nächsten Tagen wird sie nach China aufbrechen, um gemeinsam mit der deutschen Außenhandelskammer in Shanghai deutsche Unternehmen für ihr soziales Engagement in China auszuzeichnen.
Founders Foundation: Ein Start-up für Start-ups in OWL
Vorstand Jörg Dräger erläuterte, warum die Stiftung die gemeinnützige Founders Foundation gegründet habe. Denn OWL habe viele Weltmarktführer, tolle Universitäten mit 55.000 Studierenden und eine Menge Menschen mit guten Ideen, aber zu wenig Gründer und Start-ups. Hier setze die Founders Foundation an, um Gründer auszubilden und so innovative Geschäftsideen in der Region zu entwickeln. Der Start sei sehr vielversprechend verlaufen, eine erste Akademie sei überbucht gewesen und habe sehr gute Bewertungen bekommen.
Jörg Dräger: "Die gemeinnützige Founders Foundation bildet in der Tradition unseres Stifters Reinhard Mohn die nächste Unternehmergeneration in Ostwestfalen-Lippe aus. So entstehen hier in der Region neue Chancen für Menschen mit unternehmerischem Potential."
Die Bertelsmann Stiftung werde in dieses Sonderprojekt in den nächsten fünf Jahren bis zu 17 Millionen Euro investieren. Ein sogenanntes Founders Camp starte am 1. September in Bielefeld. Die Idee: In sechs Monaten von der Geschäftsidee zum Unternehmen zukommen. Elemente des Förderprogramms seien gezielte Beratung, Seminare von Profis und ein gemeinsames Büro.
Stiftung auch beim Thema Flüchtlinge stark engagiert
Vorstand Brigitte Mohn ging auf das beherrschende Thema des vergangenen Jahres ein: die Flucht- und Migrationsbewegung nach Europa und nach Deutschland. Auch das habe die Stiftung sehr konkret beschäftigt. Man habe seit dem Sommer 2015 auf die Entwicklung reagiert und erhebliche Ressourcen aktiviert.
Brigitte Mohn: "Insgesamt haben wir 35 Projekte neu auf den Weg gebracht oder neu ausgerichtet. Aus der Stiftung sind über 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Flüchtlingsthema engagiert, und wir haben bereits mehr als sechs Millionen Euro für neue Projektvorhaben in die Hand genommen. Weitere Projekte sind in Planung."
Mohn nannte eine Vielzahl von Projekten, die bereits Erfolge vorzuweisen haben. Konkret habe die Stiftung zum Beispiel rund eine Millionen Euro für Soforthilfemaßnahmen bereitgestellt. Man engagiere sich für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und sei an dem Pilotprojekt "Flüchtlinge verstehen" beteiligt. Dabei gehe es um das zentrale Problem, dass sich deutsche Ärzte und geflohene Patienten nicht verstehen. Über das Internet könne man nun Dolmetscher zu vereinbarten Sprechstunden hinzuschalten. Das Projekt wurde kürzlich mit dem "Medizin-Management-Preis" ausgezeichnet. In Berlin unterstützt die Stiftung den Partner PHINEO gAG, der für Flüchtlinge einen praxisnahen Ratgeber "Vom Willkommen zum Ankommen" als Orientierungshilfe veröffentlicht habe, die auch digital von der Webseite herunterzuladen sei.
Über die Bertelsmann Stiftung:
Die Bertelsmann Stiftung setzt sich für eine gerechte Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben ein. Sie engagiert sich in den Bereichen Bildung, Demokratie, Gesellschaft, Gesundheit, Kultur und Wirtschaft. Durch ihr Engagement will sie alle Bürgerinnen und Bürger ermutigen, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann SE & Co. KGaA. Die Bertelsmann Stiftung arbeitet operativ und ist unabhängig vom Unternehmen sowie parteipolitisch neutral.